Setra-Classic-Linie Historienpflege zum Jubiläum

SetraClassic; 40 Years Series 200; 25 Years Series 300, 65 Years Setra brand Foto: Thorsten Wagner 11 Bilder

Vorstellung: Im Jahr 2016 begeht die Premiummarke Setra nicht nur das 65-jährige Jubiläum der Marke, sondern verleiht der Historienpflege gleichzeitig einen völlig neuen Rahmen.

Nicht kleckern, sondern klotzen – so könnte man den Jubiläen-Reigen von insgesamt 145 Jahren umschreiben, den sich die Daimler-Premiummarke Setra anno 2016 leistet, und der Historienarbeit passenderweise gleich einen neuen Rahmen gibt (siehe Kasten rechts). Da wären zuerst einmal 65 Jahre seit dem ersten selbsttragenden Reisebus S8, der 1951 nicht etwa in der Ulmer Weststadt, sondern auf der IAA in Frankfurt am Main der Öffentlichkeit erstmals vorgestellt wurde. "Wir haben den starken Verdacht, dass Otto Kässbohrer mit seinem Konzept etwas Revolutionäres in Form einer technischen Sensation geschaffen hat", lässt Jens Heinemann, neuer Vertriebsleiter Deutschland, seinem Markenstolz freien Lauf. Man ahnt es – der Mann kommt aus der Markenkommunikation.

"Dabei werden die Innovationen immer aus dem Blickwinkel unserer Kunden, der Busunternehmer, gesehen", erklärt Heinemann den Erfolg der Marke, die schon 2011 die stolze Zahl von 100.000 gebauten Bussen vermelden konnte. "Das ist das Erfolgskonzept unserer seit 65 Jahren recht jung gebliebenen Marke", ergänzt der Vertriebschef.

Setra will die Historie inn Ehren halten

Ende 2015 waren es dann schon 107.000 Setras, zugleich konnten erstmals nach der weltweiten Finanzkrise wieder über 2.000 Busse abgesetzt werden – schon immer eine magische Zahl für die deutschen Premiumhersteller Setra aus Ulm und Neoplan aus Stuttgart. Die Ulmer Marke mit weltweitem Ruf hat es sich seit jeher zur Aufgabe gemacht, ihre Historie und die Produktionsstandorte in Ehren zu halten. Das Kundenzentrum im Pfuhler Ried, das 2007 direkt neben dem als "Werk 2" geplanten Standort errichtet wurde, atmet genau diesen Geist. Und das umso mehr nach der letzten Umgestaltung des attraktiven Kundenbereiches (siehe Kasten auf Seite 106), der im Sommer vorgestellt wurde. Man beobachte zudem immer noch eine "große emotionale Verbundenheit" zum Standort Neu-Ulm.

Die Komplexität der Technik über die Jahrzehnte sollen an diesem Marken-Feiertag Testfahrten mit zwei Bussen mit jeweils eigenen Jubiläumsgenen verkörpern. Da wäre zum einen der Prototyp der Baureihe 200, die von 1976 bis 1991 beachtliche 30.000 Mal gebaut wurde, also vor genau 40 Jahren an den Start ging und so etwas wie den Durchbruch der Marke in Deutschland verkörperte. Die Baureihe überzeugte neben dem im Vergleich zu den rundlichen 100er-Brüdern kantig-modernen Design vor allem durch eine "nie da gewesene Typenvielfalt".

Golden-Eagle-Modelle sind noch heute legendär

Insgesamt liefen 78 Typenreihen und Prototypen (schon 1973 gab es 50 S 200-Vorläufer) im Takt von acht Bussen pro Tag vom Band – oder vielmehr aus der "Helling", einer erstmals für die 200er-Baureihe eingesetzte, 25 Tonnen schwere Montagevorrichtung, die noch heute als Nonplusultra im vorwiegend durch Handarbeit gekennzeichneten Busbau gilt. Bis zum 12. Juni 2001 sollten rund 30.000 Setra-Busse diesem "stählernen Koloss" ihre erhöhte Passgenauigkeit verdanken. An diesem Tag nämlich entließ das Monstrum das fertige Gerippe eines S 315 HD der Nachfolgerbaureihe, ein niedriger Bruder unseres zweiten Testfahrzeuges, das auf 25 Jahre eigenes Premieren-Jubiläum zurückblicken kann.

