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Carsten Hansen vom BIEK im Interview Alles für einen effizienteren Lieferverkehr

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Seit Anfang Juli ist Carsten Hansen der Beauftragte für Innenstadtlogistik beim BIEK und steht damit als zentraler Ansprechpartner für die Unternehmen der gesamten KEP-Branche sowie für Städte und Gemeinden zur Verfügung. Im Interview spricht er sich für mehr Zusammenarbeit auf der letzten Meile aus.

KEP aktuell: Herr Hansen, Sie kommen aus einem Quasi-­Beamtenverhältnis. Warum haben Sie die Aufgabe beim BIEK (Bundesverband Paket und Expresslogistik) angenommen?

Carsten Hansen: Das ist wohl in der Tat erläuterungsbedürftig. Ich habe 24 Jahre für die kommunale Selbstverwaltung sowohl auf regionaler Ebene für den Sächsischen Städte- und Gemeindetag in Dresden als auch auf Bundesebene beim Deutschen Städte- und Gemeindebund gearbeitet. Ich habe einen sehr guten Überblick bekommen und festgestellt, dass es oftmals Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Wirtschaft und Kommunen gibt. Manchmal hapert es bei Projekten, wo eine gemeinsame Lösung angestrebt wird, am Verständnis für die Gegenseite. Ich will im Bereich der Innenstadtlogistik erreichen, dass die Beteiligten einander verstehen und darauf ihre Erwartungen aufbauen, um gemeinsam zum Ziel zu kommen: effizienter, stadtverträglicher Lieferverkehr.

Foto: BIEK
Carsten Hansen, BIEK
Viele Unternehmen beklagen sich darüber, dass die Kommunen fürchterlich schwerfällig sind, dass alles so lange dauert und sie mitunter völlig anders entscheiden als zunächst angekündigt. Warum ist das so?

Das liegt daran, dass die Willensbildungssysteme in einer Kommune völlig anders funktionieren als in einem Unternehmen. Hier sitzen gewählte Stadträte, die nach politischen Mehrheiten handeln. Findet zwischenzeitlich aber eine Wahl statt und ändert sich damit die politische Farbe der Mehrheit, hat das natürlich Auswirkungen auf die Entscheidung einer Stadt. Zudem müssen Städte und Gemeinden Daseinsvorsorge­aufgaben erledigen. Wenn sich hier einschneidende Änderungen ergeben, die sich auf die Verwendung der Haushaltsmittel oder auf die Personalkapazität auswirken, können schon beschlossene Pläne in den Hintergrund rücken.

Könnte nicht der Bürgermeister dem Stadtrat erklären, was Sache ist, und so eine schnelle Entscheidung fällen?

Leider nein. Es gibt viele vorgelagerte Prozesse, beispielsweise die Bürgerbeteiligung, bei der man Anhörungsfristen einhalten muss. Das geht alle Bürger auch direkt etwas an. Sie müssen informiert werden und die Möglichkeit haben, ihre Meinung einzubringen. Darauf muss die Verwaltung reagieren und eine Vorlage erarbeiten. All das wirkt in der Außenwahrnehmung immer ungeheuer behäbig. Tatsächlich ist es aber eine strikte Abfolge von Prozessen und Terminen. Oder der Bürgermeister muss eine Entscheidung des Stadtrats herbeiführen, wenn es sich um bedeutende Themen handelt.

Können Sie mit Ihren Erfahrungen und Kenntnissen Vorgänge beschleunigen?

Davon bin ich überzeugt. Ich kann durch gezielte Information Prozesse abkürzen. Ob die politische Diskussion vor Ort dann andauert, liegt natürlich bei den Städten.

Wie könnte das den KEP-Diensten nützen, die Sie ja nun über den BIEK vertreten?

Viele Städte und Gemeinden haben keine richtige Vorstellung vom Wirtschaftsverkehr in ­ihrer Umgebung. Sie nehmen Pkw, Lkw und auch die Fahrzeuge der KEP-Dienste zwar wahr, wissen aber nicht, woher diese kommen, wohin sie fahren, wo Aufkommensschwerpunkte liegen, wie viele das sind oder wie viele Kilometer sie tagtäglich zurücklegen. Städte oder Gemeinden können natürlich mit großem Aufwand Verkehrszählungen betreiben und bekommen damit die Momentaufnahme eines Tages.

Oder?

