Spannende Kapitel Die MAN-Geschichte

100 Jahre MAN Lkw Vergleich Foto: Karl-Heinz Augustin 6 Bilder

Kaum ein Fahrzeughersteller kann auf eine so lange und technisch reizvolle Historie zurückblicken wie MAN. Diese Lkw schreiben seit jeher ein ganz besonderes Kapitel Nutzfahrzeuggeschichte.

Anno 1758 trägt man in Europa Perücken, herrscht in China der Kaiser Qiang Long und schreibt Joseph Haydn seine 37. Sinfonie. Im Ruhrgebiet jedoch nimmt das Eisenhüttenwerk St. Antony, sozusagen der Urahn von MAN, als erstes Schwerindustrieunternehmen des Potts die qualmträchtige Arbeit auf.

Die Stahlbarone schauen sich aber, schnell ein größeres Konglomerat zusammenbastelnd, auch bald nach anderen Tätigkeitsfeldern um. Da verzeichnen die Annalen zum Beispiel fürs Jahr 1814 die Auslieferung der ersten Dampfmaschine. 25 Jahre später schickt die Hüttengewerkschaft Jacobi, wie das Unternehmen mittlerweile heißt, eine erste Lokomotive in die weite Welt. Überhaupt haben es dem Unternehmen Maschinen aller Art – bis hin zur Buchdruck-Schnellpresse – angetan.

Durchbruch für den Lkw 1915

Und so kommt es, dass der Name sich noch mehrmals wandelt: Aus der Maschinenfabrik Augsburg (1857) wird 1908 die Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg AG, deren Kürzel MAN heute in der Welt des Lkw für die Fahrzeuge von MAN Truck & Bus steht. So heißt der Hersteller seit 2011. Und das ist ausgerechnet auch das Jahr, in dem das Unternehmen seine gut zweieinhalb Jahrhunderte währende Unabhängigkeit verliert. "Übernahme der Aktienmehrheit durch die Volkswagen AG" heißt das trocken in der Chronik.

Dem Lastwagen nähert sich die MAN einst vorsichtig und relativ spät, macht aber schnell Nägel mit Köpfen: Zusammen mit dem seinerzeit für Spitzentechnik berühmten schweizerischen Hersteller Saurer gründen die Bayern dann im Jahr 1915, also mitten im Ersten Weltkrieg, ein Gemeinschaftsunternehmen, das erste Lkw im Ex-Saurer-Werk in Lindau am Bodensee produziert. Bald wandert die Fertigung nach Nürnberg, und die Techniker tüfteln an ihrem ersten großen Ding: Ein Diesel-Direkteinspritzer soll her. Fertig ist der Erstling anno 1923 in Gestalt eines 70 PS starken Schiffsmotors.

Im Jahr darauf folgt ein 40-PS-Vierzylinder für den Lkw, der 1924 als Novum auf der Automobilausstellung in Berlin zusammen mit einem ersten Vorkammermotor von Benz auch gleich kräftig Furore macht. Groß ins Geschäft mit Lkw wird die MAN dennoch erst Mitte der 1950er-Jahre kommen. Den Boden dafür bereiten technische Bravourstücke, zum Beispiel das 1937 erfundene G-Verfahren: eine Verbrennungstechnik, die den Verbrauch deutlich drückt – und internationale Reputation sowie ein einträgliches Lizenzgeschäft einbringt. Das gibt in der eh schon brummenden Wirtschaftswunderzeit gleich noch eine Extraportion Rückenwind.

1951 folgt gar schon ein erster Turbomotor. Zwei Jahre später bringt die MAN ihren ersten V8. Und im Jahr 1954 folgt auf das berühmte G-Verfahren das sogenannte M-Verfahren, das bald weltberühmt werden soll, den Export ankurbelt und wiederum zahlreiche Lizenzverträge sichert. Der Buchstabe M steht als Kürzel für Mittenkugelverfahren. Und das ist eine Neuerung, aus der eine extrem weiche, zudem aber auch verschleißarme und äußerst effiziente Verbrennung resultiert.

