Grammer Sitzproduktion Fahrer-Thron wird auf Herz und Nieren geprüft

Grammer Sitzproduktion Roadtiger Foto: Thomas Kueppers 12 Bilder

Im Rahmen der European Truck Racing Championship (ETRC) präsentierte Grammer 2018 den neuen Nachrüst-Fahrersitz "Road Tiger". Wir haben uns die Entstehungsgeschichte des komfortablen Throns nun ganz genau angeschaut.

Extralange Federwege inklusive längshorizontaler Federung, Polster mit bequemer Schulter- und Seitenkonturanpassung, dazu eine einzigartige Klimatisierung: Die Ausstattungsliste der Topversion des Grammer Road Tiger liest sich eindrucksvoll. Und gerade das patentierte Klimasystem hat es in sich: Für die kalte Jahreszeit wartet der Sitz mit einer klassischen Heizung auf, im Sommer aber bläst er den Rücken nicht nur an und unterkühlt so den Körper. Nein, die Körperfeuchtigkeit wird beim Road Tiger durch das Absaugen der Luft aktiv abtransportiert. In Basis-, Komfort- und Luxusausführung ist der Grammer-Thron zu haben, grundsätzlich kommt er mit einer ABE und einem für den jeweiligen Lkw passenden Einbaukit. Die Topvariante ist dazu mit Leder bezogen, das qualitativ auf dem Niveau der Tierhäute in Oberklasselimousinen rangiert. Keine Frage also: Der Sitz des Oberpfälzer Herstellers ist im Premiumsegment angesiedelt. Grammer gehört nicht umsonst zu den Initiatoren des "European Spine Award", mit dem Ideen aus dem Bereich der Wirbelsäulenforschung prämiert werden. Die neuesten Erkenntnisse aus der Kooperation mit Universitäten und Instituten fließen so direkt in die Produktentwicklung ein.

Grammer Sitzproduktion Roadtiger Foto: Thomas Küppers
Im hauseigenen Competence Center werden die Sitze auf Herz und Nieren getestet.

Die Prüfanlage kennt kein Pardon

Bevor ein Sitz mit dem Grammer-Logo aber in Serie geht, wird er im hauseigenen Competence Center – dem Herz der Entwicklung – malträtiert. Eine Prüfanlage, die den Sitz samt Dummy in sechs Achsen bewegt, scheucht den Prototyp über virtuelle Straßen, die von Schlaglöchern nur so gespickt zu sein scheinen. Die komplette Lebensdauer des Road Tiger hat der Hersteller so schon abgespult, ihn dazu in drei Klimahallen bei unterschiedlichen Luftfeuchtigkeiten Temperaturen von -30 bis +80 Grad Celsius ausgesetzt. Salzspülkammern und Sackfalltests hat das Gestühl durchlaufen. Die Seitenwangen mussten sich Erprobungen unterziehen, die 30.000 Ein- und Ausstiege simulieren. Selbst die Tasten werden nach einem eigens entwickelten Prozedere immer und immer wieder betätigt. Auch in der Produktion steht die Qualität für Grammer an erster Stelle: Unter dem GPQ-Grundsatz – "Grammer Produces Quality" – wird an jedem Standort, in jeder Abteilung jeden Morgen eine Teambesprechung anberaumt. Auf einem knallroten Tisch platzieren die Mitarbeiter Dokumente zu aktuellen Problemstellungen, erarbeiten gemeinsam Ideen und haken den Vorgang dann mitsamt der gefundenen Lösung auf einem grünen Tisch ab. Zu 120 Prozent übererfüllt der Hersteller sämtliche gesetzliche Normen für jedes Teil der Sitze. Die Werkzeuge für die Produktion werden in Eigenregie angefertigt und instand gesetzt.

Nur wenige Stapler kommen noch zum Einsatz, exakt getaktete Züge bringen die Bauteile an die einzelnen Arbeitsstationen. Ganze 28.000 Tonnen Stahl verarbeitet Grammer in der Metallfertigung am Standort in Kümmersbruck so jährlich. Bis zu fünf Tonnen schwere Blechrollen – sogenannte Coils – werden hier angeliefert, das bis zu vier Millimeter starke Metall dann von den Elektropressen mit einem maximalen Druck von 630 Tonnen bearbeitet. Auf vier Meter langen Tischen formen und stanzen sie 60 verschiedene Teile, Roboter heben sie von einer Presse zur anderen. Anschließend landen die Stanzteile in Durchlaufregalen, von wo aus sie ihren Weg in die Schweißerei finden. In zehn identischen Anlagen verschwinden sie dann auf 2,70 Meter breiten Tischen. Drei Roboter arbeiten je Station gemeinsam an einer Aufgabe, werden durch Messstationen sofort im Nachgang überwacht. Doch damit nicht genug: Je Schicht werden von jeder Anlage mindestens drei Bauteile nochmals ausführlich unter die Lupe genommen. Am Ende weist allein ein Sitzrücken eine Schweißnaht von 2,5 Meter Länge auf.

Grammer Sitzproduktion Roadtiger Foto: Thomas Küppers
Trotz der zahllosen Stationen zur Qualitätssicherung testet Grammer die Funktionen jedes einzelnen Road Tiger zuletzt noch einmal durch. Dann ist der Thron perfekt vorbereitet für ein langes Leben im Lkw.

Ohne letzte Qualitätskontrolle landet kein Grammer-Sitz im Lkw

Nach den Schweißarbeiten fahren die Teile an einem Transportband in die benachbarte Halle, in der sie in Tauchbädern lackiert und später getrocknet werden. In der Sitzmontage im tschechischen Tachov ebenso wie in der Metallverarbeitung in Kümmersbruck zeigen grün und rot leuchtende Lämpchen bei der Vorkonfektionierung über den einzelnen Teilebehältern genau an, welche Teile in den Kisten für die Werker landen müssen. Jeder Werker hat damit an seinem Arbeitsplatz je Sitz nur genau die Teile vor sich, die auch wirklich verwendet werden müssen. Dazu wird jedes Drehmoment, mit dem die Schrauben befestigt werden, über zentrale Rechner überwacht. Fehler bei der Montage sind somit nahezu ausgeschlossen. Bevor die Metallteile aus Kümmersbruck in Tachov allerdings in die Produktion einfließen, müssen zunächst die Polster geschäumt werden. Zwei Komponenten werden hierzu gemischt und mittels einer Computersteuerung in die Formen eingebracht, die zuvor mit einem Trennmittel behandelt wurden – der Prozess erinnert durchaus an das Backen eines Kuchens. Sind auch die Polster fertiggestellt, folgt die Endmontage in U-förmigen Produktionslinien. Zuerst werden die Teile zur Federung des Sitzes zusammengefügt, dann folgt der Bau des Gestells und der Mechanik. Zwischen den einzelnen Arbeitsschritten wachen Sensoren und Kameras über die Qualität.

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Am Ende erhalten die frisch gebackenen Polster ihren Bezug, bevor sie dampfgebügelt werden und der fertige Road Tiger eine Schutzfolie übergestülpt bekommt. 90 Minuten vergehen so je Sitz in der Montage, alle drei Minuten verlässt ein neuer Fahrerthron das Band. Doch trotz der vielen Zwischenprüfungen: Ohne eine letzte Qualitätskontrolle landet kein Grammer-Sitz im Lkw.

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