Doch zurück zur legendären 200er-Baureihe und dem S 215 HD mit stolzer Prototyp-Plakette im kantigen Cockpit der 70er-Jahre, das sich trefflich in den Innenraum im orange-bräunlichen Streifendesign der Zeit einfügt, der heute eher an Omas Wohnzimmer erinnert. Das Außendesign mit dezenter Fallung statt üppiger Rundungen der Seitenwände und viel Chrom in Bug und Stoßfängern stand jahrzehntelang als Symbol für den modernen Reisebus. Auch in den USA begleitete dieses Design den Markteintritt. Die Golden-Eagle-Modelle sind noch heute legendär, wenn auch der Setra-Stern in den USA heute nicht mehr ganz so hell leuchtet. Erstmals fand in der Baureihe die Setra- eigene und thermostatisch geregelte "Querstrombelüftung" Anwendung. Sie nutzte die Erkenntnisse der modernen Aerodynamik, um ohne nervige Zugluft bis zu 9.000 Kubikmeter Frischluft in der Stunde in den Innenraum zu schaufeln.

Setra vertieft eigenen Premiumanspruch

Im Testwagen des Baujahres 1976 mit der Fahrgestellnummer 101795001 tut die Anlage denn auch angenehm säuselnd ihren Dienst wie am ersten Tag. Ähnlich dezent geht das V10- Aggregat im Heck zu Werke, es ist ein Daimler OM 403. Seit auch aus Leistungsgründen keine Henschel-Motoren aus Kassel mehr verbaut wurden, erreichten die Mercedes-Motoren gegenüber den MAN-Alternativen "in kürzester Zeit" (Pressetext) einen Verbauungsgrad von rund 80 Prozent. Die Leistung des veritablen Big-Blocks beeindruckt positiv, weniger aber der Schaltkomfort des hakeligen Sechsgang-Getriebes. Die weiterentwickelte Vorderradaufhängung lässt ansatzweise das sänftenartige Setra-Gefühl aufkommen, die Sicherheit wurde im Laufe der Bauzeit mit Scheibenbremsen vorne und ABS (Versuche ab 1970, Serie ab 1984) stark verbessert.

Zu den Ausprägungen der umfassendsten Baureihen aller Zeiten gehörten auch Sonderlinge wie der S 208 HA (1979) mit nur sechs Metern Länge und 2,30 Metern Breite, der S 216 HDS mit Unterflurcockpit à la Neoplan Spaceliner (1980) sowie der erste, lange herbeigesehnte Reisedoppeldecker S 228 DT (Vorstellung 1981, Auslieferung 1982) – noch heute ist das Konzept ein Bestseller. Nicht minder hart war optisch und technologisch der Übergang zur 300er-Baureihe 1991, auch sie sollte eine Ära des Busbaus in Europa nachhaltig prägen und den Premiumanspruch von Setra endgültig zementieren. Noch heute werden gute Preise für Gebrauchte gezahlt, wenn denn ein Partikelfilter nachgerüstet ist. Ein Erkennungsmerkmal mit großem Kopierwert in aller Welt bis heute noch ist die dominante, lackierte Schwinge von der B-Säule ins Dach hoch, die die ganze Baureihe ziert. Sie wird wiederum von einem sehr geradlinigen Front- und Heckdesign kontrastiert, wodurch eine unnachahmliche optische Einheit und eine starke Präsenz des ganzen Wagens entsteht.

