Sonderausstellung in Gaggenau Der Unimog als Baumeister

Foto: Thomas Küppers 20 Bilder

Noch bis 17. November würdigt das Unimog-Museum in einer Sonderausstellung die Leistungen des Allradlers auf der Baustelle: ob unter Tage im Salzbergwerk, mit Grabenfräse und Verfüllschnecke im Erdbau oder mit Frontlader und Heckbagger bei den Pionieren.

Die Vielseitigkeit, Geländekünste und Ausdauer des Universal-Motor-Geräts sind längst legendär, verblüffen aber immer wieder aufs Neue. Bestes Beispiel ist der aktuell im Unimog-Museum ausgestellte, rostig-gelbe U 411 mit weit nach vorn ragendem Mahle-Vorbaukompressor, fehlendem Kabinendach und wuchtigem Dosierbehälter auf der Ladefläche. Jahrzehnte lang nutzten ihn die Bergleute der Kali und Salz GmbH Kassel zum Einpressen von Sprengstoff in die vorgeborten Löcher. „Er erhielt dort unten sogar regelmäßig seine Hauptuntersuchung“, berichtet Karl-Josef Leib bei der Führung durch die Sonderausstellung. Er ist Unimog-Mann mit Leib und Seele, hat lange Jahre bei Mercedes-Benz gearbeitet, ist Mitglied im Unimog-Club Gaggenau e. V. und engagiert sich zudem im Vorstand des Museumsvereins.

Jedes Exponat ist fahrbereit

Der Unimog Museum e.V. leitet mit etwa 90 ehrenamtlichen Mitgliedern und zehn fest angestellten Mitarbeitern die Geschicke des Hauses, pflegt den Depotbestand sowie die Exponate der Dauerausstellung und konzipiert die beiden jährlichen Sonderausstellungen. Das 2006 errichtete Unimog-Museum finanziert sich ausschließlich über Einnahmen, Sponsoring und Spenden – mit so großem Erfolg, dass nun über eine Verdoppelung der Ausstellungsfläche nachgedacht wird. „Viele der durchschnittlich 40.000 Besucher im Jahr kommen mehr als einmal hierher – das ist das Beste, wenn ein Museum die Leute langfristig an sich binden kann“, sagt Leib und betont: „Wir sind kein totes Museum. Jedes unserer Exponate ist fahrbereit.“

Das gilt auch für den U 411 aus dem Salzbergwerk, egal wie verschlissen er daherkommt. 1996 wurde er unter Tage abgestellt und zweiundzwanzig Jahre später dem Unimog-Museum als Schenkung angeboten. Über einen Lüftungsschacht gelangte der Bergbauveteran ans Tageslicht. „Mit einer neuen Batterie sprang er direkt an und fuhr aus eigener Kraft auf den Tieflader“, erzählt Leib voller Bewunderung. „Dann konnte man ihn allerdings im Rückspiegel rosten sehen.“ Auch durch mehrere Waschgänge plus Wachsbehandlung ließ sich der Salz, das in allen Poren steckt, nicht gänzlich entfernen. Und so rostet dieses einzigartige und so typisch nach Salzgrotte duftende Exponat unaufhaltsam vor sich hin.

Patina und Hochglanz Seit an Seit

Mit seiner Patina ist der U 411 bei den Sonderausstellungsexponaten in guter Gesellschaft: etwa dem U 416, der von Lesa zu einem dreiachsigen Spezialfahrzeug für einen französischen Energielieferanten umgebaut worden war; oder dem zum dreiachsigen Kranwagen umgebauten ehemaligen Bundeswehr-U 404, der heute Dirk Lindig aus Krölpa gehört.

Wie neu stehen wiederum der Zweiwege-U 406 mit Ladekran und Seilwinde vom Stuttgarter Brennstoffhändler Scharr, der grau-rote Fahrmischer U 411 sowie der blaue U 421 des Unimog-Museums, ehemals Fritz Rauh, mit Atlas-Ladekran und über Frontzapfwelle angetriebenem Erdbohrer da.

