Profiwissen Achsantrieb So läuft die Antriebskraft durch die Achse

ausgleichgetriebe, tellerrad, ausgang, hinterachswelle Foto: Andreas Wolf

Was verbirgt sich in der dicken Kugel zwischen den Naben der Hinter- achse eines Lastwagens? Der Achsantrieb muss eine Reihe höchst unterschiedlicher mechanischer Funktionen umsetzen.

Die Kraft des Motors auf dem Weg zu den Antriebsrädern geht verschlungene Wege. Sie wird dabei verstärkt, reduziert und umgelenkt. Das erste Aggregat, das die Antriebskraft durchläuft, ist nach dem Motor das Getriebe. Es steigert die Kraft um das bis zu 15-Fache. Daran schließt sich die Gelenkwelle, die die Kraft zur Hinterachse weiterleitet.

In der dicken Kugel, die zwischen den Naben der Hinterachse sitzt, verbirgt sich ein Ensemble scharfzahniger Räder mit vielfältigen Aufgaben. Die Kraftübertragung zu den Antriebsrädern erfolgt über das Kegel- und Tellerrad sowie den Hinterrad-achswellen. Das von der Kardanwelle angetriebene Kegelrad treibt dabei das größere Tellerrad an.

Achsübersetzung verstärkt ankommende Kräfte

Aus der Paarung dieser beiden Zahnräder ergibt sich die jeweilige Achsübersetzung. Sie verstärkt die ankommenden Kräfte nochmals bis zum Vierfachen. Die Größe des Kegelrads und des Tellerrads unterscheiden sich je nach Übersetzung und zu übertragendem Drehmoment, das wiederum von der Motorleistung abhängig ist. In Außenplanetenhinterachsen wirkt die Antriebskraft auf die Planetengetriebe an den Naben rechts und links der Achse. Auf dem Planetenradträger liegen die Planetenräder. Angetrieben werden sie durch das auf der Hinterachswelle sitzende Sonnenrad. Die Planeten-räder rollen über das Hohlrad ab, das fest am Tragrohr montiert ist. Über den Planetenradträger, der durch die Glockennabe mit der Radnabe verbunden ist, werden die Räder schließlich angetrieben.

Greift das Kegelrad (Ritzel) in der Mitte des Tellerrads ein, handelt es sich um einen Spiralkegelrad-Trieb. Eine Konstruktion, bei der das Ritzel nicht zentral, sondern etwas aus der Mitte des Tellerrads versetzt ist, wird als Hypoid-Trieb bezeichnet. Dieses Konzept ermöglicht einen größeren Durchmesser des Antriebsrads, wodurch sich die Belastung auf eine größere Zahnradfläche verteilt. Wichtigste Funktion des Zusammenspiels von Kegel- und Tellerrad ist die Richtungsänderung des Kraftflusses: Am Kegelrad ankommend, läuft der Kraftfluss in Längsrichtung. Der Eingriff auf das Tellerrad dreht den Kraftfluss dann um 90  Grad auf die Räder zum Vortrieb.

Differenzial hilft in Kurven

Eine im Wortsinn ausgleichende Funktion hat das hinlänglich als Differenzial bezeichnete Kegelradausgleichsgetriebe beim Durchfahren von Kurven. Dann dreht sich das äußere Rad schneller als das innere Rad, wobei das Ausgleichsgetriebe mit komplexer Funktion vermittelt. In Kurven müssen die äußeren Räder eines Fahrzeugs einen längeren Weg zurücklegen als die inneren Räder. Sie drehen sich also mit unterschiedlichen Drehzahlen: Dafür hat das Ausgleichsgetriebe Sorge zu tragen. Seine Komponenten sind neben dem Kegel- und Tellerrad das Ausgleichsgehäuse, Ausgleichs-Kegelräder und mit den Hinterachswellen verbundenen Hinterachswellenräder.

Fährt der Lastwagen geradeaus, drehen sich die Achswellenräder mit exakt der gleichen Drehzahl. Die Ausgleichsräder drehen sich nicht und sind im Achsgehäuse nur Mitnehmer. Das Drehmoment verteilt sich dabei zu gleichen Teilen auf die Achswellenräder. Fährt der Lkw in eine Kurve, nimmt das äußere Rad zwangsläufig einen größeren Weg zurück, wobei es sich schneller dreht als das innere Rad. In diesem Moment setzt das vermittelnde Wirken der Ausgleichsräder ein. Sie beginnen sich zu drehen und wälzen sich auf die sich mit unterschiedlicher Drehzahl drehenden Achswellenrädern ab. Die Aufteilung des Drehmoments von rechter und linker Seite bleibt dabei gleich.

Grundsätzlich heißt dies, dass kein Rad mehr Drehmoment auf die Fahrbahn überträgt, als der kleinste Kraftschlussbeiwert zwischen Untergrund und Reifen zulässt. Beispiel aus der Praxis: Während das Rad auf der einen Seite bei Eis oder Schlamm aufgrund von mangelndem Kraftschluss durchdreht, steht das Rad auf der anderen Seite mit dem griffigeren Fahrbahnuntergrund und somit dem eigentlich höheren Kraftschlussbeiwert still.

Differenzialsperren setzen Ausgleichsgetriebe außer Funktion

Verhindern kann der Fahrer dies bei Bedarf durch ein sperrbares Ausgleichsgetriebe. Mit Differenzialsperren werden Ausgleichsgetriebe außer Funktion gesetzt. Diese verbinden eine der beiden Antriebswellen direkt mit dem Differenzialgehäuse. Dadurch sind unterschiedliche Drehzahlen der Antriebsräder bei Kurvenfahrt nicht mehr möglich. Signalisiert ein hochdrehender Motor, dass wenig Kraftschluss vorhanden ist, schaltet der Fahrer die Sperre ein. Effektiver ist es allerdings, wenn der Fahrer die Sperre bereits dann einlegt, bevor er rutschiges Geläuf erreicht. Dies empfiehlt sich besonders dann, wenn eine Sattelzugmaschine auf eine Steigung mit möglicher vereister Fahrbahn zurollt.

Wenig zweckmäßig ist es allerdings, bei eingeschalteter Sperre mit Vollgas zu fahren, schließlich können ohnehin nur begrenzte Antriebskräfte auf die Straße gebracht werden. Daher ist es sinnvoll, immer nur so viel Gas zu geben, dass der Lkw den heiklen Fahrbahnabschnitt gerade noch sicher bewältigen kann. Ebenso sollte der Fahrer darauf achten, die Sperren so bald wie möglich wieder auszuschalten. Durchfährt das Fahrzeug Kurven mit griffigem Grund unter allen Rädern mit eingeschalteten Sperren, kommt es zu Verzwängungen in der Kraftübertragung. Die Reifen radieren dann und unterliegen extremem Verschleiß.

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