Schließen

Umstrittene Mauterhöhung beschlossen Doppelt so viel bezahlen - Branche unter Druck

Foto: Foto: Thomas Küppers, Montage: Monika Haug

Nun ist es amtlich: Die deutliche Erhöhung der Lkw-Maut kommt. Die Bundesregierung hat dem in der Branche umstrittenen Gesetzentwurf von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) heute zugestimmt.

Die annähernde Verdopplung der Straßengebühr für Diesel-Lkw gilt von 1. Dezember an, sie ergibt sich aus einem CO2-Aufschlag von 200 Euro pro Tonne, der zu diesem Zeitpunkt greifen soll. Zum 1. Juli 2024 soll – sofern es dann schon technisch möglich ist – die Maut auch auf Transporter und leichte Lkw ab 3,5 Tonnen Gesamtgewicht ausgeweitet werden. Handwerksbetriebe sind von der Maut ausgenommen.

Die vom Bundesverkehrsministerium (BMDV) erwarteten zusätzlichen Mauteinnahmen von 30 Milliarden Euro bis 2027 sollen „ganz überwiegend“ in die Schiene fließen, wie das BMDV mitteilt. Das BMDV verspricht sich von der erhöhten Maut einen Umstieg auf alternativ angetriebene Lkw. Denn Null-Emissions-Lkw sind bis Ende 2025 von der Gebühr befreit, danach fallen bei ihnen beim Mautteilsatz für Infrastruktur nur 25 Prozent des Satzes, aber die vollen Mautteilsätze für Lärm und Luftverschmutzung an. Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf habe es nur bei einzelnen Formulierungen, nicht aber im Regelungsteil gegeben, erläutert eine BMDV-Sprecherin gegenüber der Fachzeitschrift trans aktuell. Das Ministerium wollte den Gesetzentwurf in Kürze auf seine Seite stellen.

Wissing: auf klimafreundliche Lkw umsteigen

„Wir staffeln die Lkw-Maut noch in diesem Jahr stärker nach dem CO2-Ausstoß und setzen damit einen starken Anreiz für die Branche, auf klimafreundliche Fahrzeuge umzusteigen“, erklärte Wissing. „Das ist wichtig, da Nutzfahrzeuge aktuell noch rund ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen im Verkehr verursachen. Den Markthochlauf klimafreundlicher Fahrzeuge brauchen wir, um unsere Klimaschutzziele zu erreichen.“

Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) kritisiert den Entwurf aufs Schärfste. „Bei den mittelständischen Transport- und Logistikunternehmen herrscht Fassungslosigkeit über die von den Grünen vorangetriebene und nun von der Bundesregierung beschlossene Mautverdopplung zum 1. Dezember“, teilt der Verband mit. „In einer Mischung aus Existenzsorgen, Wut und empfundener Geringschätzung über die tägliche Leistung dieser systemrelevanten Branche bei der Versorgung der Bevölkerung hätten den BGL unzählige Hilferufe und Appelle erreicht. In einer Social Media-Kampagne zeigt er der Bundesregierung symbolisch die Rote Karte.

BGL: Mautverdopplung ist eine Steuererhöhung

Da es am Markt kaum emissionsfreie Lkw und keine entsprechende Tank- und Ladeinfrastruktur gebe, gleiche die Mautverdopplung einer Steuererhöhung. „Die Verbraucher zahlen die Rechnung und dort, wo nach den Kostenexplosionen in den letzten Jahren weitere Preissprünge nicht machbar sind, fürchten viele Mittelständler, ihre Betriebe aufgeben zu müssen.“

Das BMDV teilt diese Einschätzung nicht: Auf die Verbraucherpreise wird die Mauterhöhung demnach keine bis kaum spürbare Auswirkungen haben. „Die Mautkosten machen nur einen geringen Anteil der Transportkosten und somit einen noch geringeren Teil der Gesamtkosten aus“, erklärt das Ministerium und beziffert den Anteil der Maut an den Gesamtkosten auf 0,1 Prozentpunkte.

