Eine undurchsichtige Order erreichte Magirus Mitte der 70er-Jahre. Erst wünschten die Russen 150 Dreiachskipper, dann auf einmal das Doppelte.
Daran geknüpft war nur eine Bedingung: Die Lkw sollten spätestens bis Oktober im nordsibirischen Hafen Norilsk eintreffen, der später im Jahr eben hoffnungslos zufriere. Was hinter dem geheimnisvollen Prozedere steckte, wurde erst im Lauf der Zeit klar: Es bahnte sich ein Auftrag über 10.000 schwere Lkw an, die tüchtig beim Bau der Baikal-Amur-Magistrale mithelfen sollten.
Geplant hatten die Sowjets eine teilweise sechsspurige Eisenbahnlinie im hintersten und kältesten Winkel der Erde, die Zentralsibirien mit dem Westen verbinden sollte. Streckenprofil: mehr als 3.000 Kilometer Länge, sieben Gebirge, sechs Ströme, Taiga und Permafrost.
Die Magirus-Kipper mit ihren luftgekühlten Motoren waren das ideale Gefährt für solche Zwecke, weil ein Luftgekühlter eben auch bei minus 50 Grad Celsius keine Probleme mit zufrierendem Kühlwasser und infolgedessen geborstenen Kühlern kennt. Der Laden in Ulm brummte: Bis Dezember 1976 war der letzte Lkw geliefert. Dann aber hatten die Ulmer ein Problem: Ihre Spezialität Luftkühlung war in Europa immer weniger gelitten und die im Gefolge der Ölkrise um sich greifende Rezession vertrug sich denkbar schlecht mit den nun mächtig ausgebauten Kapazitäten.