Neue Spesenregelung 2014 Haben oder Nichthaben

Lkw und Pkw auf einer Autobahn Foto: Alev Atas/ETM

Seit Anfang Januar 2014 gilt die neue Spesenregelung: Die Staffelung ändert sich, aber die Sätze bleiben die gleichen – ärgerlich.

Harry riskiert sein Leben. Aber er muss seine Familie ernähren. Er schmuggelt in der Zeit der Großen Depression in Amerika mit seinem Boot Menschen von Key West nach Kuba, schließlich auch Bankräuber, die ihn zuletzt tödlich verletzen. Der Filmklassiker von 1944 beruht auf dem Roman von Ernest Hemingway "To Have and Have Not". Auch Fernfahrer müssen fernab der Familie ihre Brötchen verdienen. Sie setzen zwar nicht mutwillig ihr Leben ein, aber ein Kampf um jeden Euro ist es schon. Und es wird kaum besser, auch nicht mit den neuen Spesenregeln, die ab Anfang Januar 2014 gelten.

Spesensätze haben mit der Realität nichts mehr zu tun

Vermutlich wäre es vermessen, von den Bürokraten etwas mehr Einsicht in das Leben auf der Straße zu erwarten. Aber ist das eine Entschuldigung für die absolute Lebensferne in den Amtsstuben? Tatsache ist, dass die Spesensätze seit gefühlt ewigen Zeiten kaum angetastet werden und mit der Realität nichts mehr zu tun haben.

Ein Blick in die Speisekarte auf dem Autohof oder der Raststätte gefällig? Ein Hackbraten kostet 8,99 Euro, eine Grillhaxe 9,99 Euro, die Pizza des Tages 7,90 Euro, eine Kasslerrippe mit Mettwürstchen 7,40 Euro, dazu ein Getränk. Dann sind auf jeden Fall über zehn Euro beim Teufel. Damit wäre laut Spesensatz eine Mahlzeit am Tag abgedeckt. Er beläuft sich nämlich bei einer eintägigen Reise im Inland auf zwölf Euro. Aber es ist eben nur eine Mahlzeit. Da hilft es auch nicht viel weiter, wenn einige Speditionen die Übernachtungspauschalen auf den Autohöfen übernehmen, die sich im gleichen Zug mit Verzehrgutscheinen in gleicher Höhe bedanken, üblicherweise zehn Euro.

Nur noch zwei Spesenstufen

Was macht also der Fernfahrer in seiner Not? Er packt sein Butterbrot aus oder geht zum Discounter. Daran ändert auch die neue Spesenregelung nichts. Sie bringt höchstens den Tageskutschern Vorteile. Denn die Verpflegungsmehraufwendungen wurden bisher in einer dreistufigen Staffelung von 6, 12 und 24 Euro je Arbeitstag und Dauer der Abwesenheit abgerechnet. Nun haben die Beamten eine der drei Stufen gestrichen. In den Reisekostenabrechnungen ab Januar 2014 werden nur noch folgende Unterscheidungen getroffen: Ist ein Arbeitnehmer aus beruflichen Gründen mindestens acht Stunden unterwegs, sind Pauschalabrechnungen von zwölf Euro zulässig. Bei einer berufsbedingten Abwesenheit vom Arbeitsplatz, die 24 Stunden dauert, dürfen für jeden ganzen Tag zukünftig pauschal 24 Euro abgerechnet werden. Für Fernfahrer, die auswärts übernachten, ändert sich also nichts.

Kollegen im Nahverkehr, die täglich nach Hause kommen, profitieren jedoch von der neuen Regelung. Bisher haben sie maximal sechs Euro pro Tag erhalten, künftig sind es zwölf, sofern sie tatsächlich länger als acht Stunden nicht in der "ersten ­Tätigkeitsstätte" (siehe Interview) sind. Bei 20 Arbeitstagen pro Monat können so immerhin 120 Euro netto zusammenkommen.

Üppige Spesenzahlungen: Gut fürs Konto, schlecht für die Rente

Grundsätzlich ist ein Arbeitgeber nicht verpflichtet, Spesen zu zahlen. Betriebliche Vereinbarungen können außerdem abweichen. Für den Arbeitgeber wie den -nehmer fallen auf Spesen keine Steuern und keine Sozialabgaben an. So haben die Fernfahrer netto mehr in der Tasche, da sie Beiträge zur Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung sparen. Gerne locken deshalb manche Chefs mit üppigen Spesenzahlungen, um geringe Grundlöhne zu rechtfertigen. Dumm nur, dass dann später auch die Leistungen geringer ausfallen, etwa bei der Rente. Zahlt die Spedition keine Spesen, kann der Arbeitnehmer die Beträge in der Lohnsteuererklärung teilweise als Werbungskosten aufführen. Die Steuerersparnis ist jedoch deutlich geringer als die Reisekostensätze.