Lesen Sie auch BGL: Politik ohne Realitätssinn „Mautverdopplung ein Unding“

Der BGL fordert in mehreren Punkten in den nun anstehenden weiteren parlamentarischen Beratungen Nachbesserungen. Unter anderem regt er ein Stufenmodell an und einen Start mit einem CO2-Preis von 100 Euro je Tonne – weil das Fahrzeugangebot und die Energieinfrastruktur zum 1. Dezember noch zu lückenhaft ist. Fahrzeuge, die biogene Kraftstoffe oder E-Fuels tankten, sollten bei den CO2-Vorteilen mit Null-Emissions-Lkw gleichgestellt werden. Außerdem müsse eine Doppelbelastung der Branche durch den CO2-Preis und die CO2-Maut ausgeschlossen werden, fordert der BGL – und beruft sich auf eine Zusage im Koalitionsvertrag der Ampelregierung.

VDIK: CO2-effiziente Verbrenner stärker begünstigen

Der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) fordert speziell Korrekturen für besonders CO2-effiziente schwere Nutzfahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Für Fahrzeuge der CO2-Emissionsklasse 3 ist nur eine minimale Vergünstigung des Maut-Aufschlags von 3,8 Cent im Fall eines schweren Sattelzugs mit fünf und mehr Achsen vorgesehen. Das Europarecht erlaubt laut VDIK für diese Fahrzeuge jedoch Ermäßigungen von bis zu 30 Prozent.

Lesen Sie auch Calendar - Render 3D Geplante Mautänderung zum 1. Dezember DSLV will mehr Zeit

„Nutzfahrzeuge mit besonders sparsamen Diesel- oder Gasmotoren sollten von der CO2-Maut stärker begünstigt werden“, fordert Verbandspräsident Reinhard Zirpel. „Wenn die Bundesregierung es mit der Differenzierung der Lkw-Maut nach CO2-Emissionen im Sinne des Klimaschutzes ernst meint, sollte sie den Spielraum der Eurovignetten-Richtlinie ausschöpfen. Es entsteht ansonsten der Eindruck, dass es ihr vor allem um neue Einnahmen für den Bundeshaushalt geht.“ Der Gesetzentwurf sehe leider auch keine Berücksichtigung erneuerbarer Kraftstoffe gegenüber fossilen vor. Das CO2-Minderungspotenzial dieser klimafreundlichen Kraftstoffe solle bei der Erhebung der Lkw-Maut künftig ebenso einbezogen werden, verlangt der VDIK.

Die Grünen: großer Schritt für Klimaschutz im Verkehr

Zustimmung zum Gesetzentwurf kam von der Grünen-Faktion im Bundestag. Matthias Gastel, Berichterstatter für Bahnpolitik und Logistik, betonte: „Die anstehende Änderung der Lkw-Maut ist ein großer Schritt für den Klimaschutz im Verkehr. Der CO2-Preis setzt einen klaren Anreiz zugunsten zukünftiger Antriebstechniken im Straßenverkehr und der Verlagerung auf die Schiene.“ Die zusätzlichen Einnahmen stärkten den klimaneutralen und energieeffizienten Verkehrsträger Schiene. „Der völlig unsinnige Finanzierungskreislauf Straße ist Geschichte und das ist gut so.“

Unsere Experten
Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
Experte für Flottenmanagement und angewandte Mobilitätsangebote Rolf Lübke Mobilität, Fuhrpark (inkl. Wasserstoff-Expertise)
Aktuelle Fragen Bullenfänger illegal? Sind Bullenfänger in Deutschland erlaubt? Arbeitszeit: Anfahrt zum Stellplatz Ist die Anfahrt zum Lkw-Stellplatz Arbeitszeit? Digitacho (Nachrüstpflicht) Gibt es eine Digitaltacho-Nachrüstpflicht für alte Lkw?
Betriebsstoffliste 2023
Mehr als 2.500 Produkteinträge

Immer auf dem neuesten Stand: Die DEKRA Betriebsstoffliste 2023

Kostenloser Newsletter
eurotransport Newslettertitel Jetzt auswählen und profitieren

Maßgeschneidert: Die neuen Themen-Newsletter für Transportprofis.

Who is Who
Who is Who Nutzfahrzeuge 2019 WHO IS WHO Nutzfahrzeuge

Alle Hersteller, Zulieferer und Dienstleister für Nutzfahrzeugflotten.

eurotransport.de Shop
Web Shop Content Teaser Der Shop für die, die es bringen.

Zeitschriften, Bücher, Lkw-Modelle, Merchandising und mehr.