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Mehr Gewicht für Null-Emissionen-Fahrzeuge Zugeständnisse für den Klimaschutz

Foto: Karl-Heinz Augustin

Überarbeitung der Richtlinie 96/53/EG zum Thema Maße und Gewichte soll neue Anreize für die Nutzung emissionsarmer Lastkraftwagen bringen. Thema sind auch grenzüberschreitende Lang-Lkw-Fahrten.

Mit dem Paket Fit for 55 will die Europäische Kommission erreichen, dass die EU die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent reduzieren kann. Um den Güterverkehr fit für mehr Nachhaltigkeit zu machen, sind eine ganze Reihe von Maßnahmen im Verkehrsbereich geplant, auch eine Überarbeitung der Richtlinie 96/53/EG zum Thema Maße und Gewichte.

EU-Kommission macht Vorschläge zu Maße und Gewichte

Der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) hat schon im Sommer die Vorschläge der Kommission zur Änderung der Richtlinie über Maße und Gewichte begrüßt: „Damit bereitet die Kommission endlich den Weg für den internationalen Einsatz von längeren Fahrzeugeinheiten und erfüllt damit eine grundlegende Forderung des DSLV. Der DSLV setzt sich seit Jahren für einen länderübergreifenden Verkehr mit Lang-Lkw ein, damit diese ihre Ökoeffizienzvorteile auch grenzüberschreitend ausspielen können.“ Die geplanten Schritte stehen rechts im Kasten.

Ein Berichtsentwurf zu den geplanten Änderungen ist laut Markus Ferber, EVP-Abgeordneter im Europäischen Parlament (EP), inzwischen im Verkehrsausschuss angekommen. Ferber sieht die Pläne – etwa zusätzliches Gewicht für Fahrzeuge mit emissionsfreien Technologien –nach eigenen Angaben kritisch und für nicht praxisgemäß, wenn es etwa um das Thema Gewichtskontrolle geht. „Dann müssen die Beamten künftig erst einen Blick in die Fahrzeugpapiere werfen, um das erlaubte Gewicht zu sehen“, sagt der Europaabgeordnete. Sobald sich die Technologie entwickelt und emissionsfreie Antriebssysteme leichter werden, auch dank des Einsatzes aerodynamischer Luftleiteinrichtungen und Führerhäuser, sollen die saubereren Fahrzeuge laut Ferber im Vergleich zu konventionellen Lastkraftwagen von einer zusätzlichen Nutzlast profitieren.

Erleichterter Lang-Lkw-Einsatz

Auch das Thema Lang-Lkw steht im Fokus: So soll künftig der grenzüberschreitende Verkehr von überlangen Fahrzeugen zwischen benachbarten Mitgliedstaaten möglich sein, ohne dass ein bilaterales Abkommen erforderlich ist – und ohne die Beschränkung, dass nur eine Grenze überschritten wird.

Positives Beispiel seien hier Schweden und Finnland, wo der Verkehr bereits seit vielen Jahren gängige Praxis sei, aber eben mit bilateraler Vereinbarung. Auch zwischen Deutschland und den Niederlanden besteht eine solche Abmachung. „Die Kommission will das deutlich ausweiten und spricht sich für eine gegenseitige Anerkennung von Lang-Lkw aus. Das halte ich für begrüßenswert, dann müssten auch bundesweit nicht immer die Einzelgenehmigungen der Landratsämter angefragt werden“, sagt Ferber. Allerdings bestünde noch reichlich Diskussionsbedarf mit Nachbarländern wie Österreich, das etwa den Lang-Lkw aus Sorgen um das eigene Straßennetz ablehne.

Ferber setzt sich zudem nach eigenen Angaben für die Realisierung des Vorschlags ein, die Lang-Lkw-Version für den drei 20-Fuß-ISO-Container zu ermöglichen, um so das meiste aus den sogenannten europäischen modularen Konzepten herauszuholen.

