ADAC Truck Symposium 2023 Fahrermangel, Parkplatznot und alternative Antriebe

ADAC Truck Symposium Foto: Markus Bauer 6 Bilder

Wie wird die Logistik zukunftsfit? Das ist die zentrale Frage des ADAC Truck Symposiums 2023 auf dem Truck-Grand-Prix.

400.000 Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer. Das ist die Lücke, die es in der europäischen Transportwirtschaft zu stopfen gilt. Dazu kommt für die mittel- und westeuropäischen Unternehmen zusätzlicher Druck aus Osteuropa. Schon heute beträgt der Anteil osteuropäischer Unternehmen an der Transportleistung in Deutschland laut BGL-Chef Prof. Dr. Dirk Engelhardt 40 Prozent.

Fahrermangel: Auch die Unternehmer in der Pflicht

Dazu zeichnet Verdi-Mann Stefan Thyroke ein düsteres Bild und nimmt mit hoch erhobenem Zeigefinger auch besonders die Unternehmer in die Pflicht. Wenn es einen Fahrermangel gebe, warum würden die Bedingungen dann nicht besser, so der Einstieg des Gewerkschafters in seinen Vortrag. „In keinem anderen Sektor in der Logistik gibt es so schlechte Arbeitsbedingungen“, sagt Thyroke. Auch er prangert das Sozialdumping an, weitet aber den Bereich noch aus. Ungarische Frächter werben demnach gezielt Fahrpersonal aus Indien an. „Und die werden keinen Kilometer in Ungarn fahren, sondern in Westeuropa unterwegs sein!“ In Spanien konzentriere man sich in den ähnlich weit entfernten Westen – nach Südamerika – um dort Fahrer anzuwerben.

Das Führerscheinalter auf 17 abzusenken ist für ihn keine Alternative. „Was passiert, wenn jetzt das Alter auf 17 abgesenkt wird? Wird man dann im Jahr 2030 Bus und Lkw schon mit 15 Jahren fahren dürfen? 2040 ab zwölf?“

Wichtig sei, dass Gewerkschaften und Verbände der Transportbranche zusammenarbeiten, um gemeinsam mit der Politik Maßnahmen gegen das Sozialdumping und den so entstehenden Wettbewerbsdruck aufzusetzen. Und ebenso sollten Verlader stärker in die Pflicht genommen werden, auch wenn der Transport letztlich für den Verbraucher teurer werde.

Parkplatznot: Kreative Lösungen gefragt

Ein weiterer mehr als kritischer Punkt ist der Parkplatzmangel. 40.000 Stück fehlen – mindestens und allein in Deutschland. Auch dies verhagelt den Fahrerinnen und Fahrern jede Freude am Job. Staatssekretär Andy Becht aus Rheinland-Pfalz kritisiert hierzu die schwierigen Verfahren auch mit Anwohnern, die das Problem zwar an sich erkennen, die Lösung aber nicht vor der eigenen Haustür sehen wollen. Dennoch gibt es Ansätze, wie man auch zusammen mit privaten Anbietern das Problem bekämpfen kann. Kravag Truck Parking beispielsweise macht seinen Mitgliedern Stellplätze auf Betriebshöfen und Co. zugänglich. Wichtig sind hier auch saubere sanitäre Anlagen. Ein cleverer Aspekt des Angebots: Der Fahrer kann den so gebuchten Parkplatz (Kostenpunkt acht Euro pro Nacht) nicht selbst bezahlen. Nur der Unternehmer kann die Rechnung begleichen.

In Österreich geht ein neuer Typ von Rastanlage auf den Prüfstand. Statt die klassischen Pkw/Lkw-Anlagen soll dieser speziell auf die Bedürfnisse des Lkw-Fahrpersonals ausgelegt werden. Neben ausreichenden Toiletten, Duschen, Fitnessgeräten, Koch- und Waschmöglichkeiten werden dort auch 350-kW-Schnellladestationen und elektrische Anschlüsse zur Ladegutkühlung zu finden sein.