Oder es kann ein Vertreter, also in unserem Fall ich, für die KEP-Branche sprechen und den Kommunen generalisierte Daten zur Verfügung stellen, die wir in unserer KEP-Studie aufbereitet haben. Wir können sagen, wie hoch das Sendungsaufkommen ist und was das für den Verkehr bedeutet, der dadurch ausgelöst wird. Eine Kommune weiß nicht, was es heißt, wenn sie pro Jahr eine Million Paketsendungen für Bürger und Unternehmen bekommt. Die KEP-Dienste können das in Fahrten übersetzen.

Stuttgart hat für 2019 Fahrverbote für alte Diesel angekündigt, um die Luftqualität zu verbessern. In Hamburg wurden schon Straßen gesperrt. Sie selbst sind in Berlin. Wie soll die Kommunikation mit den deutschen Städten künftig ablaufen?

Es ist natürlich bei einer Zahl von 11.000 Städten und Gemeinden illusorisch, alle einzeln ansprechen zu wollen. Da ich aus dem Verbandsbereich komme, kenne ich die kommunalen Spitzenverbände und deren Strukturen. Ich weiß, wen ich ansprechen muss, um die besonders belasteten und interessierten Städte zu erreichen.

Also profitieren auch die Kommunen davon, dass Sie zum BIEK gewechselt sind?

Ja, natürlich. Sie haben jetzt jemanden in der KEP-Branche, der weiß, wie Kommunen funktionieren. Ich kann deren Bedürfnisse in der KEP-Branche formulieren und umgekehrt die Bedarfe der KEP-Branche in die Kommunen tragen. Rund 90 Städte haben die von der EU vorgeschriebenen Grenzwerte überschritten. Weil dort der Problemdruck am höchsten ist, gehe ich auf die als Erstes zu.

Was wollen Sie konkret erreichen?

Viele Städte haben Ladezonen eingerichtet, wo ­Lieferfahrzeuge halten können. Die sind aber häufig von Pkw zugeparkt und nützen damit nichts. Hier sollten die Ordnungshüter stärker kon­trollieren. Das ist ein Ansatzpunkt bei den Kommunen, die ja daran interessiert sind, dass der Verkehr fließt. Oder nehmen wir das Konzept der Mikrodepots, von denen aus mit Lastenrädern oder zu Fuß emissionsfrei zugestellt wird. Kommunen können das wesentlich unterstützen, wenn sie dafür Flächen bereitstellen. Ich will ihnen verdeutlichen, worum es geht, und erreichen, dass sie sich Gedanken darüber machen, wie sie die KEP-Branche unterstützen können. Meine Aufgabe ist es, sie für die Themen zu sensibilisieren.

Wohin führt Ihr erster Weg?

Im Moment ist natürlich Stuttgart interessant. Aber auch Düsseldorf ändert derzeit seinen Luftreinhalteplan. Bevor es zu Regulierungen kommt, wollen wir beratend tätig werden.

Wie sind Sie auf die Idee gekom­men, sich der KEP-Branche ­zuzuwenden?

Die Frage, wie sich Lieferlogistik effizienter gestalten lässt, gibt es ja schon seit Ende der 1990er-Jahre. Das Thema hat mich demnach mein ganzes Berufsleben lang begleitet. Es ist mir nicht fremd, und ich kenne die Relevanz. Die Situation verschärft sich ja vermutlich noch, denn die KEP-Branche verzeichnet seit Jahren steigende Mengen beim Sendungsaufkommen. Es gab zwischen dem BIEK, dessen Geschäftsführer Marten Bosselmann sowie dem Städte- und Gemeindebund viele Diskussionen, an denen ich beteiligt war, sodass wir uns auch persönlich kannten, bevor ich die Aufgabe übernommen habe. Mir wurde dabei klar, dass es sinnvoll sein könnte, wenn ich meine Blickrichtung ändere. Mein Ziel ist es, die Unternehmen von Einzelanfragen zu entlasten und den Kommunen klar zu machen, dass es nun einen gemeinsamen Ansprechpartner gibt, bei dem man sich über neue Konzepte oder Möglichkeiten erkundigen kann. Ich will erreichen, dass diese sich dauerhaft mit dem Thema Logistik beschäftigen.

Verbände für gute Citylogistik

Deutscher Städtetag (DST), Deutscher Städte- und Gemeindebund (DStGB), Handelsverband Deutschland (HDE) und Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) haben eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet. Der Katalog enthält die Ankündigung, Lieferfahrzeuge nach und nach auf alternative Antriebstechnologien umzustellen. Die Verbände wollen außerdem die Konzepte zur Verkehrsvermeidung weiterentwickeln, etwa Mikrohubs.

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