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Zukunftskongress Nutzfahrzeuge 2019 Freie Fahrt für frische Fahrerhäuser

Foto: Iveco

Hersteller haben mehr Spielraum für die Lkw-Kabinengestaltung. Wer profitiert davon? Fahrer? In jedem Fall die Sicherheit, wie eine Podiumsdiskussion auf dem Zukunftskongress Nutzfahrzeuge 2019 zeigte.

Es verspricht ein besonderer Augenschmaus zu werden: Besucher der IAA Nutzfahrzeuge dürfen sich auf grundlegend neu gestaltete, windschnittige Fahrerhäuser in den Messehallen freuen. Theoretisch. Denn ab 1. September 2020 dürfen schwere Lkw gemäß der Richtlinie EU 96/53 mit rundlicheren Kabinen auf Europas Straßen rollen und auf kurz oder lang Lkw mit der charakteristischen Kubus-Form ablösen.

Profitieren soll die Verkehrssicherheit

Voraussetzung für eine zusätzliche Länge von bis zu 90 Zentimetern ist, dass der zusätzliche Spielraum die Kraftstoffeffizienz oder die Sicherheit erhöht – etwa durch eine verbesserte Aerodynamik, eine verbesserte Sicht, einen verbesserten Schutz für andere Verkehrsteilnehmer oder einen verbesserten Schutz und Komfort für den Fahrer selbst. Ob zum Stichtag 1. September aber tatsächlich schon etwas Konkretes zu sehen ist, was über früher vorgestellte Studien hinaus geht, steht auf einem anderen Blatt. „Wahrscheinlich ist, dass wir diese Fahrzeuge noch nicht sehen werden“, sagte Thomas Fabian, verantwortlich für Nutzfahrzeuge beim europäischen Automobil-Dachverband ACEA, beim Zukunftskongress Nutzfahrzeuge 2019 in Berlin, veranstaltet von Dekra mit Unterstützung von lastauto omnibus, trans aktuell und Tele Traffic.

Die Fahrzeuge müssten dann einer Vielzahl an Faktoren Rechnung tragen: harten Effizienzvorgaben, aber auch neuen Standards bei der Fahrer- und Fahrzeugsicherheit sowie beim Sichtfeld. Das alles hat seinen Preis. „Es sind für die Hersteller sehr teure Investitionen“, betonte Fabian. „Das Ganze muss unternehmerisch darstellbar sein und auch Kunden finden“, sagte er. Der ACEA-Mann ist überzeugt, dass es dazu entsprechende Anreize braucht. Nur dann werden die Fahrzeuge im neuen Design, er spricht von Raumschiffen auf der Straße, seiner Ansicht nach auch ihren Siegeszug antreten.

Raum für eine Toilette im Lkw

Gewünscht hätte sich Fabian auch, dass vom Spielraum bei den Maßen auch der Laderaum profitiert, was von der EU-Kommission aber nicht geplant ist. „Es gibt kaum eine Maßnahme, mit der sich mehr CO2 einsparen lässt als mit einer effizienteren Laderaumnutzung“, betonte der Verbandsmann. Vertreter des Güterkraftverkehrs kritisieren dies jedoch nicht, sondern sehen den Zugewinn bei den Kabinenmaßen eher als Vorteil an, um bei einem strukturellen Problem der Branche anzusetzen: dem Fahrermangel. Prof. Dr. Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher beim Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), kann sich sogar vorstellen, dass sich nun auch ein Platz für eine Toilette oder eine Dusche an Bord der Fahrerhäuser findet.

Wer zum Beispiel verstärkt Frauen für den Beruf gewinnen wolle, müsse hier neue Wege gehen und auch die Gestaltung der Kabinen überdenken, regte Engelhardt an. „Aktuell haben wir bei Fahrern einen Frauenanteil von 1,7 Prozent. Viele sagen: Sie gehen nachts nicht auf unbeleuchtete Parkplätze.“ Davon abgesehen, dass Parkplätze ohnehin Mangelware seien. Hunderttausende fehlten in Europa. Und parke ein Fahrer aus der Not heraus irgendwo in einem Gewerbegebiet, werde er von dort wieder verjagt.

Zwei Tonnen mehr für alternative Antriebe

Wenngleich die EU-Kommission der Branche keinen zusätzlichen Laderaum zubilligt, kommt sie den Unternehmen aber doch an anderer Stelle entgegen: bei den Gewichten. Zumindest profitieren davon die Speditionen, die mit alternativen Kraftstoffen oder im Betrieb klimaneutralen Lkw unterwegs sind. Eine beziehungsweise zwei Tonnen schwerer dürfen diese Fahrzeuge auf der Straße sein.Ebenfalls neu ist, dass Transport- und Logistikunternehmen ihre Fahrzeuge mit aerodynamischen Luftleiteinrichtungen am hinteren Teil des Fahrzeugs ausstatten dürfen. Die Regelung tritt in den nächsten Tagen in Kraft.

In den Startlöchern steht zum Beispiel der Anbieter Betterflow mit seinem System Rearflow, das innerhalb von zwei Stunden an alle Kühlkoffer von Schmitz Cargobull und Krone anzubringen sei. Betterflow rechnet durch die verbesserte Aerodynamik mit einem Einsparpotenzial von bis zu 1,5 Litern auf 100 Kilometern. Um genaue Werte im Fahrbetrieb zu ermitteln, startet das Unternehmen in diesen Tagen einen Praxistest mit Speditionen aus ganz Europa, an dem 50 Lkw teilnehmen. Die Flaps am Fahrzeugheck dürften für viele Speditionen einen neuen Anblick darstellen. Insofern wird es in jedem Fall auch kurzfristig etwas zu sehen geben, auch wenn die neuen Kabinen gegebenenfalls noch etwas länger auf sich warten lassen.

Zukunftskongress 2019

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