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Neubaustrecken „im Promillebereich“ Trauerspiel Schiene

Comeback für die Schiene. Foto: pixabay, manfredrichter

Die Güterbahnen kritisieren Bund und DB Netz für den Netzausbau. Die zusätzliche Schienenkapazität liege „im Promillebereich“.

Viel für die Straße, wenig für die Schiene: Das ist das Fazit des Verbands „Die Güterbahnen“ zum Schienenjahr 2022. Demnach ist im Vergleich zum Straßenverkehr das deutsche Schienennetz nur minimal gewachsen – und bei einer Neubaustrecke hat der Schienengüterverkehr überhaupt nichts gewonnen.

Nur 2,4 Promille mehr Schienennetzkapazität

Bei der Vorlage der aktualisierten Schienennetz-Längenbilanz der Güterbahnen in Frankfurt sagte Verbandschef Ludolf Kerkeling: „Die Eisenbahnunternehmen scharren mit den Füßen, um die wachsende Nachfrage im Personen- wie im Güterverkehr auf neuen Gleisen und mit elektrisch betriebenen und darum klimafreundlichen Zügen zu stillen.“ Jedoch seien selbst bei wohlwollender Rechnung lediglich 2,4 Promille mehr Schienennetzkapazität durch neue Schienen und Oberleitungen zu verzeichnen. „In diesem Tempo können wir keine leistungsfähigere Schiene erreichen, die uns bei unseren Klimaschutzzielen hilft“, sagt Kerkeling.

Während jedes Jahr rund 10.000 Kilometer neue Straßen in Deutschland gebaut würden, gab es im Schienenbereich 2022 demnach lediglich eine größere und drei kleinere Maßnahmen mit insgesamt 74,4 Kilometern Streckenlänge, die das Bundesverkehrsministerium und die DB Netz neu in den Verkehr gebracht hätten. Und dies bei einem 33.400 Kilometer langen und immer stärker überlasteten Schienennetz – „als würde man einen Hausbrand mit einem Eimer Wasser löschen wollen“, so Kerkeling.

Bei den vier Projekten im Jahr 2022 handelt es sich dem Verband zufolge um die abschließende Elektrifizierung nach Wilhelmshaven auf einer Strecke von 6,3 Kilometer, außerdem zwei zusätzlichen Gleise zwischen Erfurt und Nürnberg, zusammen 8,4 Kilometer. Neu dazugekommen ist auch die Strecke Wendlingen–Ulm, die mit 59,7 Kilometer Länge rund 70 Prozent der für Ende 2025 komplett zur Inbetriebnahme vorgesehenen Schnellfahrstrecke von Stuttgart nach Ulm ausmache.

Albanstieg bereitet Probleme für den Güterverkehr

Deren Vorteile genießen vor allem die Passagiere in den Personenzügen: Laut dem Verband reduziert die Neubaustrecke die ICE-Fahrtzeit auf der Relation um 15 Minuten. Für den Güterverkehr sei die steile Strecke über die Schwäbische Alb aber unbrauchbar, die Alternativstrecke durch das Filstal, auf der Kapazitäten freiwerden, weise ebenfalls einen steilen Albanstieg an, der den Güterzugverkehr behindere.

„Nur der Ausbau bei Fürth findet in einem der offiziell als überlastet ausgewiesenen Streckenabschnitte statt und lediglich die gut sechs Kilometer Oberleitung für die Hafenanbindung bei Wilhelmshaven haben einen expliziten Nutzen für den Güterverkehr“, sagt Peter Westenberger, Geschäftsführer des Verbands. Der Jade-Weser-Port sei damit durchgängig, also nördlich von Oldenburg, mit elektrischen Lokomotiven erreichbar – allerdings erst zehn Jahre nach der Eröffnung des Hafens, zudem müssten im Terminal selbst immer noch Diesel-Rangierloks eingesetzt werden.

Vielfältige Ursachen

Bei der Suche nach Ursachen müssen die Güterbahnen nicht lange suchen. Stop-and-Go bei der Finanzierung, die Fixierung auf ICE-Strecken, die unzureichenden Planungskapazitäten und eine Unterbewertung des Güterverkehrs bei Kosten-Nutzen-Rechnungen stehen etwa auf der Liste. Im Unterschied zu seinen europäischen Nachbarn arbeite Deutschland beim Schienenausbau „praktisch nur mit Ankündigungen“.

Güterbahnen-Chef Kerkeling fordert daher mehr Digitalisierung im Betrieb, auch kleine und mittlere Maßnahmen im bestehenden Netz sowie eine effizientere Bestandnetzsanierung, alles parallel realisiert. In der Verkehrsplanung müsse die Schiene, nicht die Straße Priorität haben, etwa in Form von größeren personellen Kapazitäten bei Planung, Gerichten und der Bauwirtschaft. Es brauche ferner belastbar wachsende Budgets des Bundes samt Infrastrukturfonds und einer offensiven Werbung für den Ausbau. Denn um die gesetzlichen Klimaziele im Verkehr zu erreichen, seien zusätzliche Gleise für überlastete Verbindungen unverzichtbar.

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