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Gefahrgut Batterien Ohne Bescheinigung wird es teuer

Elektrotransporter Foto: Andreas Wolf

Bei Batterien gilt bald kein Transport ohne Prüfzusammenfassung. Ansonsten droht ein Bußgeld wegen dieser Ordnungswidrigkeit.

Ob Elektrowerkzeuge, Scooter, Fahrräder, Autos oder Gartengeräte – in vielen täglich genutzten Geräten und Fahrzeugen finden sich Lithium-Batterien, die grundsätzlich als Gefahrgut eingestuft sind. Ihr Transport könnte zum 1. Januar 2020 auf dem Spiel stehen, denn er ist dann nur noch bei Vorliegen einer Prüfzusammenfassung erlaubt. Wer der Gesetzgebung zum Trotz ohne das Dokument unterwegs ist, geht ein großes Risiko ein. Bislang war es für Versender und Transportunternehmen noch möglich, das Thema trotz seiner Brisanz irgendwie auszublenden. Aber eine einjährige Übergangsregelung bei der Verschärfung der Gefahrgutbeförderung nach UN 38.3.5. läuft am 31. Dezember 2019 aus. Ab dann wird von Herstellern oder Vertreibern von Lithiumbatterien verpflichtend eine Prüfzusammenfassung für Akkus verlangt, die in der gesamten Lieferkette zwingend vorliegen muss. Absender, Beförderer oder Verlader, die einen Auftrag annehmen wollen, müssen sich vorher vergewissern, ob eine Prüfzusammenfassung vorliegt. Wer diese Vorschrift ignoriert und erwischt wird, zahlt für die Ordnungswidrigkeit bis zu 1.500 Euro Bußgeld.

Neue Rechtslage ab 2020

Aber nicht nur das. „Entsteht beim Verladen oder beim Transport einer Lithiumzelle oder -batterie ein Schaden, müssen der Auftraggeber des Absenders, der Absender selbst und/oder der Verlader damit rechnen, in unbegrenzter Höhe in Haftung genommen zu werden“, sagt Prof. Norbert Müller, der bei DB Schenker als Welt-Gefahrgutbeauftragter tätig ist. Versicherungen können im Brandfall nämlich die Zahlung verweigern, wenn keine Prüfzusammenfassung vorliegt. DB Schenker hat seine Kunden bereits per Rundschreiben informiert, dass ohne eine solche Bescheinigung ab Januar 2020 keine Beförderung mehr stattfinden kann, Streck Transport aus Lörrach berichtet das gleiche. „Bei Schenker werden wir ab 1. Januar 2020 Aufträge für die Beförderung von Lithium-Batterien nur noch annehmen, wenn der Kunde uns die Prüfzusammenfassung vorlegen kann“, sagt Müller. Das gilt für den Landverkehr sowie für See- und Luftfracht. „Ohne Prüfzusammenfassung läuft bei uns nichts“, unterstreicht auch der Gefahrgutbeauftragte von Streck Transport, Thomas Winter. Oftmals ist das Problem mit der Ware, die sehr schnell sehr heiß werden kann, aber immer noch verkannt.Mit dem zunehmenden Einsatz von Lithium-Ionen-Akkus oder Lithium-Metall-Batterien steigt jedoch ihr Gefährdungspotenzial, und ein großer Treiber ist insbesondere die Elektromobilität.

Gilt auch für verbaute Batterien

Betroffen von der Neuregelung mit der Prüfzusammenfassung sind sowohl Zellen und Batterien für sich allein als auch solche, die in Geräten oder Fahrzeugen wie Pkw oder Gabelstaplern verbaut sind. Grundsätzlich mussten die Hersteller ihre Produkte auch bisher schon testen, denn Lithium-Batterien haben eine sechs Mal höhere Energiedichte als beispielsweise Blei-Säure-Akkus. „Der Lithium-Ionen-Akku eines E-Bikes hat die Power einer herkömmlichen Pkw-Batterie“, betont Winter. „Aber das Problem ist, die Menschen sehen die Gefahr nicht.“Diese Gefahr zeigt sich dann bei Unfällen. So hat die Explosion eines E-Bike-Akkus in Hannover 2017 ein Parkhaus in Brand gesetzt, der Schaden belief sich auf eine halbe Million Euro. Allein 300.000 Euro Schaden am Gebäude verursachte ein defekter Akku in einem Fahrradladen in Bad Vilbel 2018. Und im September 2019 setzte ein im Hinterhof geparktes E-Fahrrad in Mainz ein Wohnhaus in Brand. Das sind nur einige Beispiele, die zeigen, dass mit dem Problem nicht zu spaßen ist. Klar macht das auch eine Liste der US-Luftfahrtbehörde FAA, die bislang in diesem Jahr 33 Vorkommnisse mit Lithium-Batterien verzeichnet. Zu den aufgelisteten Vorkommnissen gehört auch der Brand einer 1.200-Wattstunden-Lithium-Ionen-Batterie in einem Lager in Los Angeles im Juni. Diese Batterie entzündete sich nach dem Löschen mehrmals neu. Unterwegs war sie via US Mail, British Airways war der Carrier – die Batterie war nicht als Gefahrgut gekennzeichnet.

