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Unwetter in Italien hat Folgen Wie Logistiker Unwetterrisiken absichern

Foto: Matthias Rathmann

Die Unwettergefahr steigt. Logistiker sind gut beraten, sich abzusichern. Schunck-Geschäftsführer Peter Kollatz erklärt, wie.

Heftige Unwetter haben Ende Oktober in Italien zu Überschwemmungen und einem Verkehrschaos geführt. Nach einem Erdrutsch am Brennerpass mussten Autobahn und Eisenbahnlinie komplett gesperrt werden. Solche Ereignisse können die Lieferkette empfindlich stören. Und sie werden nach Einschätzung nicht nur der deutschen Bundesregierung klimabedingt zunehmen. In den Behörden der europäischen Verkehrsministerien gibt es deshalb Meteorologen, Geologen und auch Biologen, die sich damit beschäftigen, wie Straßen und Autobahnen entsprechend angepasst werden können. Hänge müssen vor dem Abrutschen gesichert und Straßen für mögliche Überschwemmungen vorbereitet werden.

Aber auch zu wenig Wasser ist ein Thema. Die Dürre dieses Sommers hat den Rhein als Verkehrsträger so stark beeinträchtigt, dass in einigen Regionen Deutschlands Benzin und Diesel knapp wurden. Die Tankschiffe aus Rotterdam konnten seit Wochen nur noch zu einem Drittel beladen werden, so dass sich die Bundesregierung entschloss, Treibstoff aus der Erdölreserve des Bundes freizugegeben, damit der Bedarf gedeckt werden konnte. Transportunternehmen sind von den Klimastörungen immer mit als erste betroffen. Sie müssen ihre Lager vor Hochwasser schützen oder Waren, die früher in normalen Lkw unterwegs waren, inzwischen kühlen, Fahrer müssen vor Sturmböen gewarnt werden und in Deckung gehen. Über die Risiken und Pflichten von Transporteuren und Logistikern sprach trans aktuell mit Peter Kollatz. Er ist einer von vier Geschäftsführern beim Versicherungsmakler Schunck und zuständig für die Fachbereiche Transport, Verkehrshaftungs-, Haftpflicht- und Sachversicherung sowie Recht und Schadenservice.

Foto: Schunck
Peter Kollatz, einer von vier Geschäftsführern beim Versicherungsmakler Schunck, über Risikobegrenzung bei Unwetter.

Fünf Fragen an Schunck-Geschäftsführer Peter Kollatz

trans aktuell: Lassen sich die Kosten für wetterbedingte Verzögerungen absichern?

Kollatz: Jeder Verkehrsträger hat sein eigenes Haftungsregime, aber in allen individuellen Regelungen gibt es das Instrument des unabwendbaren Ereignisses. Wenn eine Störung der Lieferkette beispielsweise durch Starkregen oder Sturm völlig überraschend eintritt, haftet der Transporteur nicht und ist vor Regressforderung von Versender und Empfänger geschützt. Einen Murenabgang am Brenner kann man nicht einplanen, aber diejenigen, die einen halben Tag später losfahren, hätten sich informieren und eine andere Strecke nehmen können, sie haben nicht mehr mit äußerster Sorgfalt gehandelt. Es hängt also von einem Zeitfaktor ab, bis wann etwas ein unabwendbares Ereignis ist.

Das heißt, ein Transporteur muss seine Route ändern, sobald es Informationen zu einem derartigen Ereignis gibt.

Ja, damit er seine Ware pünktlich anliefern kann. Oder aber er ruft den Auftraggeber an und verabredet mit ihm Umwege und zeitliche Verschiebungen. Das gehört zu den Sorgfaltspflichten eines jeden Unternehmens und gilt nicht nur für den Lkw, sondern grundsätzlich für alle Verkehrsträger. Die Transportunternehmen sollten deshalb immer auf dem Laufenden sein, was auf dem geplanten Weg gerade los ist, damit entsprechend umdisponiert und nach Alternativen gesucht werden kann. Wenn der Lkw wegen einer Vollsperrung auf der Straße nicht mehr fahren kann, vielleicht fährt dann ein Zug für die Langstrecke und dann noch ein anderer Lkw.

Was passiert bei einem Dispositionsfehler?

Wenn sich ein Transportunternehmen nicht rechtzeitig auf veränderte Verhältnisse einstellt, ist das grundsätzlich durch unsere Verkehrshaftungspolicen versichert. Es kommt aber auf die Umstände an. Wenn auf allen Nachrichtenkanälen zu hören ist, dass man auf einer bestimmten Strecke nicht mehr fahren kann und es wird trotzdem nicht umdisponiert, dann kann man das als grob fahrlässig bezeichnen. Und dann könnte es sein, dass nicht mehr der volle Ersatz aus der Versicherung bezahlt wird, weil dann quasi eine Mitschuld angerechnet wird.

Sind die Wetterschäden im Transportsektor in den vergangenen fünf Jahren gestiegen?

Ein signifikanter Anstieg von Schadensfällen aufgrund von Witterungsverhältnissen ist bislang nicht zu erkennen. Allerdings haben die Rückversicherer ein Riesenthema mit Schäden durch Hurrikans. Deren Zahlungen sind aufgrund von Naturkatstrophen deutlich gestiegen.

Sind Veränderungen in der Branche aufgrund von Wetterrisiken erkennbar?

Ich habe den Eindruck, dass viele Auftraggeber sehr viel Wert auf ein entsprechendes Risikomanagement legen und das auch vertraglich fixieren. Die Verlader machen hier Druck auf Speditions- und Transportbranche und verlangen Notfallpläne, damit auch in prekären Situationen eine rechtzeitige Lieferung gewährleistet ist. Es gilt das Prinzip der doppelten Absicherung: Wenn Weg A nicht mehr möglich ist, muss schon in der Architektur des Transports Weg B eingeplant sein.

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