Bau als zweites Betätigungsfeld

Zunächst als reines Agrarfahrzeug entwickelt, wurde der Unimog wegen seiner Zugkraft und Geländegängigkeit quasi von der ersten Stunde an auch auf dem Bau eingesetzt. Eindrucksvoll zeigt dies das Plakat am Eingang zur Dauerausstellung mit einer Aufnahme aus den 50er-Jahren. Ein „Froschauge“ (Baureihe 402) zieht dort einen deutlich größeren Tieflader samt schwerem Weserhütte-Seilbagger über den Hof. Eine Szene, an der sich auch Modellbauer Wiking für sein eigens zur Sonderausstellung gefertigtes H0-Gespann orientiert hat: Für 47,90 Euro gibt es das Set aus U 401 mit Zwillingsheckbereifung, Scheuere-Tieflader und Menck-Seilbagger im Museumsshop zu kaufen. Besser gesagt „gab“, denn bei unserem Besuch war das beliebte Trio bereits fast vergriffen.

Die Möglichkeit, an praktisch jeder Stelle des Fahrzeuges Anbaugeräte anzubringen und zu betreiben, machte den Unimog zu einer leistungsfähigen, vielseitigen und wirtschaftlichen Arbeitsmaschine. Wenn mehrere Arbeitsschritte gleichzeitig oder hintereinander auszuführen waren und enge Platzverhältnisse oder das geringe Ausmaß des Bauvorhabens den Einsatz mehrerer Spezialmaschinen unmöglich oder unwirtschaftlich machten, erwies sich der Alleskönner als das Mittel der Wahl.

Sehr früh entstanden auch auf den Unimog abgestimmte Anbaugeräte. Die ersten dienten dem Bau und Unterhalt von Straßen und Wegen. Mit Erdschieber, Transportmulde, Profiliergerät, Bankettfräse und Verdichter konnte das Straßennetz mit einer einzigen Maschine umfassend instand gehalten werden. Der Einsatz von Bohr- und Pfostensetzgeräten ermöglichte Bau und Instandhaltung der damals noch oberirdischen Strom- und Telefonleitungen. Der Kabelpflug mit Verfüllschnecke ermöglichte dann in einem Arbeitsgang die Verlegung unterirdischer Kabel und Wasserleitungen. Rasch erweiterten zusätzliche Geräte wie Vorbaukompressoren und Frontlader das Einsatzspektrum. Mit der Einführung der schweren Baureihen wurde das Leistungsspektrum in den 70er-Jahren weiter gesteigert. Diese Entwicklung hält bis zu den aktuellen Euro-VI-Baureihen an.

Unimog-Geschichte

Am 9. Oktober 1946 setzte sich Fahrzeugkonstrukteur Heinrich Rößler ans Steuer des allerersten Unimog-Fahrgestells. Das Chassis für den „U 1“ wurde mit Genehmigung der Besatzungsbehörden bei Erhard & Söhne in Schwäbisch Gmünd gebaut. Das „Universal-Motor-Gerät für die Landwirtschaft“ sollte der Nahrungsmittelproduktion im darbenden Nachkriegsdeutschland auf die Sprünge helfen und den Personalbedarf der Höfe reduzieren.

Schließlich entstanden vier Prototypen bei Erhard & Söhne, alle weiteren Fahrzeuge, insgesamt 600, wurden bei Gebr. Boehringer in Göppingen gebaut – ab 1949 in Serie. Um die große Nachfrage decken zu können, übernahm Daimler-Benz bereits 1951 die Produktion und der Ochsenkopf wich dem Stern. Damit wurde Gaggenau zur Unimog-Stadt – bis Mercedes-Benz die Produktion im Jahr 2002 nach Wörth am Rhein verlegte.

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