Das Dokument

Diese Infos müssen in einer Prüfzusammenfassung bereitgestellt werden:

  • Name des Zellen-, Batterie- oder Produktherstellers
  • Kontaktinformationen des Zellen-, Batterie- oder Produktherstellers
  • Name des Prüflabors, inklusive aller Kontaktinformationen
  • eine eindeutige Prüfberichtsidentifikationsnummer
  • Datum des Prüfberichts
  • eine detaillierte Beschreibung der Zelle oder Batterie
  • Liste der durchgeführten Prüfungen und Ergebnisse
  • Verweis auf Prüfanforderungen für zusammengesetzte Batterien
  • Verweis auf die verwendete überarbeitete Ausgabe des Handbuchs über Prüfungen und Kriterien und etwaige Änderungen dazu
  • Unterschrift mit Namen und Titel des Unterzeichners als Hinweis auf die Gültigkeit der bereitgestellten Informationen

Quelle: UN-Handbuch Prüfungen und Kriterien 38.3.5

Unterschätztes Risiko

Schenkers Gefahrgut-Experte Prof. Norbert Müller über Fallstricke beim Batterietransport

trans aktuell: Prof. Müller, was kommt zum 1. Januar auf die Transportbranche in Sachen Transport von Lithium-Batterien zu?

Norbert Müller: Der Auftraggeber für einen Transport ist dann in der Pflicht, sich zu vergewissern, ob eine Prüfzusammenfassung vorliegt, das fordert der Gesetzgeber. Wir als Absender müssen bei der Auftragserteilung – ob an uns selber oder an Subunternehmen – sicher sein, dass die Voraussetzungen für die Beförderung erfüllt sind. Bereits im Sommer 2016 hatte der internationale Lithium-Batterieverband ja von sich aus diese Testzusammenfassung bei den Vereinten Nationen vorgeschlagen.

Muss unbedingt eine Prüfzusammenfassung vorliegen oder kann es auch der längere Testreport sein?

Manche Kunden schicken uns der Einfachheit halber den ganzen Testreport, und das ist genauso akzeptabel. Das Prüflabor hat ja auch hier mit einer verantwortlichen Person unterschrieben. Die zehn Punkte, die in der Zusammenfassung vorgeschrieben sind, müssen natürlich auch in dem Basisdokument enthalten sein. Bei uns gibt es dafür eine Checkliste, und nur wenn alle Punkte abgehakt worden sind, darf der Auftrag angenommen werden.

Das ist aber Mehrarbeit für Schenker …

Ja. Aber es gibt keine Alternative. Der Auftraggeber muss sicherstellen, dass die Beförderung nicht verboten ist. Der Testreport muss ja schon seit 20 Jahren vorhanden sein, aber er war nie Bestandteil der Logistikoperation, das spielte sich zwischen Verkäufer und Käufer ab. Jetzt ist das in die Gefahrgutvorschriften gewandert und Teil der Supply Chain.

Wie gehen Ihre Kunden mit der Situation um?

Die schreiben ihre Lieferanten genauso an und fragen sie nach der Testzusammenfassung.

Batterien können ja auch durchaus gefährlich sein …

Da muss man sich ja nur einmal die Unfälle anschauen, von denen die Medien berichten. Wir haben hier ein Transportgut, das sicherheitstechnisch noch nicht ausgereift ist. Aber wir haben es trotzdem auf den Lkw, den Schiffen und Flugzeugen. Damit ist tatsächlich ein Risiko verbunden.

Wie sehen Sie die künftige Entwicklung?

Es wird mehr dieser Batterien geben und eine Arbeitsgruppe will die Risiken der Lithium-Batteriebeförderung noch einmal ganz neu bewerten. Bislang waren die Anforderungen sehr großzügig und basierten ja nicht auf Versuchen, sondern ging es ja eher um das, was man der Industrie zumuten wollte. Vorgesehen sind auch Tests, diese Arbeiten werden aber frühestens in vier bis fünf Jahren abgeschlossen sein. Dann werden auch die Verpackungsanforderungen anders aussehen. Wo heute ein Pappkarton ausreicht, muss es vielleicht künftig eine Bleiummantelung geben.

Kann es eigentlich zu einem Flugzeugabsturz aufgrund einer defekten Batterie kommen?

Das ist das schlimmste Szenario, das man sich vorstellen kann. Das möge Gott verhüten. In der Batterie steckt ein systemisches Risiko. Deshalb ist auch die Gefahrgutklasse 9 völlig falsch, denn sie nimmt nur auf, was bei 1 bis 8 nicht untergebracht werden kann. Diese Batterien gehören als selbstentzündlich in die Gefahrgutklasse 4.2. Wir haben eine völlige Unterbewertung des Risikos durch die Sammelklasse 9. Das wird der tatsächlichen Gefahr überhaupt nicht gerecht.

Foto: DB Schenker
Schenkers Gefahrgut-Experte Prof. Norbert Müller.

Zur Person

  • Prof. Dr. Norbert Müller ist seit 1989 im Logistikgewerbe tätig
  • 1997 hat ihn die IHK Duisburg zum Sachverständigen für Gefahrguttransport und -lagerung öffentlich bestellt und vereidigt
  • Seit 2007 ist Müller beim Logistiker DB Schenker der Welt-Gefahrgutbeauftragte und unterrichtet seit 2008 nebenberuflich an der SRH Hochschule in Hamm
Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
ta 22 Titel
trans aktuell 22 / 2019
8. November 2019
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