Makelloser Fahreindruck

Da tut es fast nicht weh, dass die bisherigen chromartigen Aluminium-Anbauteile nunmehr weitgehend von Plastik verdrängt werden. Auch der Innenraum scheint dem Kunststoffzeitalter zu huldigen, ohne Scham ziert das große Kässbohrer-Logo das schwarze Begleiter- Cockpit aus Hartplastik. O tempora, o mores! Das Cockpit wiederum ist eine Glanzleistung seiner Zeit, erstmals kommen mikroprozessorgesteuerte Fehlermeldungen aufs Display. Bedienung und Ergonomie des Fahrerplatzes sind tadellos, was auch und gerade den zuerst als "Maikäferfühler" verunglimpften, später als markenprägend angesehenen Außenspiegeln zu verdanken sein mag.

Viel mehr bleibt nicht zu sagen über den makellosen Fahreindruck, wenn man sich wieder an die Doppel-H-Schaltung aus der Fahrschule gewöhnt hat. Es läuft einfach alles perfekt, und die Reise könnte jetzt auch einfach weiter und weiter gehen und den Tachostand von 500.000 Kilometern weiter erhöhen. Es wird sich sicher bald ein weiterer Anlass finden, um die Marke zu feiern. Vielleicht 2017 mit einem neuen 500er-Doppeldecker?

Label Setra Classic bündelt Heritage-Aktivitäten der Marke

Die Traditionsmarke aus Ulm bündelt ihre vielfältigen Historienaktivitäten unter dem neuen Label "Setra Classic" – in Verbindung mit der neu gestalteten Setra Lounge, die ein Teil des Kundenzentrums in Neu-Ulm ist und zu der man Zutritt über einen roten Teppich erlangt. Im Empfangsbereich wird der Besucher auf der großen Historienwand über die Meilensteine der Marke informiert, spannende Exponate aus mehreren Jahrzehnten garnieren den lehrreichen Lesestoff.

Zentrum der neuen Markenwelt ist die edle Setra-Lounge, die klar vom Eingangsbereich getrennt ist und mit ihrer gemütlichen Ausstattung und dem hochwertigem Catering für vertrauliche Kundengespräche bestens geeignet ist. Eine Kundenkarte oder Mitgliedschaft soll es zwar nicht geben für "Setra Classic", trotzdem will die Marke mit mehr Transparenz noch näher an den Kunden herankommen.

Setra-Historie zum Anfassen

Zwei weitere Hotspots informieren über die Geschichte der Busmarke aus Ulm. Die Keimzelle der Familie Kässbohrer, seit jeher aufs Engste mit der Marke verbunden, wird in Form des 1480 gebauten Kässbohrer-Hauses im historischen Fischer-Viertel im Schatten des Ulmer Münsters lebendig. Hier sind auf zwei Stockwerken Exponate und Informationen über die Geschichte der seit 1893 unternehmerisch tätigen Familie versammelt. Die nicht öffentliche Ausstellung führt über die Anfänge des Wagnergeschäftes, über die 1910 erfolgte Spezialisierung auf elegante Kutschen bis zur Vorstellung des ersten vollverglasten Omnibusses im Jahr 1928 und weiter.

Bisher noch unscheinbar wirkt die Kässbohrer-Halle auf dem Gelände des Gebrauchtwagenzentrums in Neu-Ulm, jedoch kann sich das in Zukunft noch ändern. Ältestes Exponat ist ein aufwendig restaurierter Bus auf Saurer-Fahrgestell, der im Kundenzentrum als willkommener Eyecatcher dient. Weitere feine Exponate in der Museumshalle sind ein Setra S8 aus dem Jahr 1951, der Panoramabus S 150 P sowie ein S 215 HD. Ein Teil der Fahrzeuge ist fahrbereit und wird für besondere Anlässe eingesetzt. Eine reguläre Vermietung der Schätze ist aber auch im neuen Setra-Classic-Konzept nicht vorgesehen.

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
Lao 10 2016 Titel
lastauto omnibus 10 / 2016
21. September 2016
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