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BAG nutzt Mautdaten Kabotage-Sünder überführen

Foto: Jan Bergrath

Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) darf seit Oktober die Mautdaten nutzen, um Kabotage-Sündern auf die Schliche zu kommen. Was die neue Möglichkeit der Verfolgung bisher gebracht hat.

Die Maut beschert dem Bund jährliche Milliardeneinnahmen. Ein weiterer Schatz wurde lange nicht gehoben: die Mautdaten zu den vielen Millionen Fahrten im Jahr. Seit Oktober 2021 nun darf das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) in begründeten Fällen darauf zugreifen, um Kabotage-Sündern auf die Schliche zu kommen. Von dieser Möglichkeit macht die Behörde auch Gebrauch – mit Erfolg, wie nun die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag zeigt.

Insgesamt 337 Mal griff das BAG von 1. Oktober 2021 bis 30. Juni dieses Jahres demnach auf Mautdaten zurück, um damit Fälle von illegaler Kabotage zu verfolgen. Durch eine genaue Analyse der jeweiligen Fahrten erzielten die Beamten im letzten Quartal 2021 fünf und im ersten Quartal 2022 17 Treffer – beziehungsweise „zielführende Zugriffe“, wie es in der Antwort der Bundesregierung heißt.

Grenzübertritt im Tachografen dokumentieren

Neben dem Zugriff auf die Mautdaten helfen dem BAG aber auch die Informationen darüber, wann die gebietsfremden Lkw über die Grenze gekommen sind. Seit 2. Februar müssen die digitalen Tachografen den Grenzübertritt dokumentieren. Die Beamten nutzen diese Angaben bei Kabotage-Kontrollen demnach immer dann, wenn sie aufgrund der Frachtpapiere keinen eindeutigen Fahrtverlauf erkennen können. In wie vielen Fällen die Kontrolleure schon die Daten des Tachografen nutzten, um die jeweiligen Grenzübertritte und Fahrten in Deutschland zu ermitteln, lässt sich aber nicht sagen.

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Wie viel Kabotage, also Binnentransporte in Deutschland durch ausländische Lkw, ausgeübt wird, geht aus der Antwort der Bundesregierung auch hervor. 2019 waren es demnach knapp 4,8 und 2020 rund 5,4 Millionen Fahrten. Zum Vergleich: Die Zahl der Lastfahrten insgesamt in Deutschland lag 2021 laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) bei 256 Millionen.

Um Fällen von nicht erlaubter Kabotage auf die Schliche zu kommen, führte das BAG im Jahr 2019 insgesamt 91.414 und im Jahr 2020 weitere 75.248 Kontrollen bei gebietsfremden Lkw durch. Im ersten Halbjahr 2021 waren es 44.127 Kontrollen, aktuellere Zahlen für die Folgehalbjahre liegen noch nicht vor. Resultierend daraus ergaben sich für das Jahr 2019 1.114 Bußgeldbescheide, die Bußgelder über rund zwei Millionen Euro nach sich zogen. 2020 verschickten die Beamten 1.274 Bußgeldbescheide über 2,4 Millionen Euro. 2021 kletterte die Zahl der Bußgeldbescheide auf 2.277, die betroffenen Unternehmer mussten zusammen 3,6 Millionen Euro bezahlen.

Zustände an KV-Terminals angeprangert

Ausdrücklich prangern die Autoren der Anfrage auch die Zustände an den KV-Terminals in Deutschland an, an denen große Flotten osteuropäischer Speditionen demnach dauerhaft stationiert sind. Sie wollen wissen, warum die Bundesregierung die Kabotage nicht auch auf Vor- und Nachläufe des Kombinierten Verkehrs anwendet. Die Bundesregierung hält es jedoch „nicht für erforderlich, die für den internationalen Kombinierten Verkehr geltende Rechtslage zu ändern.“ Sie hat nach eigenen Angaben keine Erkenntnisse darüber, wie hoch der Anteil ausländischer Unternehmen an den straßenseitigen Vor- und Nachläufen ist. Ebenso wenig hat sie demnach Informationen über dauerhaft an den Terminals angesiedelte ausländische Flotten.

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Neue Schwerpunktkontrollen des BAG zur Einhaltung der Kabotage-Bestimmungen, zur Überwachung der regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit und zum technischen Zustand der Fahrzeuge im Juli haben jedoch nur relativ wenige Fälle von unerlaubter Kabotage entlarvt. Bei bundesweiten Schwerpunktkontrollen am 4. Juli gab es unter 396 kontrollierten Fahrzeugen nur vier Beanstandungen mit Blick auf die Kabotage-Regeln. Am 13. und 14. Juli wurden von 860 Lkw nur 13 dahingehend beanstandet. Am 27. und 28. Juli überprüfte das BAG bundesweit 632 Fahrzeuge. Darunter waren 19 Kabotage-Sünder.

Die Kabotage wird in der Transport- und Logistikbranche unterschiedlich gesehen – es gibt Strömungen für eine weitere Liberalisierung wie für ein Festhalten beziehungsweise Verschärfen der Regeln – in jedem Fall aber für eine strikte Kontrolle der Einhaltung dieser Regeln. Befürworter einer weiteren Lockerung halten die verhältnismäßig vielen Meldungen über illegale Kabotage angesichts ihres insgesamt nur geringen Ausmaßes für nicht angebracht.

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