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EP: Kritik an neuer EU-Lkw-Maut Umweltziele und Verkehrswende nicht erreicht

Foto: Stock Adobe, Jürgen Fälchle

Die Einigung von Vertretern der EU-Institutionen auf eine neue Wegekostenrichtlinie (Eurovignette) wird von Konservativen und Grünen im Europäischen Parlament (EP) abgelehnt. Transportverbände sehen sie positiver.

Der nach vier Verhandlungsjahren erzielte Kompromiss sieht vor, dass die Lkw-Maut künftig nach gefahrenen Kilometern und nicht für einen bestimmten Zeitraum gezahlt wird. Proklamiertes Ziel der Neuregelung ist es, den Ausstoß von umweltschädlichen Gasen und die Überlastung der Infrastruktur zu reduzieren. Wer mehr verschmutzt, soll verschärft zur Kasse gebeten werden. Der vorläufige Kompromiss muss allerdings noch von den Mitgliedstaaten und dem EP-Plenum abgesegnet werden, und das wird möglicherweise kein Selbstläufer.

Vorteile für bestimmte Länder und die Straße

Die größte Fraktion im EP, die Europäische Volkspartei (EVP), kritisierte die Schlupflöcher in der geplanten Reform. Sie führten dazu, dass die Ziele des Grünen Deals nur auf dem Papier erreicht würden, betonte EVP-Verhandlungsführerin Barbara Thaler. Außerdem verschaffe die Einigung bestimmten Ländern Vorteile und führe zu Marktverzerrungen, monierte die Österreicherin. Die vorgeschlagene Lösung begünstige darüber hinaus den Lkw mit erheblichen Vorteilen gegenüber dem Schienengüterverkehr.

Kein Gewinn für die Umwelt

Durch die große Anzahl an Ausnahmen, beispielsweise für Länder mit Maut-Konzessionsverträgen, beträfen die Neuregelungen in erster Linie Deutschland, Österreich, die Niederlande und Belgien, bemängelte Markus Ferber, der für die CSU im EP sitzt. „Damit wird weder eine einheitliche europäische Lkw-Maut geschaffen, noch kann etwas für die Umwelt erreicht werden“, fügte er hinzu. „Die Forderung des Europäischen Parlaments nach technologieneutraler CO2-Differenzierung mit präziser Lenkungswirkung, sowie einheitliche Regeln für ganz Europa sehe ich aktuell nicht erfüllt", sagte er.

Keine Impulse für Verkehrswende

Die EP-Grüne Anna Deparnay-Grunenberg sieht nicht die dringend nötigen Impulse für eine nachhaltige und gerechte Verkehrswende. Das Verursacherprinzip werde durch eine Vielzahl von Ausnahmen durchlöchert, bemängelte auch sie. Es fehlten außerdem Anreize für eine Verlagerung auf andere nachhaltige Verkehrsträger. „Die Ziele des Green Deals sind mit dieser Einigung nicht zu erreichen und wir lehnen sie deshalb ab“, unterstrich die Abgeordnete.

Vernünftiger Kompromiss

Auch wenn man sich nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt habe, hält der verkehrspolitische Sprecher der FDP im EP, Jan-Christoph Oetjen, den Kompromiss für besser als gar kein Ergebnis. SPD-Mann Ismail Ertug dagegen hält den Text für einen „vernünftigen Kompromiss, der entscheidende Weichen für die Zukunft stellen wird“. Er sei einer der wichtigsten Bausteine zur Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs, „weil er Anreize für die Industrie aber auch Transportunternehmen schaffe, emissionsarme und -freie Fahrzeuge in den Markt zu bringen.

DSLV warnt vor Mehrfachbelastungen

Auch die europäische Spediteursvereinigung Clecat begrüßte die vorläufige Einigung. „Dies wird auch den Übergang zu einem emissionsfreien Gütertransport beschleunigen“, sagte Clecat-Generaldirektorin Nicolette van der Jagt. Der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik wiederum warnte vor Mehrfachbelastungen für deutsche Transportunternehmen durch mehrere CO2-Abgabensysteme. Auch müsse die Umsetzung der Richtlinie europäisch einheitlich erfolgen. Bislang lasse die Novelle Ausnahmen für bestimmte Nutzergruppen zu. Es müssten aber sämtliche Verkehrsnutzer zahlen und die erwirtschafteten Gebühren eins zu eins zurück in den Finanzierungskreislauf Straße fließen.

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Die EU-Staaten bleiben auch mit der Neuregelung frei, auf ihren Straßen Benutzungsgebühren zu erheben. Tun sie dies, muss es aber EU-konform geschehen. Tritt die Richtlinie in Kraft, müssen die Mitgliedsstaaten sie innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umsetzen. Auch Busse, Kleintransporter und Pkw sollen die neuen Gebühren zahlen.

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