Wie es weitergeht? Laut Ferber machen sich jetzt die Abgeordneten ans Werk, Ferber etwa für die EVP-Fraktion, um entsprechende Änderungsanträge aufzusetzen. Dabei gehe es darum, Kompromisse zwischen dem Vorschlag und den Fraktionen zu erarbeiten, die später Grundlage der Abstimmung im Ausschuss sind. Frühestens im Februar 2024 werde der Ausschuss abstimmen, sagt Ferber: „Ich gehe nicht davon aus, dass der Beschluss und der Bericht des Berichterstatters noch vor der Europawahl 2024 im Juni zur Abstimmung in den Trilog gelangt“.

Unsicherheit in der Industrie

Laut Ferber ist das Thema Maße und Gewichte eingebettet in das Gesamt-Paket der EU-Kommission zum Thema Greening Freight – ebenso wie die Themen CO2-Flottengrenzwerte und die Euro 7-Abgasnorm. „Ich habe Gespräche mit den Lkw-Herstellern geführt, die wissen nicht, was künftig gilt. Auch die Aufliegerhersteller sind wegen der CO2-Ziele hoch nervös“, sagt der EVP-Angeordnete.

Für die Branche soll Sicherheit geschaffen werden – „es sollte vor allem darum gehen, dass Güter transportiert werden, und nicht darum, das Thema Maße und Gewichte für andere Ziele zu missbrauchen“, sagt Ferber mit Verweis auf die EU-Pläne, im Rahmen der Richtlinie auch den Führerschein der Klasse B für Fahrzeuge, die mit alternativen Kraftstoffen betrieben werden (auch Wohnmobile) mit einer zulässigen Gesamtmasse bis 4,25 Tonnen zuzulassen.

Auch der DSLV, der die Vorschläge begrüßt, weil damit der Weg über die Grenzen hinweg frei würde für die überlangen Fahrzeuge, hat noch Wünsche: „Wir würden uns natürlich auch eine entsprechende Regelung für den überlangen Sattelauflieger wünschen. Wir und unsere Mitgliedsunternehmen warten fast stündlich auf die Verkündigung der 12. Änderungsverordnung. Immerhin gibt es eine befristete Verlängerung für den Lang-Lkw Typ 1 bis Ende 2026. Das war wohl das Maximum, was der Bundesverkehrsminister mit dem Bundesumweltministerin aushandeln konnte. Für die Speditionen ist das natürlich im Hinblick auf weitere Investitionen in die überlangen Trailer absolut keine planbare Lösung“, sagt Ingo Hodea, Leiter Stückgut- und Systemlogistik sowie Straßenverkehrsrecht beim DSLV, gegenüber trans aktuell.

Vorschläge der Kommission zur Überarbeitung der Richtlinie 96/53/EG:

  • Geplant ist, den einfachen Einsatz längerer und schwererer Nutzfahrzeugkombinationen der europäischen Modularen Systeme (EMS, Lang-Lkw) im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten zu erlauben, wenn diese Fahrzeuge auf ihrem Territorium bereits zugelassen sind.
  • EU-Staaten, die ein Maximalgewicht von 44 Tonnen als reguläres Gesamtgewicht erlauben, sollen den Einsatz dieser Fahrzeuge auch im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen diesen Staaten ermöglichen können – unbefristet für Null-Emissions-Fahrzeuge, bis 31. Dezember 2034 befristet für Diesel-Lkw.
  • Die sogenannten Zero-Emission-Vehicle (ZEV) dürfen aufgrund des schwereren Antriebs zukünftig bis zu 44 Tonnen wiegen (aktuell 42 Tonnen), die höchstzulässige Achslast der Fahrzeuge soll von 11,5 auf 12,5 Tonnen angehoben werden.
  • Für den Einsatz von ZEV im Vor- und Nachlauf zum intermodalen Verkehr soll das Maximalgewicht um vier Tonnen auf dann insgesamt 48 Tonnen steigen.
  • Um bei den emissionsfreien Lkw mehr Platz für Batterien oder Brennstoffzellen einzuräumen, soll die maximale Fahrzeuglänge um 90 Zentimeter länger sein dürfen.
  • Für Lkw für die Fertigfahrzeuglogistik wird die maximale Ladelänge auf 20,75 Meter vergrößert – maximaler Ladungsüberhang vorne wäre dann 50 Zentimeter, hinten 1,5 Meter über die hintere Begrenzung des Fahrzeugs, sofern die letzte Achse des beförderten Fahrzeugs auf der Anhängerstruktur ruht.
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