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Here Technologies Ortsbezogene Daten im Fokus

Outdoor Tracking von Here Technologies Foto: Here Technologies

Here-Manager Peter Kueth arbeitet mit seinem Team an einer präziseren Lokalisierung. Er erläutert, welche Auswirkungen 5G hat.

trans aktuell: Here Technologies hat auf der Messe CES in Las Vegas zusammen mit ­Verizon eine präzisere Lokalisierung für die Navigation vorgestellt. Wie funktioniert sie?

Kueth: Wir stellen im Rahmen der Zusammenarbeit Verizon ortsbezogene Daten, Entwicklungstools und Programmierschnittstellen zur Verfügung. Somit erhält Verizon Zugang zu unserer Here-Plattform. Auf diese Weise sollen gemeinsame Anwendungen im 5G-Netz und in der Mobile Edge Access Platform, kurz MEC, von Verizon entstehen. Wir bündeln dazu unsere Expertise in den Bereichen ortsbezogene Daten, künstliche Intelligenz, Edge-Computing und dem Netz der Zukunft, 5G.

Und was steuert Verizon bei?

Das Netz von Verizon ermöglicht aufgrund der Ultrabreitband-MEC-Infrastruktur und der geringen Latenzzeiten weitreichende Konnektivität und damit die idealen Voraussetzungen. Zunächst werden wir gemeinsam in den Bereichen Fahrzeug- und Fußgängersicherheit arbeiten sowie an verbesserter Navigation für Lieferdienste, Mitfahrgelegenheiten und ähnliche Dienste.

Welche Vorteile bringt das für die Nutzer in der Praxis?

Zunächst einmal erhöht es die Sicherheit, gerade für Fußgänger im Straßenverkehr. Das geschieht durch die Kombination der 5G-Technologie und der Here-HD-Live-Map, unserer hochauflösenden, selbstheilenden Karte sowie unseres Dienstes Live ­Sense. ­Dabei handelt es sich um ein Software-Development-Kit, kurz SDK, mit dem sich Hindernisse, Fußgänger, Fahrradfahrer oder andere Fahrzeuge identifizieren lassen. Die erfassten Daten werden an die MEC-Plattform weitergeleitet, auf der eine KI die wahrscheinlichsten Bewegungsmuster von Fahrzeugen und Fußgängern vorhersagen wird. Fahrer werden dann automatisch vor einer möglichen Kollision gewarnt und können ausweichen.

Und in der Zustellung?

Hier profitieren Nutzer von erhöhter Effizienz, da beispielsweise Lieferdienste Ankunftszeiten besser vorhersagen können. Dazu setzen wir auf einen sogenannten Visual-Positioning-Service (VPS). Er erkennt bestimmte Standorte mittels Bild­erfassung sofort und sehr genau. Wir sprechen hier von einer Präzision von unter einem Meter. Der Vorteil des VPS gegenüber dem GPS ist, dass er nicht durch Funklöcher oder hohe Gebäude beeinträchtigt wird. Außerdem ist er nicht auf Remote Server angewiesen.

Gemeinsam mit SAP-Logistikpartner Leogistics haben Sie das Modul Transport-Management erweitert. Was bietet die Lösung?

Der Einsatz unserer Kartendaten ermöglicht eine bessere Planbarkeit von Ankunftszeiten und damit auch eine erhöhte Genauigkeit von benachbarten Prozessen wie Slot-Booking oder Wareneinfahrtskontrolle. Die Integration unserer Services in SAP hilft Kunden, die Effizienz zu steigern und ihre Prozesse zu verbessern. Dies führt letztlich zu pünktlicheren Lieferungen und zufriedeneren Kunden.

Bei Logistikdienstleistern sind meist andere TMS im Einsatz. Wie können diese Ihr Angebot nutzen?

Unsere Plattform verfügt über eine Vielzahl an offenen Schnittstellen. Somit ist es möglich, unsere Technologie in bestehende Lösungen zu integrieren. Wir funktionieren unabhängig vom Transport-Management-System.

In Sachen voraussichtliche Ankunftszeit, sprich ETA: Binden Sie auch Themen wie Standzeiten an der Rampe oder ähnliche Daten ein?

Wir sind in der Lage, solche Daten abzubilden. Unsere Plattform verarbeitet sämtliche ortsbezogenen Daten, so sie dort verfügbar sind. Echtzeitverkehrsdaten, historische Verkehrsdaten und aktuelle Wetterbedingungen fließen in die Routenkalkulation mit ein. Das erfüllt die Anforderungen der Transportindustrie.

Also ein wichtiger Trend …

Tatsächlich ist ETA ein immer wichtigerer Faktor, gerade im Kontext der Industrie 4.0, wo exakt aufeinander abgestimmte Lieferketten unabdingbar sind. Unsere Truck-Routing-Lösungen und unser Tracking-Portfolio ermöglichen sehr präzise Vorhersagen über die Reisedauer und die voraussichtliche Ankunftszeit von Lieferungen.

Dank boomendem Online­handel gewinnt die letzte Meile an Bedeutung. Haben Sie das ebenfalls auf der Agenda?