Die MAN Trucknology Generation® ist komplett! Links MAN TGM - mitte MAN TGA - rechts MAN TGL <p><p>The MAN Trucknology Generation® is complete! Left: MAN TGM - centre: MAN TGA - right: MAN TGL. Foto: MAN
Ein einheitliches Baukastensystem für alle Reihen startet ab dem Jahr 2000 mit dem TGA.

Kooperation mit Saviem

Noch in den 1950er-Jahren zieht MAN nach München um und stockt dort die Kapazitäten auf; kooperiert in den 60er-Jahren schließlich mit Saviem in Frankreich (kubische Frontlenkerkabinen), übernimmt in den 70ern zum einen Büssing und startet zum anderen eine umfangreiche Kooperation mit Daimler-Benz (Teile und Motoren). Immer breiter stellt sich die MAN in den folgenden Jahren auf. Ende der 70er startet die kleine VW-MAN-Gemeinschaftsreihe, in den 80er-Jahren kommen ganz neue Mittelklasse-Lkw.

F90 und F2000

Im Jahr 1987 schließlich stellen die Münchner die seinerzeit hochmoderne F90-Reihe auf die Räder, bei der erstmals Hypoid- statt der traditionellen Außenplanetenachsen Einzug halten. Im Jahr 1993 lösen neue Leichte, deren Kabine ihren Ursprung bei Steyr hat, die VW-MAN-Gemeinschaftsreihe ab. L 2000 heißt diese leichte Klasse, auf die anno 1994 bei den Schweren der F 2000 folgt: eine Weiterentwicklung des F 90. Just ab dem Jahr 2000 aber machen die MAN-Verantwortlichen Tabula rasa mit all diesem Wildwuchs. Trucknology Generation lautet fortan der gemeinsame Nenner für ein modular aufgebautes Programm, bei dem sich die Reihen TGA, TGM und TGL auf ein einheitliches Baukastensystem stützen und erstmals Bekanntschaft mit ausgiebiger elektronischer Architektur machen. Aus TGA werden 2007 die Reihen TGX und TGS.

TG wie Trucknology

Die Mittleren und Leichten ändern den Namen nicht, machen die Änderungen bei Design und Innenausstattung mit gewisser Verzögerung aber mit. Und was MAN dieser Tage als ganz neue Reihen präsentiert, das basiert zu weiten Teilen eben immer noch auf dem im Jahr 2000 vorgestellten Konzept der Trucknology Generation. Der große Schwung, mit dem dieser Baukasten zur Jahrtausendwende gestartet ist, hat sich etwas verloren. Dahinter steckt, dass das Management im neuen Jahrtausend bald keine glückliche Hand mehr hat und sich obendrein in einen fatalen Machtkampf verstrickt.

So wollen die Münchner 2006 gleich einmal den Konkurrenten Scania schlucken. Damit verprellen sie aber nicht nur die Schweden, die das bis heute nicht vergessen haben, sondern rufen auch den Scania-Aktionär VW auf den Plan, dem das überhaupt nicht behagt. In der Folge steigt nicht MAN bei Scania, sondern VW bei MAN groß ein. Das Ende vom Lied: 2011 erlangt VW die volle Kontrolle über MAN. Heute sind MAN und Scania als Teil von VW unter dem Dach der 2018 gegründeten Traton-Gruppe zusammengefasst, in der MAN die vordem so oft und gut gespielte Avantgarde-Rolle größtenteils abgibt. "Brot und Butter" heißt nun hauptsächlich das Revier, das dem Löwen dort zugewiesen ist. Den neu entwickelten Traton-Motor soll zum Beispiel Scania noch dieses Jahr, MAN aber dann erst mit zweijähriger Verzögerung bekommen.

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