Heiko Gaiser im Porträt Ansprechpartner für 650 Spediteure

Heiko Gaiser Foto: Thomas Küppers

Heiko Gaiser hat bei Mercedes eine Bilderbuchkarriere hingelegt. In seiner
Geburtsstadt Sindelfingen hat er 1995 als Trainee begonnen. Seit Juli verantwortet der 45-Jährige die weltweite Transportlogistik für Pkw, Lkw, Transporter und Busse.

Die Hupe auf dem Werksgelände war das Startsignal. Der Schüler Heiko Gaiser verließ den Fußballplatz und eilte zum Mittagessen nach Hause. Beide Elternteile arbeiteten beim Daimler – wie es im Schwäbischen heißt, genauer im Pkw-Werk Sindelfingen. Wenn also die Hupe ertönte, fand sich die ganze Familie zum Essen zusammen.

1995 fing Gaiser als Trainee in Sindelfingen an

Über seine Eltern kam Gaiser früh mit dem Fahrzeugbauer in Berührung und lernte die automobile Welt zu schätzen. So verwundert es nicht, dass es auch ihn nach Abitur sowie Wirtschaftsstudium in Stuttgart und Konstanz zu Daimler zog. 1995 fing er als Trainee in Sindelfingen an. Im Lauf der Jahre folgten diverse Führungspositionen. Vorläufiger Höhepunkt beim Klettern auf der Karriereleiter ist die Verantwortung für den Bereich weltweite Transportlogistik, die Gaiser seit Juli trägt. Ihm untersteht ein Team von 100 Mitarbeitern in Deutschland und weiteren 15 Beschäftigten in den USA.

Gaiser ist für Planung und Beschaffung zuständig

Die neue Aufgabe ist anspruchsvoll: Gaiser ist für die Planung und Beschaffung von transportlogistischen Netzwerken innerhalb von Europa, den NAFTA-Staaten sowie für die weltweite Luft- und Seefracht zuständig. In den anderen Regionen unterstützen seine Mitarbeiter und er die dortigen Verantwortlichen projektweise bei der Planung und Ausschreibung. Das Team um den diplomierten Volkswirt kümmert sich dabei um alle Transporte von Teilen und Fertigfahrzeugen vom jeweiligen Produktionsort bis zu den Daimler-Produktionswerken oder in die Händlernetze.

Gemeint sind bei den Fahrzeugen übrigens alle Segmente, vom kleinen Smart bis zum schweren Actros, inklusive Transporter und Busse. Damit nicht genug: Auch die Umzugsaktivitäten, etwa von Daimler-Mitarbeitern, die beruflich ins Ausland wechseln, fallen in Gaisers Aufgabengebiet. Allein die Zahlen sprechen für sich: Sein Team und er sind Partner von insgesamt 650 Logistikunternehmen.

Wie ihm die neue Tätigkeit und die große Verantwortung bisher schmecken? "Ausgezeichnet", sagt Gaiser. "Als Pkw-Mann ist es eine unglaubliche Horizonterweiterung, wenn man übergreifend mit allen Geschäftsbereichen zu tun hat." Hinzu komme, dass die Komplexität und Globalität in kaum einem Bereich so ausgeprägt seien wie in der Logistik. Eine besondere Herausforderung sei es, diese Komplexität in Zusammenhang mit steigenden Transportmengen zu bewältigen. "Und das bei einer steigenden Volatilität zu wettbewerbsfähigen Preisen", wie Gaiser hinzufügt.

Logistik kam 2007 hinzu

Die Logistik – das ist für ihn kein Neuland, der Einkauf übrigens auch nicht. Als Einkäufer hatte der Sindelfinger 1996 nach dem Traineeprogramm begonnen. Acht Jahre lang war er in unterschiedlichen Funktionen mit dem Einkauf betraut. Die Logistik kam 2007 hinzu. Gaiser führte zum Beispiel Teilelieferanten, die neu für Daimler tätig wurden, an ihre Aufgaben heran – einfacher ausgedrückt mit dem Begriff Logistik-Lieferantenmanagement. "Es gab bei mir schon eine relativ große Logistik-Affinität und ich freue mich, dass in der neuen Funktion meine drei bisherigen Aufgabenschwerpunkte zusammenkommen: Einkauf, Planung/Bewertung und Logistik."

