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Expertenportal von eurotransport.de Was Arbeits- und was Bereitschaftszeit ist

Digitaler Tachograf, Arbeitszeiten, Arbeits- und Bereitschaftszeit, Smartphone, digital Foto: VDO

Was ist Arbeits-, was ist Bereitschaftszeit? In der Transportbranche finden sich darauf viele Antworten. Deshalb wenden sich auch viele mit genau dieser Frage an das Expertenforum von eurotransport.de. Wir fassen die Antworten der Experten zusammen.

Was als Arbeitszeit im Transportgewerbe zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber in § 21a des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG, "Beschäftigung im Straßentransport") festgehalten. Auf diese Regelung beziehen sich auch die Tarifverträge des Gewerbes. Allerdings sind viele Unternehmen zunehmend nicht tarifgebunden – und interpretieren zuweilen die Regelung in einer ganz eigenen Art und Weise.

Eine solche Variante findet sich etwa in der Baulogistik: "Es wird von uns Fahrern verlangt, dass wir, während wir in der Grube stehen und auf Beladung warten, die Bereitschaftstaste im digitalen Kontrollgerät drücken. Auch von den Betonmischer-Fahrern möchte die Geschäftsleitung, dass die Bereitschaftstaste gedrückt wird", beginnt eine Anfrage im Expertenforum von eurotransport.de.

Ist das Warten auf die Beladung nun als Bereitschaftszeit zu sehen oder gehört der Vorgang zur regulären Arbeitszeit im Schüttgutbereich? "Wir sind der Meinung, dass es nicht zur Bereitschaftszeit zählt, da es schnell zur Beladung kommen kann oder auch mal länger dauert", lässt die Fahrerin wissen.

Götz Bopp, Abteilungsreferent Güterverkehr und Logistik bei der IHK Stuttgart, rät davon ab, gleich auf Bereitschaftszeit zu gehen. "Elementare Voraussetzung ist, dass die Wartezeit, bis es mit dem Beladen weitergeht, im Vorfeld bekannt ist." Er rät, in dem genannten Fall nach der Ankunft an der Ladestelle erst mal noch auf "Arbeitszeit" zu drücken und frühestens nach ein paar Minuten auf "Bereitschaftszeit" zu wechseln – dann, wenn man Informationen eingeholt hat, wie lange die Wartezeit dauern wird.

Experte für Sozialvorschriften und Güterverkehr

Laut Bopp, der im Expertenforum von eurotransport.de für Fragen zu Sozialvorschriften und Güterverkehr Auskunft gibt, ist in diesem Fall bei einer engen Auslegung folgendermaßen vorzugehen: Wenn zum Beispiel 15 Minuten Wartezeit angekündigt wurden, die Beladung aber erst nach 25 Minuten stattfindet, ist nach den 15 Minuten auf "Arbeitszeit" umzustellen.

"Jedenfalls sollten Sie nicht auf Pause, also "Bett", drücken. Eine Pause beziehungsweise Fahrtunterbrechung liegt nur dann vor, wenn Sie diesen Zeitraum ausschließlich zur Erholung nutzen und frei über die Zeit verfügen können." Wenn der Fahrer "passiv" tätig sei, etwa "im Sinne von Überwachung der Ladetätigkeit", gelte das nicht als Pausenzeit. "Während einer Pause sind Sie für Ihren Arbeitgeber oder andere Kollegen nicht ansprechbar", sagt der Experte.

Die Wartezeit beim Kunden als Bereitschaftszeit zu verbuchen, hat einem anderen Fahrer eine Abmahnung eingebracht. Der Vorwurf: "Die Wartezeit beim Kunden, mit Zeitangabe von etwa einer halben bis dreiviertel Stunde" hätte stattdessen nach Ansicht der Firma als Pause eingebucht werden sollen.

Bei entsprechender Länge: Fahrtunterbrechung

Dabei hat der Fahrer korrekt gehandelt: "Es ist richtig, dass die geschilderten Zeiten als Bereitschaftszeiten zu schalten sind und dann, wenn sie eine entsprechende Länge betragen, als Fahrtunterbrechung beziehungsweise als Teil einer Fahrtunterbrechung gelten", sagt Fred Dremel, ebenfalls Experte für Sozialvorschriften auf eurotransport.de.

Demnach ist eine Fahrtunterbrechung gemäß Artikel 4d der VO (EG) 561/06 definiert als jeder Zeitraum, in dem der Fahrer keine Fahrtätigkeit ausüben und keine anderen Arbeiten ausführen darf und der ausschließlich zur Erholung genutzt wird. "Diese Zeiten sind jedoch keine Pause im Sinne des Arbeitszeitgesetzes", sagt Dremel, der sich als Betriebsprüfer viele Jahre mit den Lenk- und Ruhezeiten befasst hat. "Der §21a besagt ausdrücklich, dass diese Zeiten keine Ruhepausen sind. Hierzu bedarf es einer ausdrücklichen Freistellung durch den Arbeitgeber."

Der Chef beziehungsweise der Disponent planen in der Regel den Einsatz des Fahrers und wissen ja meist, was zu beachten ist. Was aber, wenn der Fahrer pünktlich ist, vom Rampenpersonal aber auf einen anderen Zeitpunkt vertröstet wird? Hier weiß Rechtsanwalt Harry Binhammer aus Heilbronn Rat.

Bei Verzögerung von Be- und Entladung: Dispo und Vorgesetzten informieren

Sollte sich die Be- und Entladung über einen akzeptablen Zeitpunkt hinaus weiter verzögern, rät Binhammer, die Dispo oder den Vorgesetzten zu informieren, die dann entscheiden müssen. "Auf keinen Fall sollte der Fahrer selbst entscheiden, was zu tun ist", sagt er. Sich nach der Ansage des Rampenpersonals zu richten, könne problematisch werden – diese Mitarbeiter haben schließlich keine Weisungsbefugnis dem Fahrer gegenüber. Besser ist es, die eigene Dispo oder den Vorgesetzten entscheiden zu lassen, was passieren soll, wenn der Fahrer auf das Abladen wartet und sich seine Arbeitszeit deswegen langsam auf die erlaubten zehn Stunden summiert.

Ist es rechtmäßig, wenn Unternehmen ihre Fahrer schriftlich anweisen, alle Wartezeiten als Bereitschaftszeiten zu dokumentieren und bei Zuwiderhandlung mit Abmahnung oder einer reduzierten Arbeitszeit zu drohen? "Jedes Stehen beziehungsweise Warten pauschal als Bereitschaftszeit zu werten, ist falsch", sagt der Fachanwalt.

Wenn der Disponent den Fahrer auffordert, auf Pause zu schalten, sollte der Fahrer darauf noch mal ausdrücklich nachfragen, ob er tatsächlich Pause machen soll und wie lange er Pause habe. "Wichtig ist, dass Sie für sich aufschreiben, was sich ereignet, was angewiesen wird und was tatsächlich passiert. Nur so können Sie nachweisen, wie viel Sie gearbeitet haben." Laut Binhammer ist eine Abmahnung oder gar Kündigung unwirksam, wenn falsche Anweisungen unter Verstoß gegen das ArbZG vorgenommen werden.

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Markus Werner Fachanwalt für Arbeitsrecht
Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
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