Alternative Antriebe: Mehr als nur batterieelektrisch

Auch die Frage nach der Antriebstechnologie wird immer offener gestellt. Gleich zu Beginn des Symposiums spricht Rudi Speich, Präsident des ADAC Mittelrhein hierzu Klartext. Es müsse erlaubt sein, auch über andere Alternativen als nur die Batterieelektrik zu sprechen, ohne gleich in eine Ecke gestellt zu werden. Hier geht das Truck Race beispielsweise mit gutem Beispiel voran die Goodyear FIA European Truck Racing Championship fährt seit Jahren mit HVO und entsprechend mit um 90 Prozent reduziertem CO2-Ausstoß. Diese Maxime nimmt auch der ADAC in seinem Pressestatement im Anschluss ans Symposium auf: „Für gewerbliche Flotten gilt: Ressourcen schonen, Emissionen senken – aber auch wirtschaftlich bleiben und die Gesamtkosten unter Kontrolle halten! Wasserstoff- und Elektroantrieb werden mittel- bis langfristig die wichtigsten kohlenstoffarmen Antriebskonzepte sein, aber der Weg dorthin ist lang aufgrund der technologischen Herausforderungen und der mangelnden Fahrzeugverfügbarkeit. Kurzfristig werden auch HVO und Bio-Gas als Brückentechnologien benötigt werden.“ Auch hänge der Einsatz von batterieelektrischen Fahrzeugen immer vom Einsatzzweck im Einzelfall ab. Ein wichtiger Faktor bleibt zudem die Ladeinfrastruktur. Ein Lkw hat hier schlicht deutlich herausfordernde Bedürfnisse als ein Pkw.+

eTrailer bringt Bestandsdieseln das Sparen bei

Allerdings bieten hier auch weniger offensichtliche Lösungen echte Chancen. Einen spannenden Impuls hierzu gibt Michael Nimtsch, Managing Director von Trailer Dynamics, in seinem Vortrag. Das Eine ist das Zugfahrzeug. Aber der Trailer kann wesentlich mehr beitragen, als nur Lasten zu beherbergen. „Sein“ eTrailer beherbergt nämlich zusätzlich eine eAchse, die mit 350 kW ordentlich anschieben kann. Je nach Konfiguration sind Batterien mit 400 bis 600 kWh an Bord – auch im Trailer wohlgemerkt. Ein sensorischer Königszapfen erkennt den aktuellen Lastzustand des Zugfahrzeugs. Entsprechend beteiligt sich der eTrailer am Vortrieb und hilft so, signifikant Kraftstoff zu sparen. Auf einer Vergleichsfahrt konnte Trailer Dynamics im Vergleich zum Standardtrailer 51 Prozent Diesel und eine entsprechend enorme Menge CO2 einsparen. Noch beeindruckender fallen die absoluten Zahlen beim Elektro-Lkw aus. Mit Standardtrailer war beim Test nach 210 Kilometern Schluss. Mit eTrailer waren beeindruckende 650 Kilometer drin. Natürlich koste ein eTrailer einiges mehr als ein Standardtrailer. Doch auch hier bemüht Nimtsch, wie so oft im E-Kontext zu hören, die Total Cost of Ownership. Hier habe der eTrailer sogar das Potenzial, den Standardtrailer zu überholen. Was bleibt, ist das Nutzlastproblem. Batterien sind schwer. Nimtsch rechnet vor: 4,5 Tonnen für 400 kWh, 5,5 Tonnen für 600 kWh. Aber die EU denke über eine Anhebung des zulässigen Zuggesamtgewichts auf 44 Tonnen nach. „Und ein paar Kilo kriegen wir schon noch runter.“

Auf jeden Fall gelte, so der ADAC: „Die Politik muss dies (den einzelfallabhängigen Einsatzzweck, Anm. d. Red.) berücksichtigen und darf das Transportgewerbe nicht durch zu strenge technologische Vorgaben schwächen, denn nur starke Unternehmen können sich Transformation leisten!“

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