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Nicht schnell "Grün" Wasserstoff absehbar nicht konkurrenzfähig

Wasserstoff Verbrenner Verbrennungsmotor H2 2020 Foto: Keyou

Wasserstoff rückt massiv als Hoffnungsträger für eine klimaneutrale Mobilität ins Blickfeld. Sein Einsatz in der nachhaltigen Unternehmenspraxis bleibt jedoch auch preislich erst einmal Zukunftsmusik.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) möchte die Technologie für den Verkehrssektor nach Kräften fördern: „Deutschland wird zum Wasserstoffland“ sagte er. Wasserstoff sei weltweit zum Trend geworden, und die Klimaziele müssten nicht nur in der Industrie, sondern „vor allem im Verkehrssektor“ erreicht werden, betonte er und kündigte die Schaffung eines Innovationszentrums für „Wasserstofftechnologie für Mobilitätsanwendungen“ an. „Flugzeuge, Schiffe, Züge, Lkw aber auch Pkw – bei allen Verkehrsträgern kann Wasserstoff enorm dazu beitragen, dass wir die CO2-Neutralität erreichen“, sagte er. Dabei setze die Bundesregierung auch auf Wasserstoff, der aus fossilen Energieträgern hergestellt werde – also auf „grauen“ Wasserstoff.

Wasserstoffimporte in 10 bis 15 Jahren

In der erneuerbaren Variante „Grün“ wird Wasserstoff noch auf längere Zeit kaum zur Verfügung stehen. Um den Widerspruch aufzulösen, dass aus fossilem Gas energieaufwendig Wasserstoff erzeugt wird, hatte sich Scheuer die Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm zur Unterstützung geholt. „Wir erreichen Klimaneutralität, wenn wir vorausschauend denken“, sagte die Wirtschaftsweise. „Etwas, was zunächst ineffizient scheint, kann, mit einer langfristigen Perspektive gedacht, große Vorzüge haben.“ Es gehe darum, sich optimal auf die Zeit einzustellen, „wo dann auch klimaneutraler Wasserstoff in der ferneren Zukunft über Importe breit verfügbar ist“.

Grüner Wasserstoff werde künftig, allerdings nicht mehr in diesem Jahrzehnt, aus dem Ausland importiert. Es sei wichtig, sich auf diese Zeit „in 10 bis 15 Jahren“ vorzubereiten, sagte Grimm. „Dann müssen wir so weit sein, dass wir diese Mobilitätswelt erschlossen haben, dass wir in der Serienproduktion sind, und dann nicht hinterherlaufen, sondern an der Spitze dieser technologischen Entwicklung stehen.“ Aktuell gebe es Importprojekte mit Chile oder Australien, erläuterte sie. Aber es werde sich hinziehen, bis tatsächlich günstiger Wasserstoff verfügbar sei.

Noch lange keine wettbewerbsfähigen Preise

Derzeit ist Wasserstoff teuer und an deutschen Tankstellen subventioniert, sagte Grimm. „Der Erzeugerpreis von grünem Wasserstoff variiert ungefähr zwischen 2,80 Euro und 6,20 Euro pro Kilogramm.“ Studien deuteten darauf hin, dass wettbewerbsfähige Preise erreicht werden könnten. „Aber da sind wir noch lange nicht“, sagte die Professorin. Zunächst einmal müssten beispielsweise die Elektrolyseure billiger werden. Grundsätzlich sei es wichtig, eine Vielfalt von Technologien zu entwickeln. „So geht es im Verkehr eigentlich nicht um die Frage Batterie oder Brennstoffzelle, sondern es geht um ein zielführendes Zusammenspiel von Batterie und Brennstoffzelle.“

Man stehe am Beginn einer Transformation, die alle Bereiche unserer Wirtschaft und auch unseres täglichen Lebens betreffen werde, betonte Grimm. „Was wir nicht bei uns betreiben, werden wir auch nicht auf Weltmärkten verkaufen.“ Sie denkt an industriepolitische Chancen und Arbeitsplätze bei den Autobauern und warnt vor der asiatischen Konkurrenz, die ebenfalls nicht warte, bis grüner Wasserstoff verfügbar sei. Scheuer will keinen „überzogenen Perfektionismus“, sondern einen „zügigen Pragmatismus“, betonte er. Die Bundesregierung stecke in eine breite Wasserstoffstrategie „neun Milliarden Euro plus, plus, plus“, davon könne er in seinem Ministerium 1,6 Milliarden für den Bereich Mobilität nutzen, sagte er.

Auf Kollisionskurz zu DIW und Umweltministerium

Um Wasserstoff zum Tafelwasser der Verkehrswende zu machen, „brauchen wir nur noch ein paar Zwischenschritte“, sagte Scheuer. Damit geht er in Frontalopposition zur Wirtschaftswissenschaftlerin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), die den Begriff vom „Champagner der Verkehrswende“ geprägt hat. Auch zum Umweltministerium befindet sich Scheuer auf Kollisionskurs. Hier plädiert man dafür, den knappen Wasserstoff dort einzusetzen, wo es keine Alternativen gibt, also in der Luftfahrt oder in der Stahl- und Chemieindustrie. Warum ausgerechnet Züge oder Pkw, die gut per Oberleitung oder Batterie mit Strom versorgt werden können, mit Wasserstoff fahren sollen, erläuterte Scheuer nicht.

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Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
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