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Keine schnelle Lösung in Sicht Weitere Fahrverbote über den Brenner

Foto: Thomas Küppers

Tirol will die Transit-Bedingungen über den Brenner mit zusätzlichen Fahrverboten weiter verschärfen. Das empört deutsche Straßentransportverbände. Die EU-Kommission setzt aber zunächst auf Gespräche.

Tirol will die Transit-Bedingungen über den Brenner mit zusätzlichen Fahrverboten weiter verschärfen, um die stetig steigende Flut an Pkw und Lkw einzudämmen. Das empört deutsche Straßentransportverbände, die sich bereits durch die Blockabfertigung diskriminiert und den freien Warenverkehr in Gefahr sehen. Die EU-Kommission soll einschreiten, fordern sie. Aber in Brüssel setzt man auf Gespräche „im Geiste guter Nachbarschaft“.

Gegensätzliche Positionen

Das Konzept scheint aufzugehen, denn nach Informationen aus Tirol hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) für den 25. Juli den Tiroler Landeshauptmann Günther Platter und Österreichs Verkehrsminister Andreas Reichhardt nach Berlin eingeladen. Die derzeitigen Positionen könnten gegensätzlicher nicht sein: Platter betont, dass Fahrverbote und die Blockabfertigung von Lkw europarechtlich gedeckt seien und setzt sich für eine Korridormaut ein, die Scheuer, genau wie alle anderen Tiroler Maßnahmen, kategorisch ablehnt.

Nach einem Gespräch der vom Verkehrschaos Betroffenen aus Deutschland, Österreich und Italien bei der EU-Kommission in Brüssel gab es weitere Unstimmigkeiten. Scheuer sprach von einem erneuten „Foul aus Österreich vom Tiroler Landeshauptmann Platter“, gebraucht würden keine Blockaden und Verbote sondern innovative Lösungen. Deshalb will Scheuer unter anderem über eine „Elektrifizierung der Straße für den gesamten Brenner-Korridor“ nachdenken. Außerdem gebe es einen fertigen „Aktionsplan Brenner“, sagte er.

„Wenn der bayerische Löwe brüllt"

Landeshauptmann Platter betont die große Verantwortung gegenüber der Bevölkerung und will beim Verkehr auf der Bremse bleiben. „Wenn der bayerische Löwe brüllt, beeindruckt das den Tiroler Adler nicht“, sagte er laut Medien. Für Transportunternehmer Georg Dettendorfer aus dem bayerischen Inntal löst der verbale Schlagabtausch die Probleme nicht. Er will, dass man sich zusammensetzt, um mehr Verkehre auf die Schiene zu verlagern. „Die Bahn ist nicht so klimaschädlich wie der Lkw, aber sie muss erst einmal zur Verfügung stehen“, sagt er.

Eine kurzfristige Lösung gibt es laut Dettendorfer nicht. „Man kann nicht einfach den Schalter umlegen, und dann verschwinden 800.000 Transit-Lkw.“ Um eine Rollende Landstraße zwischen Regensburg und Trento ans Laufen zu bekommen, werde mindestens ein Jahr gebraucht, die Aktivierung von Terminals und die Ertüchtigung der Strecken dauere insgesamt bis zu fünf Jahre. „Dann aber könnten etwa 500.000 bis 600.000 Lkw von der Straße auf die Schiene verlagert werden“, schätzt er.

Subventionen für die Schiene

Dafür benötige man aber staatliche Subventionen. Im Inntal beidseits der Grenzen liegen die Nerven blank, denn der viele Verkehr ist allen zu viel. In Bayern beschwert man sich über Staus, die durch die Blockabfertigung entstehen, für Tirol sind das „Notwehrmaßnahmen“, die überhaupt erst einen Verkehrsfluss garantieren. In Tirol wiederum stoßen die deutschen Grenzkontrollen zur Verhinderung illegaler Einwanderung auf komplettes Unverständnis. Auch sie verursachen kilometerlange Schlangen und ließen sich auch nach Ansicht der Polizei problemlos durch Schleierfahndungen im Hinterland ersetzen. Stattdessen überlegt Bayern, eigens hierfür eine dritte Fahrspur einzurichten.

„Wenn Deutschland das ändern würde, wäre Tirol sicherlich gesprächsbereiter“, meint Dettendorfer. Er kann sich zudem gut vorstellen, dass die Maßnahmen der Nachbarn auch etwas mit dem Brenner-Basistunnel zu tun haben. Während Österreich eifrig baut und buddelt, kommt in Deutschland die Planung der Zulaufstrecken weiterhin nur im Schneckentempo voran. Die Verzögerungen gehen auf das Konto von Bürgern, die auf Umwelt- und Gesundheitsschutz pochen. In diesem Punkt ticken Bayern und Tiroler augenscheinlich gleich.

Deutschland bereitet Klage vor

Die EU-Kommission will derzeit kein Machtwort sprechen. Ein Sprecher sagte: „Der Straßenverkehr entlang des Brenner-Korridors ist eine regionale Herausforderung, die von den Mitgliedstaaten in der Region gemeinsam bewältigt werden muss.“ Ab September soll es nun drei Arbeitsgruppen geben, die sich mit der Koordinierung von Mautgebühren, der Verbesserung der Bahn sowie der Förderung alternativer Kraftstoffe befassen. Aus Berlin heißt es, Deutschland bereite weiterhin eine Klage gegen Österreich vor - wegen Verstoßes gegen EU-Recht und Behinderung des freien Warenverkehrs.

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