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Dauerbrenner Zu wenig Parkplätze für Lkw

Foto: Archiv

Trotz etlicher Bemühungen entspannt sich die Parkplatzsituation an Autobahnen und auf Autohöfen kaum. Gewerbegebiete sind nur selten eine Alternative.

Landkreis Regensburg: Ein slowakischer Lastzug fährt auf der A 3 Richtung Passau. Gegen 3.30 Uhr streift er am Parkplatz Tiefenthal einen in der Verzögerungsspur parkenden rumänischen Lastzug. Dadurch verliert der 53-jährige Slowake die Gewalt über seinen Lkw und kracht in zwei weitere dort abgestellte ungarische Lastwagen. Alle drei Fahrzeuge fangen sofort Feuer und brennen teilweise völlig aus. Der Unfallfahrer stirbt in den Flammen. Nur wenige Tage zuvor im oberbayrischen Landkreis Traunstein: Ein BMW-Fahrer biegt kurz nach Mitternacht in die Rastanlage Hochfelln Süd an der A 8 ein. Dort prallt er gegen einen verbotener Weise abgestellten slowenischen Lastzug und stirbt. »Wir brauchen dringend zusätzliche Lkw-Stellplätze auf den Autobahnen, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen«, mahnt daraufhin Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und fordert, das eingeleitete Ausbauprogramm zu beschleunigen. Um den 2008 festgestellten Fehlbedarf von mindestens 3.500 Lkw-Stellplätzen zu decken, hatte Herrmann ein Fünf-Punkte-Programm initiiert. 

Bis 2013 sollen 3.600 Stellplätze verfügbar sein

Demnach sollen bis 2013 an den bayrischen Autobahnen 3.600 zusätzliche Stellplätze verfügbar sein. Bisher wurden 927 neue geschaffen und 600 werden gegenwärtig gebaut. Wie das bayrische Innenministerium mitteilt, soll auch das Stellplatzangebot der privaten Autohöfe bestmöglichst ausgeschöpft und erweitert werden, um rund 1.000 zusätzliche Stellplätze zu gewinnen. Bisher gibt es dort rund 500 mehr. Zur optimalen Auslastung erprobt die Straßenbauverwaltung verschiedene Erfassungs- und Steuerungsmaßnahmen. Dadurch erfahren die Fahrer frühzeitig, wo frei ist. »Wir wollen dafür sorgen, dass die Lkw-Fahrer sicher und ausgeruht an ihr Ziel kommen«, betont Dr. Andreas Scheuer (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Schließlich erhielt das Parkplatzthema im Aktionsplan Güterverkehr und Logistik hohe Priorität. Denn durch die verbesserten Arbeitsbedingungen, um die Lenk- und Ruhezeiten einhalten zu können, werde auch eine höhere Verkehrssicherheit erreicht.

Bis 2015 fehlen 21.000 Stellplätze

Angesichts der prognostizierten Verkehrszuwächse hätte dieser Problematik schon wesentlich eher politischer Aufmerksamkeit und Entscheidung bedurft, kritisiert der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). Erst als im März 2008 die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) die Parkplatzsituation untersuchte und einen bundesweiten Mangel von 21.000 Stellplätzen bis 2015 konstatierte, wurde reagiert. »2008 gab es rund 28.500 Lkw-Parkstände auf Rastanlagen und rund 17.500 auf privaten Autohöfen«, bilanziert Scheuer. Nun sollen bis 2012 auf den Autobahnrastanlagen insgesamt 11.000 zusätzliche Lkw-Stellplätze entstehen, was einen Zuwachs von 40 Prozent bedeutet. Bisher wurden davon mehr als 6.300 realisiert. »Der Bund hat die Haushaltsmittel für den Bau von Rastanlagen erheblich aufgestockt und stellt den Ländern für die Jahre 2011 bis 2014 Haushaltsmittel in Höhe von mindestens 480 Millionen Euro zur Verfügung. Schwerpunktmäßig werden die Lkw-Parkstände in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen geschaffen. Dort ist der Bedarf am größten«, sagt der Staatssekretär. »Angesichts der Verkehrsprognosen und der Ergebnisse der BASt-Erhebung ist dies jedoch bei weitem nicht ausreichend«, sagt BGL-Sprecher Martin Bulheller.

Hamburg fühlt sich abgekoppelt

Auch die Hansestadt Hamburg fühlt sich von dem Aktionsprogramm abgekoppelt. Bereits vor Jahren gab es am A 1-Rasthof Buddikate Spitzenüberlasten von 200 Prozent. »Sind hier ausreichend neue Parkplätze entstanden?«, fragt Frank Wylezol, Geschäftsführer des Verbandes Straßengüterverkehr und Logistik Hamburg (VSH). Auch um die Hafenstadt herum müsste »im Hinblick auf eine zeitgenaue Einfahrt in den Hamburger Hafen noch mehr geschehen, um just in time stauminimierend Container in den Hafen zu bringen und herauszuholen«, fordert Wylezol. 

Widerstand bei Anliegern

Doch die Baupläne sind nur eine Seite der Medaille. »Leider stoßen Aus- und Neubaumaßnahmen häufig auf massiven Widerstand bei Anliegern«, sagt Bayerns Minister Herrmann. Ähnliches erlebte auch die Präsidentin des Landesverbandes des Berliner und Brandenburger Verkehrsgewerbes (LBBV), Brigitte Meisel: »Eigentlich sollte bei Rangsdorf/Klein Kienitz ein Autohof entstehen. Ein Investor war da. Doch die Kommune hat das Vorhaben wegen befürchteter Lärmbelästigung abgelehnt.« Vor Ort demonstriert auch die norddeutsche Bürgerinitiative »Rastplatzwahnsinn« gegen den Ausbau der A 7-Raststätten Hasselhöhe, Ohlendorf, Ramelsloh und Seevetal Ost sowie gegen den Neubau der zusätzlichen Anlage Elbmarsch. Auch wenn sie Alternativlösungen vorschlagen, ziehe das die Umsetzung nur in die Länge. Nach der krisenbedingten Talfahrt hat der Lkw-Verkehr fast das Vorkrisenniveau erreicht. So mangele es trotz aller Fortschritte in den Abend- und Nachtstunden an Parkplätzen, erklärt der BGL. »Viele Lkw-Fahrer sehen sich gezwungen, zur Einhaltung ihrer Lenk- und Ruhezeiten auf nicht für Lkw vorgesehenen Stellflächen zu parken«, sagt Bulheller. Daher hat Herrmann die bayrischen Polizisten angewiesen, in den Einfahrtsbereichen von Autobahnparkplätzen strenger zu kontrollieren und verbotswidrig geparkte Lkw sofort wegfahren zu lassen. Mangels Alternative ist das aber keine Lösung.

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