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Infrastruktur Marode Straßen, Staus und Baustellen

Foto: Schadewald

Berlins Straßen werden immer schlechter, Baustellen und Tempolimits nehmen zu. Es mangelt an Geld und an langfristigen Programmen zur Instandsetzung.

Längst ist der zunehmende Verfall unübersehbar. Abgesenkte Fahrbahndecken, Löcher im Asphalt und zerbröselte Betonplatten charakterisieren allerorts den desolaten Zustand der Hauptstadtstraßen. Diese massiven Schäden auf die vergangenen schweren Winter zu schieben, entspricht einfach nicht den Tatsachen. "Intakte Straßen überstehen jeden Winter", betont Bernd Dudenhöfer, stellvertretender Vorsitzender der Vereinigung der Straßenbau- und Verkehrsingenieure Berlin-Brandenburg (VSVI).

Von 5.700 Berliner Straßenkilometern sind 4.000 sanierungsbedürftig

Unabhängige Untersuchungen ergaben, dass von den insgesamt 5.700 Berliner Straßenkilometern mittlerweile rund 4.000 Kilometer dringend sanierungsbedürftig sind. Der Zustand der Berliner Straßen ist so schlecht wie nie. Dudenhöfer beziffert deshalb den akuten Investitionsbedarf für Erhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen auf rund 250 Millionen Euro jährlich. Im laufenden Haushalt hat Berlin dafür jedoch lediglich 74 Millionen Euro eingeplant. Längst sind die Zeiten vorüber, als Verkehrspolitiker noch versicherten: "Wir können uns aus wirtschaftlichen Gründen gar keine schlechten Straßen leisten."

Heute sind die fünf im Berliner Abgeordnetenhaus vertretenden Parteien zerstritten - wie eh und je, vor allem in puncto Infrastrukturfinanzierung. Einig sind sie sich nur in einem Punkt: "Es ist kein Geld vorhanden." Dudenhöfer versuchte die Situation des Berliner Straßennetzes zu analysieren. Das sei schwierig, räumt er ein, weil es keine verlässlichen Angaben über den Straßennetzzustand gebe. Denn diese Daten werden in Berlin nicht erfasst. Er bemängelt, dass es kein Erhaltungsmanagementsystem gibt, wie dies beispielsweise in Stuttgart existiert. Aber "an den massiv und subjektiv immer häufiger auftretenden Schäden", so der Experte, sei eindeutig "erkennbar, dass die Substanz der Straßen sich zunehmend verschlechtert."

Die Hochzeit des Straßenbaus lag in den 60er Jahren

Den Grund für diesen maroden Belag sieht er in dessen Historie. Denn die meisten Straßen wurden in der Nachkriegszeit errichtet. "Die Hochzeit des Stadtstraßenbaus lag in den 60er-Jahren", konstatiert er. Der Neubau erfolgte damals nach den aktuellen Standards für Achslasten und Verkehrsmengen. Die rund 60-jährige Nutzungsdauer dieser Verkehrsbauwerke ist nun fast aufgezehrt - bei drastisch gestiegenem Verkehrsaufkommen. "Schlaglöcher machen nur deutlich, dass der Eingreifzeitpunkt überschritten ist", legt Dudenhöfer dar. Über den Eingreifzeitpunkt gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen. Während der Erhaltungsplaner bereits aktiv werden möchte, um (größere) Schäden an der Gesamtkonstruktion zu verhindern und eine maximale Nutzungsdauer zu garantieren, besteht der Haushälter auf dem kostengünstigeren Flicken der Schlaglöcher, um die Befahrbarkeit herzustellen.

Tempolimit gegen Abnutzung

Teilweise wird auch mit drastischen Geschwindigkeitsbegrenzungen dem desolaten Straßenzustand Rechnung getragen. Dudenhöfer benennt die Ursachen für die aktuelle Situation eindeutig. So wurden die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen zu spät oder unzureichend vorgenommen. Doch eine große Anzahl von Straßen hat ihre Nutzungsdauer erreicht und müsse nun grundhaft erneuert werden. Außerdem ist die Straßenbefestigung längst nicht mehr ausreichend dimensioniert, sodass durch die hohe Verkehrsbeanspruchung die erwartete Nutzungsdauer überhaupt nicht erreicht wird.

Sanierung tut Not

"Eine Sanierung muss stattfinden. Dazu müssen die vorhandenen Mittel besser eingesetzt werden", bestätigt Uwe Doering, parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Der Haken an der Sache ist nur, "die Gelder gehen an die Bezirke, die sie dann einsetzen können", erläutert Christian Gaebler, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, das Vergabeprinzip. Allerdings bleibt auch in Senatskreisen zweifelhaft, ob die Bezirke die zugeteilten Mittel dann tatsächlich für Infrastrukturinvestitionen verwenden. Deshalb fordert Gaebler, dass das geändert werden müsse.

Das Land muss über Mittel bestimmen

"Das Land muss bestimmen, wo die Mittel eingesetzt werden", bekräftigt er. Fakt bleibt aber, die geforderten 250 Millionen Euro wird es auch 2012 nicht geben. Der aktuelle Investitionstopf wird nicht erhöht. Ansonsten müsste anderswo noch mehr gespart werden. Das will selbst die CDU nicht. Deren Fraktionsmitglied Oliver Scholz plädiert zwar für eine Aufstockung, möchte aber keine Größenordnung dafür nennen. Die Bauexperten plädieren für ein zentrales Straßenzustandskataster, wie es auch in Stuttgart erstellt wurde. "Wir arbeiten dran", versichert Gaebler. Doch das geschieht bereits seit Anfang 2008 - mit weiterhin offenem Ende.

Wenn nicht bald politische Grundsatzentscheidungen getroffen werden, wird sich der Werteverzehr weiter fortsetzen, was letztendlich auch die Verkehrssicherheit beeinträchtigt. Deshalb fordern der regionale Bauindustrieverband und die Fachgemeinschaft Bau Berlin-Brandenburg in einem gemeinsamen Parlamentarierbrief das Abgeordnetenhaus auf, die Investitionen in das Straßennetz dem tatsächlichen Bedarf anzupassen. Dies bedeute, dass die Bundeshauptstadt ihre Mittel dafür verdreifachen müsste. Nun, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Herbert Schadewald Investitionstopf wird nicht aufgestockt.

Verkehr in Berlin

Laut der Berliner Senatsverwaltung verfügt nur die Hälfte der Berliner Haushalte über ein eigenes Auto.Einen Großteil des Verkehrs macht hingegen der Güterverkehr aus: Pro Jahr werden in Berlin rund 22,7 Millionen Tonnen Güter mit dem Lkw transportiert, 4,2 Millionen Tonnen mit der Bahn und 3,2 Millionen  Tonnen mit dem Schiff.

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