Der 53. Deutsche Verkehrsgerichtstag plädiert für eine Regelgeschwindigkeit von 80 km/h auf der Landstraße und stellt die Weichen für das automatisierte Fahren.
Die Justizpraxis, aber im Wesentlichen die Verkehrspolitik erhält jedes Jahr vom Deutschen Verkehrsgerichtstag entscheidende Empfehlungen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, die in unterschiedlichen Arbeitskreisen von Verkehrsexperten erarbeitet werden. Auch der 53. Verkehrsgerichtstag, der sich vergangene Woche in Goslar zusammenfand, machte da keine Ausnahme – Verkehrssicherheit, Strafverfolgung und Datenschutz wurden in den unterschiedlichsten Ausprägungen diskutiert.
Gesetzliche Sperrfrist von fünf Jahren empfohlen
So lautet die Empfehlung des Arbeitskreises zum europäischen Führerscheintourismus, eine gesetzliche Sperrfrist von fünf Jahren, im Wiederholungsfall von zehn Jahren, jeweils nach dem Entzug der Fahrerlaubnis einzuführen. Zudem kritisierten die Experten, dass die Harmonisierung der Erteilungsvoraussetzungen noch nicht vollständig erfolgt sei und diese daher endlich auf europäischer Ebene vereinheitlicht sowie ein europäisches Fahreignungsregister eingerichtet werden sollte, um dem Führerscheintourismus die Grundlage zu entziehen.
Tempo 80 auf Landstraßen
Um das Unfallrisiko auf der Landstraße zu senken, schlagen die Verkehrsexperten eines weiteren Arbeitskreises vor, die Regelgeschwindigkeit für Pkw und Lkw gleichermaßen auf 80 km/h zu setzen. Dazu müssten Regel und Ausnahme bei der zulässigen Höchstgeschwindigkeit umgekehrt werden. Entsprechend ausgebaute oder ertüchtigte Straßen sollen weiter für Tempo 100 freigegeben werden. Auf Streckenabschnitten mit unzureichender Sichtweite sollen Überholverbote grundsätzlich angeordnet werden.
Ein wichtiges Sicherheitsthema ist auch die Ablenkung durch moderne Kommunikationstechniken – jeder hat am Steuer schon mal zum Smartphone gegriffen, aber belastbare Zahlen, wie oft diese Unaufmerksamkeit zu einem Unfall führt, gibt es nicht. Die Verkehrsexperten setzen sich daher für eine neue Arbeitsgruppe bei der Bundesanstalt für Straßenwesen ein, die dies untersuchen soll, und wollen bei der Prävention größere Anstrengungen sehen, wie bei der Verkehrserziehung oder auch im Alltag von Berufskraftfahrern.
Navi-Bedienung während der Fahrt verhindern
Vor allem fordert der Arbeitskreis in seinen Empfehlungen, technische Lösungen im Fahrzeug zu schaffen, die etwa während der Fahrt das Nutzen bestimmter Funktionen verhindern sollen, etwa das Eingeben von Textnachrichten oder die manuelle Bedienung des Navigerätes. Allerdings müsse zuerst der Gesetzgeber die entsprechenden Rahmenbedingungen etwa für die Fahrzeughersteller schaffen.
Diese sind auch an einem rechtlichen Rahmen für das Thema Automatisiertes Fahren interessiert, das aus diesem Grund ebenfalls Gegenstand von Beratungen war. Die Änderung des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr von 1968, die derzeit in Gange ist, reicht den Experten zufolge nicht aus. Vielmehr zielen die Goslaer Empfehlungen darauf ab, dass dem Fahrzeugführer bei dem Thema sprichwörtlich nicht die Zügel komplett aus der Hand genommen werden.
Alle Funktionsweisen und Eingriffe dokumentieren
Der Fahrer müsse etwa selbst entscheiden können, ob er solche Systeme nutzen möchte. Gleichzeitig sei er bei bestimmungsgemäßen Gebrauch von Sanktionen und Fahrerhaftung freizustellen. Zur Klärung von Haftungsansprüchen wiederum müssten alle Funktionsweisen und Eingriffe dokumentiert werden, was Fragen zu Datenschutz und Transparenz nach sich ziehe. Gegen Fehlgebrauch sowie gegen Manipulation von außen seien entsprechende technische Vorkehrungen zu treffen. Das Thema ist also – wie der Arbeitskreis auch konstatierte – ein gesellschaftliches und bedarf noch einiger Normen und Regelungen.