Parkplatzmangel Parken in der Kolonne

Foto: Thomas Rauhut

Im größten Transitland Europas leiden Lkw-Fahrer unter einem nicht mehr zu verantwortenden Mangel an Parkplätzen. Deutsche Ingenieurkunst hilft, dieses Problem zumindest zu lindern. Nach genauer Zeitsteuerung können jeweils bis zu drei Lkw auf einer Spur hintereinander parken.

Die Parksituation für Lkw in Deutschland ist politisch nicht mehr zu verantworten. Nach Schätzungen des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung sind an jedem Werktag rund 800.000 Lkw aus aller Herren Länder auf deutschen Autobahnen unterwegs. Vor 20 Jahren waren es noch etwa 700.000 gewesen. Es ist müßig, darüber zu klagen, dass es die deutsche Verkehrspolitik versäumt hat, dem gestiegenen Lkw-Verkehr besonders auf den Transitstrecken Rechnung zu tragen. Nach den letzten verfügbaren Zahlen fehlen rund 23.000 Lkw-Stellplätze. Mangelte es zuerst am politischen Willen, das Geld bereitzustellen, fehlt es seit etwa drei Jahren in den Bundesländern, die das nun zur Verfügung stehende Geld verbauen könnten, an Planern, Bauarbeitern und Handwerkern. Hinzu kommen Bürgerinitiativen, die gegen die Neubauten in der Nachbarschaft protestieren. Immerhin: Für das Jahr 2020 plant der noch amtierende Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer 100 Millionen Euro für besseres Lkw-Parken an Autobahnen ein. Dieser „Fünf-Punkte-Plan für besseres Lkw-Parken“ umfasst unter anderem die Reduzierung des Lkw-Parksuchverkehrs durch den Einsatz von Parkleitsystemen, eine optimierte Nutzung des vorhandenen Lkw-Parkraums sowie eine Ausweitung des bestehenden Konzepts des Kolonnenparkens.

Bereits 2005 entwickelt

Dieses Kolonnenparken hatte der Ingenieur Dr. Klaus Manns, der unweit der Tank- und Rastanlage Montabaur an der viel befahrenen A 3 wohnt, 2005 entwickelt und zum ersten Mal umgesetzt. Das Prinzip ist denkbar einfach: Statt mehr neue Fläche mit Beton zu versiegeln, wird die bereits vorhandene Parkfläche für Lkw einfach besser genutzt.

Kommt ein Fahrer auf das beschrankte Gelände, gibt er an einem mehrsprachigen Terminal nur ein, wie lange er Pause machen möchte. Die Mindestparkzeit beträgt zehn Minuten. Detektoren haben die gesamte Fläche rund um die Uhr im Blick, der Fahrer bekommt sofort den Stellplatz zugewiesen, wo er sich nun hinter einem bereits parkenden Lkw einordnen kann. Auch die Größe des Lkw spielt eine Rolle. Das Konzept basiert natürlich darauf, dass die Fahrer zu den angegebenen Zeiten tatsächlich abfahren.

Mittlerweile gibt es fünf telematisch gesteuerte Parkplätze mit angeschlossener Gastronomie, die nach dem Konzept von Dr. Klaus Manns funktionieren. Die 2018 umgebaute Tank- und Rastanlage Inntal West an der A 93 bei Kufstein mit 93 statt vorher 62 Stellplätzen arbeitet nach einem ähnlichen Prinzip. Da Manns seit 2014 der Vorsitzende des ADAC Mittelrhein ist und 2018 für weitere vier Jahre gewählt wurde, hat er seine Anteile sukzessive an das Unternehmen Gauff Ingenieure aus Frankfurt am Main abgegeben, ist allerdings weiter beratend tätig.

Kostenvorteil für die Betreiber

Für die Betreiber der Tank- und Rastanlagen ist es vor allem ein erheblicher Kostenvorteil. „Etwa 50.000 bis 80.000 Euro pro Lkw-Stellplatz kostet es, wenn eine Anlage konven­tionell betrieben wird“, sagt Manns. „20.000 bis 25.000 sind es dagegen mit einer telemetrischen Steuerung. Und wir bleiben auf demselben Areal. Nach unserer Untersuchung könnten so allein in Niedersachsen 15 bestehende Anlagen auf 600 Stellplätze erweitert werden.“

Ende Dezember 2019 wurde zuletzt die Tank- und Rastanlage Taunusblick an der A 5 vom hessischen Verkehrsminister feierlich eröffnet. 152 Lkw statt bisher 81 finden hier jetzt Platz. Rund 1,35 Millionen Euro hat das Land Hessen in die Umrüstung auf das Kolonnenparken investiert. Allerdings hat uns ein Lkw-Fahrer bereits auf einen Fehler bei der dortigen Umsetzung hingewiesen: Fahrer können sich mangels entsprechender Beschrankung auch rückwärts vor bereits parkende Fahrzeuge stellen, was natürlich keine gute Idee ist.

„Leider ist das ein spezifisches Problem an der Anlage Taunusblick, da der Fahrer bereits beim Einfahren mögliche freie Stell­plätze in der ersten Reihe erkennen kann“, erklärte Michael Maurer von Gauff auf Nachfrage von FERNFAHRER. „Die Lösung mit einer zusätzlichen Schranke im Einfahrts­bereich und Ausfahrtsbereich wird bestimmt die beste Variante sein.“

Mit seinen nunmehr 67 Jahren will sich Manns noch mindestens weitere drei ­Jahre für das platzsparende Parken einsetzen. Vorerst freut er sich aber erst einmal auf den Truck-Grand-Prix vom 17. bis 19. Juli am Nürburgring, denn dieses Top-Ereignis für Lkw-­Fahrer fällt unter seinen Vorsitz.

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