Einige der maßgeblichen Akteure aus der Logistik kennt Gaiser bereits aus vorherigen Funktionen, doch am großen neuen Netzwerk mit internen und externen Geschäftspartnern muss er noch weiter knüpfen. Das ist dann aber erst der zweite Schritt, den er in seiner neuen Funktion gehen will. Zuerst möchte er sein Team näher kennenlernen. Das ist sein Anspruch an sich selbst. Denn Gaiser will kein anonymer Manager sein. "Ich möchte nahbar und für die Mitarbeiter erreichbar sein", sagt er. Daher geht er in Stuttgart-Untertürkheim, wo er sein Büro hat, regelmäßig mit seinen Leuten zum Mittagessen – zurzeit in wechselnden Gruppen mit jeweils fünf Leuten. Die Mitarbeiter bekommen ihren Chef zurzeit auch regelmäßig zu Gesicht. Er sei in den ersten Wochen weniger unterwegs, als man angesichts der globalen Tätigkeit vielleicht meinen könnte.

Flexible Arbeitszeitmodelle

Gaiser will auch kein Chef sein, der seine Leute künstlich einschränkt und ihnen damit die Motivation nimmt. "Es ist für mich sehr wichtig, dass die Mitarbeiter Familie und Beruf unter einen Hut bringen können, daher unterstütze ich auch flexible Arbeitszeitmodelle", erklärt er. Es ist noch nicht allzu lange her, da hat Gaiser selbst von dieser Flexibilität profitiert, indem er eine anderthalbjährige Auszeit zugunsten der Familie einlegte. Die Besonderheit an seiner Elternzeit: Die Familie verbrachte sie im australischen Melbourne, weil Gaisers Frau dort eine leitende Tätigkeit für IBM übernahm.

Inzwischen gehören drei Kinder zur Familie, im Alter zwischen neun Monaten und 15 Jahren. Um trotz anspruchsvoller Tätigkeit noch möglichst viel von seinen Lieben mitzubekommen, legt der Logistikverantwortliche Wert auf das gemeinsame Frühstück und auf gemeinsame Wochenenden."Ich versuche dann, möglichst nicht viel Arbeit mit nach Hause zu schleppen." Einen Ausgleich findet er neben der Familie im Sport – beim Radfahren, Laufen, Tennisspielen oder Skifahren.

Umsatz ist nur eine von mehreren Kenngrößen

Doch zurück zu Schritt zwei, dem Kennenlernen der vielen Spediteure. Heiko Gaiser glaubt nicht, dass er kurzfristig die Verantwortlichen aller 650 Partner kennenlernen kann. Doch nutzt er die Gelegenheit, mit den ersten Unternehmern ins Gespräch zu kommen – wenn zum Beispiel ohnehin ein Austausch zu operativen Dingen ansteht. "Die Reihenfolge der Besuche erfolgt übrigens nicht nach den Umsatzanteilen der Speditionen.«" Die Relevanz eines jeden lasse sich nach einer Vielzahl an Kriterien messen, der Umsatz sei hier nur eine von mehreren Kenngrößen.

Ein guter Draht zu den Logistikdienstleistern ist Gaiser wichtig. Er bezeichnet Daimler als einen sehr verlässlichen Partner, der sich fair verhalte und selbstverständlich in den Verträgen den Umgang mit Dieselfloatern oder der Lkw-Maut definiere. Der Daimler-Mann glaubt, dass ein möglicher Unmut bei Spediteuren sich weniger am Geld entzündet als vielmehr daher rühre, dass die Mengen nicht wie erwartet eintreten.

Schwankungen lassen sich nicht immer 100-prozentig vorhersagen

Das habe aber auch Daimler nicht immer in der Hand. "Wir geben uns größte Mühe, alles präzise zu prognostizieren", sagt Gaiser. "Doch Schwankungen, zum Beispiel in Zusammenhang mit Modellwechseln, können nicht immer 100-prozentig vorhergesagt werden."