Tatsächlich kommen wir Ende des ersten Quartals für ausgewählte Kunden mit dem Produkt Here Last Mile auf den Markt. Unsere Lösung ermöglicht es dem Nutzer, die gesamte Flotte von Fahrzeugen und Fahrern unter der Berücksichtigung mehrerer Einschränkungen effizient zu planen.

Nun hält der Arbeitsalltag eines KEP-Zustellers aber viele Überraschungen bereit …

Dafür hat Here eine sogenannte Turn-by-Turn-Navigation entwickelt. In diese fließen nicht nur Echtzeitinformationen zum Verkehrsfluss ein. Vielmehr hilft eine dynamische Neuplanung dabei, auf Änderungen in letzter Minute zu reagieren. Das ist etwa dann der Fall, wenn ein Kunde sein Paket nicht entgegennimmt oder ein Fahrzeug ausfällt.

Here ist Teil der 5G Automo­tive Association (5GAA) für das autonome Fahren. Bringt die Kooperation auch schon heute Vorteile für die Navigation?

Unsere Mitgliedschaft bezieht sich nicht nur auf das autonome Fahren. Vielmehr geht es um vernetzte Mobilität allgemein. Mit dem kommerziellen Rollout von 5G werden sich natürlich Vorteile für die Navigation ergeben. Die höhere Bandbreite ermöglicht es, dem Fahrer und dem Navigationssystem mehr und bessere Daten bereitzustellen. Dies erhöht die Sicherheit im Straßenverkehr und trägt zu einer effizienteren Routenführung mit stets hochaktuellen Daten bei.

Mitsubishi und NTT haben gemeinsam in Here investiert. Was bedeutet das für das ­Unternehmen?

Wir sind sehr froh, solche starken neuen Partner als Investoren gewonnen zu haben. So können wir unsere Investorenbasis verbreitern und uns über den Automotive-Bereich hinaus aufstellen. Die Investitionen ermöglichen uns, in weiteren Industrien nachhaltig zu wachsen. Gleichzeitig stärken wir so unsere Präsenz im asiatischen Raum.

Here ist Partner der Digitalplattform RIO von Volkswagen Truck & Bus. Was steuern Sie zu der VW-Lösung bei?

Seit Juni 2016 nutzt RIO die Here-Location-Services, um ­ihren Lkw-Kunden Dienstleistungen und Services im Rahmen des Flottenmanagements anzubieten. Zusätzlich zu etwa Ortung oder Flottensteuerung stellt Here dabei aktuelle Informationen wie Verkehrsmeldungen oder Lkw-spezifische Restriktionen in Echtzeit zur Verfügung. Beide Dienste sind sowohl für den Desktop als auch für den mobilen Einsatz verfügbar.

Und wie geht’s dort weiter?

Im Rahmen der engen Kooperation mit RIO arbeiten wir an weiteren neuen Service-Optionen, um den wachsenden Anforderungen an Flottenbetreiber und Fahrer gerecht zu werden. Dazu gehört die intelligente Nutzung der Flotte wie Kraftstoff- und CO2-Reduktion, aber auch aktuelle Themen wie Platooning und E-Lkw.

Was glauben Sie, wann wird die Vi­sion einer hoch automatisierten Mobilität im Straßengüter­verkehr Realität?

Das kann natürlich niemand genau vorhersagen. Jedoch wird die hoch automatisierte Mobilität schrittweise erfolgen. Bevor autonome Trucks über die Fernstraßen rollen, werden sich Assistenzsysteme und teilautonome Technologien weiterentwickeln.

Und abseits öffentlicher Straßen?

In Warenlagern und auf Werksgeländen werden wir fortgeschrittene autonome Mobilität wesentlich eher erleben. Das hat zwei Gründe. Erstens erfolgt hier die Automatisierung auf einem begrenzten, überschaubaren Raum. Das ist leichter umzusetzen. Der zweite Grund ist der neue Mobilfunkstandard 5G. Unternehmen können 5G-Lizenzen erwerben, um eigene Netze auf Werksgeländen einzurichten. Das erleichtert die Vernetzung und Automatisierung von Fahrzeugen auf dem Werksgelände ungemein. Es ist nicht auszuschließen, dass der Übergang zur automatisierten Mobilität im Straßengüterverkehr über diesen Weg führen wird.

Zur Person

Peter Kueth von Here Technologies Foto: Here Technologies
Peter Kuth von Here Technologies
  • Peter Kueth ist ­Senior Product Marketing Manager bei Here ­Technologies
  • Er ist weltweit verantwortlich für den Bereich Supply-Chain und Government-Market im Product-Marketing-Team
  • Kueth verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung in verschiedenen Industrien, darunter Geo­daten und ortsbezogene Technologien, Biochemie und Data-Center-­Technologien
  • Zuvor war er Global Product Manager für die Internet-of-Things-Strategie beim Anbieter von Ingenieurdienstleistungen Emerson aus den USA
Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
transaktuell 01 2020 Titel
trans aktuell 01 / 2020
24. Januar 2020
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