Für die Tätigkeit im Ausland gibt es zukünftig ebenfalls nur noch zwei Verpflegungspauschalen. Hier haben sich die Sätze nur geringfügig verändert. Entsprechende aktuelle Tabellen finden sich im Internet (etwa www.bundesfinanzministerium.de über den Suchbegriff "Auslandsreisen"), ein Auszug mit den wichtigsten Destinationen findet sich auf der nächsten Seite. Einsame Spitze ist nach wie vor Schweden mit einem Höchstbetrag von 72 Euro bei einer Abwesenheit von 24 Stunden. Es folgen Norwegen, Genf, Dänemark und die Niederlande. Low Budget ist dagegen mit einem Satz von 18 Euro in Ländern wie Lettland angesagt.

Uhrzeit entscheidet über Pauschbetrag

Bei Reisen vom Inland in das Ausland bestimmt sich der Pauschbetrag nach dem Ort, den der Steuerpflichtige vor 24 Uhr Ortszeit erreicht hat. Bei mehrtägigen Dienstreisen müssen die genauen Abwesenheitszeiten am An- und Abreisetag künftig nicht mehr dokumentiert werden. Der Fiskus gewährt immer jeweils zwölf Euro – egal, wann die Reisenden losfahren oder ankommen.

Für eintägige Reisen ins Ausland und für Rückreisetage aus dem Ausland ist der Pauschbetrag des letzten Tätigkeitsortes im Ausland maßgebend. Diese Regelung gilt auch wenn mehrere Tätigkeitsstätten in verschiedenen Ländern aufgesucht werden.
Sowohl bei eintägigen als auch bei mehrtägigen Reisen bestimmt sich das Auslandstagegeld ausschließlich nach der jeweiligen Abwesenheit am einzelnen Kalendertag. Nur in den Fällen, in denen eine Auswärtstätigkeit nach 16 Uhr des einen Tages beginnt und vor acht Uhr des darauffolgenden Tages endet, ohne dass eine Übernachtung stattfindet, darf die gesamte Abwesenheitsdauer zusammengerechnet und als eintägige Auswärtstätigkeit behandelt werden.

Bleibt als Fazit, dass die neue Spesenregelung Vorteile im Nahverkehr bringt und einige Vereinfachungen. Das grundsätzliche Problem bleibt bestehen: Die Höhe der Spesensätze ist ein ärgerlicher Anachronismus, der mit der Lebenswirklichkeit nur entfernt etwas zu tun hat.

Drei Fragen an Margarethe Knor, Steuerberaterin in Reutlingen

Was unterscheidet die neue "erste Tätigkeitsstätte" von der alten "regelmäßigen Arbeitsstätte"? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

Der Begriff der "regelmäßigen Arbeitsstätte" wird ersetzt durch den der "ersten Tätigkeitsstätte". Dieser wird nun gesetzlich definiert als "die ortsfeste Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist" (vgl. neuer Para-
graf 9 Abs. 4 Einkommenssteuergesetz). Die Zuordnung der ersten Tätigkeitsstätte erfolgt vorrangig durch arbeits- und dienstrechtliche Festlegung. Es ist in aller Regel die Spedition.

Welche Kosten kann ein Lkw-Fahrer in Bezug auf die erste Tätigkeitsstätte steuerlich absetzen?

Grundsätzlich gilt, dass für Fahrten des Arbeitnehmers von seiner Wohnung zu seiner ersten Tätigkeitsstätte die Entfernungspauschale angesetzt wird.

Können Lkw-Fahrer Übernachtungspauschalen geltend machen, wenn sie im Fahrerhaus übernachten?

Es werden nur noch die tatsächlichen Kosten berücksichtigt. Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil (28. März 2012, VIR 48/11) entschieden, dass ein Kraftfahrer, der in der Fahrzeugkabine des Lkw übernachtet, die Pauschalen für Übernachtungen bei Auslandsdienstreisen nicht anwenden darf. Liegen Einzelnachweise, etwa von Sanifair, über die Kosten nicht vor, seien die tatsächlichen Aufwendungen zu schätzen: Der Arbeitnehmer muss die ihm tatsächlich entstandenen und regelmäßig wiederkehrenden Reisenebenkosten für einen repräsentativen Zeitraum von drei Monaten im Einzelnen durch entsprechende Aufzeichnungen glaubhaft machen. Das Bundesministerium der Finanzen weist darauf hin, dass bei der Benutzung der sanitären Einrichtungen auf Raststätten nur die tatsächliche Benutzungsgebühren aufzuzeichnen sind, nicht jedoch die als Wertbons angegebenen Beträge.

Download Pauschbeträge 2014 (PDF, 0,04 MByte) Kostenlos
Download Spesentabelle Fernverkehr Inland und Ausland (PDF, 0,29 MByte) Kostenlos
Download Spesentabelle Nahverkehr (PDF, 0,22 MByte) Kostenlos
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