Geldsegen für Wissing Milliardenschwere Mauterhöhung

Hundert, Euro,Lkw, Schein, Geld Foto: ETM

Die annähernde Verdopplung der Lkw-Maut kommt – und zwar schon früher als viele erwartet haben. Auch Betreiber von Transportern werden zur Kasse gebeten.

Die nächste Mauterhöhung steht Transport- und Logistikunternehmen schon im Dezember 2023 ins Haus. In einer zweiten Stufe will das Bundesverkehrsministerium (BMDV) ab Juli 2024 dann auch Transporter ab 3,5 Tonnen zur Kasse bitten. Das geht aus einem Referentenentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Mautgesetzes hervor.

Die Bundesregierung beruft sich bei ihren Plänen auf den Koalitionsvertrag, der schon für 2023 eine CO2-Differenzierung der Lkw-Maut sowie eine Ausweitung der Mautpflicht auf Fahrzeuge unter 7,5 Tonnen vorsieht. Eine Doppelbelastung durch die CO2-Maut und den bereits eingeführten CO2-Preis solle ausgeschlossen werden, heißt es darin.

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Im März hatte die Ampel in ihrem Modernisierungspaket eine Finanzspritze von 45 Milliarden Euro für die Schiene vereinbart, die vornehmlich aus der Lkw-Maut erwirtschaftet werden soll. Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) befürchtete eine saftige Mauterhöhung, die einer Verdopplung gleichkomme. „Das ist ein völliges Unding“, hatte BGL-Vorstandssprecher Prof. Dr. Dirk Engelhardt erklärt und nicht ausgeschlossen, gegen diese Pläne mobil zu machen.

So schlägt die CO2-Komponente konkret zu Buche

Die Befürchtungen bewahrheiten sich nun: Wie aus dem Entwurf hervorgeht, wird für einen Euro-6-Sattelzug künftig eine Gebühr von 34,8 Cent je Kilometer fällig. Nach der erst zu Jahresbeginn 2023 erhöhten Lkw-Maut ist er aktuell mit 19 Cent dabei. Der Sprung von 19 auf knapp 35 Cent kommt in der Tat annähernd einer Verdopplung gleich. Zu Buche schlägt dann die neue Mautkomponente für verkehrsbedingte CO2-Emissionen. Hierfür sind 15,8 Cent pro Kilometer fällig. Ein Euro-1- oder Euro-2-Lkw muss wegen seines CO2-Ausstoßes 16,2 Cent zusätzlich zahlen. Die anderen Mautkomponenten – die Teilsätze für die Infrastruktur sowie für die externen Kosten (Luftverschmutzung und Lärm) - bleiben gleich.

In einer zweiten Stufe wollen SPD, Grüne und FDP von Juli 2024 an erstmals auch Betreiber kleinerer Fahrzeuge zur Kasse bitten. Handwerksfirmen sollen jedoch von der Mautpflicht für 3,5 bis 7,5-Tonner ausgenommen werden. Ein Euro-6-Transporter wäre dann mit 15,3 Cent dabei. Mit 5,2 Cent schlagen die Wegekosten für den Infrastrukturverschleiß zu Buche, bei den externen Kosten für Luftverschmutzung und Lärm fallen 1,1 und 1,6 Cent an und für den CO2-Ausstoß 7,4 Cent.

Das bringt die Lkw-Maut bis 2027 ein

Für Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) kommt die Mauterhöhung einem beispiellosen Geldsegen gleich. Spült die erhöhte Lkw-Maut in diesem Jahr voraussichtlich 8,5 Milliarden Euro in die öffentlichen Kassen, sind es den Kalkulationen der Regierung zufolge 2024 schon 15,2 Milliarden Euro. Die erneute Erhöhung bedeutet also eine Steigerung der Einnahmen um 6,7 Milliarden Euro pro Jahr. Betreiber von Transporterflotten beteiligen sich daran mit rund 0,6 Milliarden Euro. Insgesamt erwartet die Bundesregierung im Zeitraum von 2023 bis 2027 Mauteinnahmen von 72,5 Milliarden Euro. Der CO2-Aufschlag hat daran einen Anteil von 27,2 Milliarden Euro, die Mautausdehnung auf kleinere Fahrzeuge von 3,9 Milliarden Euro.

Und welche Tarife gelten fortan für emissionsfrei betriebene Fahrzeuge? Beziehungsweise welchen Mautbonus erhalten sie? Sie sollen zunächst bis 31. Dezember 2025 von der Gebührenpflicht ausgenommen werden. Danach sollen Transport- und Logistikunternehmen für diese Fahrzeuge nur einen um 75 Prozent reduzierten Mautteilsatz für die Infrastrukturkosten sowie die Mautteilsätze für externe Kosten (Luftverschmutzung und Lärmbelastung) entrichten.

Höhere Vergütung auch für Toll Collect

Im Zuge der Mauterhöhung fallen nicht unerhebliche Kosten auch beim Betreiber Toll Collect sowie der Kontrollbehörde Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) an. Toll Collect rechnet demnach mit einmaligen Kosten von 59 Millionen Euro und von laufenden Kosten von rund sechs Millionen Euro. Hand in Hand geht die Erhöhung der Lkw-Maut demnach auch mit einer Erhöhung der Vergütung bei dem bundeseigenen Dienstleister. Das BALM erwartet einmalige Kosten von rund 33 Millionen Euro.

Die Autoren des Referentenentwurfs gehen davon aus, dass Flottenbetreiber die Mautmehrkosten ihrer Kundschaft weiterreichen können. Die Auswirkungen auf die Endverbraucherpreise seien aber „marginal“ heißt es, da die Transportkosten nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten eines Produkts ausmachten.

Beispielrechnung Maut pro km für schweren Euro 6 Lkw

  • aktuell: 19 Cent
    • davon Anteil Infrastruktur: 15,5 Cent
    • davon Anteil Lärm: 1,2 Cent
    • davon Anteil Luftverschmutzung: 2,3 Cent

  • ab Dezember 2023: 34,8 Cent
    • davon Anteil Infrastruktur: 15,5 Cent
    • davon Anteil Lärm 1,2 Cent
    • davon Anteil Luftverschmutzung 2,3 Cent
    • davon Anteil CO2-Ausstoß: 15,8 Cent

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Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
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