Nach der Entscheidung der EU, künftig längere Lkw-Kabinen zuzulassen, haben erste Hersteller ihre Pläne veröffentlicht. Nach einer Umfrage von eurotransport.de wollen DAF, MAN, Mercedes, Volvo und Renault ihre europäischen Modelle durch leicht modifizierte, konzerneigene US-Hauber ersetzen.
Paukenschlag aus der Industrie: Nach der Mitte Februar beschlossenen Entscheidung der EU, ab 1. September 2020 längere Lkw-Kabinen zuzulassen, planen erste Hersteller damit, ihre europäischen Modelle durch US-Trucks aus dem Konzernbaukasten zu ersetzen. Die charakteristischen Hauber sollen damit zu Welt-Trucks werden, die global vermarktet werden können.
Auf diese Weise wollen die Hersteller zahlreiche Probleme zeitgleich angehen: Die künftig schärferen Regeln zum Schutz von Fußgängern und Radfahrern sollen durch die bessere Sicht der Fahrer über die im Falle eines Crashs leicht nachgebenden Hauben umgesetzt werden. Der lange Vorbau wiederum soll auch bei der Verringerung des CO2-Ausstoßes der Lkw helfen, da so die Aerodynamik massiv optimiert werden kann. Von Verbrauchseinsparungen bis 20 Prozent ist hier die Rede. Zuletzt sollen die größeren Kabinen dem Fahrermangel entgegenwirken – in noch unter Geheimhaltung liegender Verkaufsprospekte, die eurotransport.de vorliegen, sind Ausstattungsoptionen wie eine Duschkabine und ein WC aufgeführt. Mithilfe der großzügig geschnittenen Sleeper soll auch dem Vorstoß der EU Einhalt geboten werden, der die Verbringung der wöchentlichen Ruhezeiten im Lkw verbietet.
Actros XL auf Cascadia-Basis
Daimler will den Mercedes-Benz Actros beispielsweise durch einen leicht modifizierten Freightliner Cascadia ersetzen – das geht aus einem Schreiben des Konzerns an sein europäisches Händlernetz hervor. Demnach sollen die neuen Hauber in Europa als "Mercedes-Benz Actros XL" verkauft werden. Motor und Getriebe der US-Trucks bauen ohnehin schon auf der Actros-Basis auf – so verspricht sich die Daimler AG durch die Vereinheitlichung des Kabinen-Standards weitere Kosteneinsparungen in Millionenhöhe.
Ganz ähnlich wie Daimler gehen auch DAF und MAN die neuen EU-Längenregelungen an: Auf Nachfrage von eurotransport.de bestätigen die Lkw-Bauer Pläne, nach denen der DAF XF durch einen Peterbilt-Hauber und der MAN TGX durch ein Serienmodell auf Basis des International Catalist-Konzepts (siehe Bildergalerie) ersetzt werden sollen. Beide Unternehmen wollen ihre traditionsreichen Markennamen in Europa allerdings beibehalten.
Für Volvo Trucks gerät die Adaption des VNL für Europa noch simpler: Die Schweden werden ihren US-Truck gar nicht erst umbenennen, sondern ihn gleich 1:1 auch hierzulande in den Handel bringen. Stichtag hierfür ist der 1. Januar 2021. Die Konzernschwester Renault Trucks setzt dagegen auf einen krassen Image-Wandel: So soll der Fernverkehrs-Lkw T laut einer jungen Insiderin aus dem Presseteam ersatzlos gestrichen werden und hierfür der Mack Anthem an den Start gehen. Mit dem markanten Hauber wollen die Franzosen junge Fahrer für ihre Marke gewinnen und langfristig zum größten Lkw-Importeur Deutschlands aufsteigen.