Verlässlichkeit ist das eine. "Daimler legt darüber hinaus Wert auf eine langjährige Zusammenarbeit", betont der 45-Jährige. Entsprechende Vertragslaufzeiten spiegeln das wider. "Je nach Komplexität der Leistung gibt es bei uns Kontrakte zwischen einem und fünf Jahren", berichtet Gaiser. Das schaffe Planbarkeit, die für die Logistikunternehmen immens wichtig sei.

Kostenaspekt ist nicht irrelevant

Der Kostenaspekt ist bei aller Verbundenheit mit den Geschäftspartnern aber nicht ganz irrelevant: "So ist es für uns elementar wichtig, dass die Logistikkosten unterproportional zu den Mengen wachsen", betont Gaiser. Von einer einseitigen Betrachtung der Kosten hält er hingegen wenig. "Ich halte mich mit pauschalen Forderungen zur Absenkung von Frachtraten zurück", sagt der Logistikexperte. Er hält es für sinnvoller, die Energie in Projekte zu investieren, die darauf abzielen, die Effizienz und Effektivität der Logistikprozesse signifikant zu steigern und damit gemeinsam Synergien zu heben. "Hier sind wir alle gefordert, denn da lässt sich am meisten sparen", betont Gaiser. Wie Daimler müssten sich auch die Logistikdienstleister entsprechend öffnen und zudem stärker bereit sein, mit anderen Logistikern zu kooperieren.

Eine wesentliche Stellschraube für mehr Effizienz sei die gemeinsame Planung von Verkehren und Logistiknetzen. "Welches Equipment und welche Transportgefäße setzen wir ein, wie sind sie ausgelastet?" Das seien entscheidende Fragen, die man gemeinsam beantworten könne. Gaisers Mitarbeiter unterstützen ihn dabei nach Kräften. Er lobt, dass sie über eine hohe Sachkompetenz und einschlägige Erfahrungen verfügen. "Nicht wenige sind ausgebildete Speditionskaufleute."

Vom Daimler-Virus angesteckt

Natürlich darf bei aller Begeisterung für die Logistik die Begeisterung für die Produkte nicht zu kurz kommen. Gaiser macht keinen Hehl daraus, dass er sich voll mit den Fahrzeugen seines Arbeitgebers identifiziert. "Mir gefallen sie unglaublich gut – ich freue mich jedes Mal, wenn mich auf der Autobahn eines überholt." Seine Familie sei vom Daimler-Virus angesteckt und sehe über seine unverhohlene Begeisterung hinweg. Diese kleine Differenz hält die Familie aus. Das war schon früher so, als die Eltern beim Daimler arbeiteten.

Ausgezeichnete Spediteure

Heiko Gaiser hält Wertschätzung für ein wichtiges Mittel zur Motivation. Das gelte gegenüber seinen Mitarbeitern, aber auch gegenüber den Dienstleistern. Eine Form, diese Wertschätzung auszudrücken, ist der European Carrier Award, den Daimler dieses Jahr zum 14. Mal vergeben hat. Damit werden Logistikdienstleister gewürdigt, die innerhalb eines Jahres die beste Performance für den Fahrzeugbauer hingelegt haben. Kriterien dafür bilden zum Beispiel die geleistete Qualität, die Einhaltung der Laufzeiten, mögliche Transportschäden und der Zustand des eingesetzten Equipments. Ein 2004 etabliertes Auditierungsverfahren bildet die Basis für die Ermittlung der Besten. »Das ist also kein Gefälligkeits-Award, den jeder mal bekommen kann«, versichert Gaiser. Als beste Spedition im Bereich Pkw-Fertigfahrzeugtransport überzeugte 2013 das Unternehmen Akkermann Transporte aus Moormerland (Landkreis Leer). Bester Transportpartner im Bereich Lkw wurde die Schweizer Spedition Galliker und spartenübergreifend setzte sich das Unternehmen ECM aus dem englischen Cumbria durch.

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