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Aktuelles Urteil zu Incoterms versus CMR Anspruch hat nur der Absender

Incoterms versus CMR: Ein aktuelles Urteil aus Saarbrücken gibt einem Spediteur in der Frage der Aktiv-legitimation recht.

Wer übers Ohr gehauen wird, will meistens seinen Verlust nicht einfach so hinnehmen. So ging es auch einem Verlader aus Italien, der einen deutschen Spediteur mit Hinweis auf die Haftung gemäß CMR auf Schadenersatz verklagte – obwohl er gar nicht Vertragspartner war.

In dem Fall vor dem Landgericht Saarbrücken war der Kläger das italienische Unternehmen, das von einem französischen Unternehmen mit der Beschaffung von Lithium-Ionen-Batterien beauftragt wurde. Ein dazu hinzugezogenes Unternehmen, ebenfalls aus Frankreich, beauftragte einen deutschen Logistikdienstleister mit dem Transport der insgesamt 17 Tonnen schweren Sendung.

Noch vor dem Transport wurde die Lieferadresse geändert. Der deutsche Logistiker reichte den Transportauftrag an einen österreichischen Frachtführer weiter, in dessen Auftrag holte dann ein Unterfrachtführer aus Ungarn die Sendung bei dem italienischen Versender ab und stellte sie im englischen Dartford zu. Jetzt stellte sich der Betrug heraus: Die Rechnung des italienischen Verladers lief ins Leere, woraufhin er das deutsche Logistikunternehmen auf Basis des Artikels 17 CMR auf Schadenersatz in Höhe des Kaufpreises von fast 59.000 Euro verklagte.

Wer kann was verlangen?

Kaufvertrag versus Transportauftrag, Incoterms versus CMR: Der deutsche Logistiker wies den Anspruch mit dem Hinweis ab, die Klägerin habe keine Schadenersatzansprüche aus dem CMR, weil sie nicht die Absenderin der Ware sei – Absender sei immer der Vertragspartner des Frachtführers. Die Beklagte bestritt damit die Aktivlegitimation der Klägerin.

Wer kann was von wem auf welcher Basis verlangen? „Die Frage der Aktivlegitimation ist in jeder transportrechtlichen Streitigkeit von besonderer Bedeutung“, sagt Rechtsanwalt Carsten Vyvers von der Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein in Frankfurt. Dies hänge zunächst damit zusammen, dass, wie im vorliegenden Fall, mehrere Beteiligte als Anspruchsberechtigte in Betracht kommen können, etwa Verlader, Absender und Empfänger sowie deren jeweilige Versicherungen oder Assekuradeure.

Das Landgericht Saarbrücken urteilte in dem Fall, dass bei einer Abholung der Sendung – im vorliegenden Fall auf Basis des Incoterms Ex Works (EXW, ab Werk) – der Verlader keinen Anspruch auf Schadenersatz gegenüber dem Frachtführer geltend machen kann. Die Klage wurde daher wegen der fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin abgewiesen, die außerhalb des Beförderungsvertrags stehe (Urteil vom 27. Juni 2018, Az.: 17 HK O 9/16).

Große Bandbreite bei den Incoterms

„Die Incoterms stellen ein in sich geschlossenes System dar“, sagt Vyvers, der auch Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht ist. Die Bandbreite ist groß: von sehr wenigen Pflichten des Verkäufers wie in der Klausel EXW, bei der schon die Bereitstellung zur Abholung ausreicht, bis zur bezahlten Lieferung DDP (Delivered Duty Paid) – in dem Fall wären auch Lieferung, Verzollung und Versteuerung eingeschlossen, sodass der Verkäufer die gesamte Organisation des Transports übernehmen muss; hinzu kommen noch die Abfertigung im Abgangs- beziehungsweise Eingangsland. Dabei sind Incoterms nichts anderes als Handelsklauseln ohne besondere Gesetzeskraft.

Nach Ansicht des Gerichts ist daher nicht nur der Abschluss des Transportauftrags oder dessen Durchführung der Knackpunkt in dem Fall: Vielmehr habe der Verlader zum Verlust seines Eigentums selbst beigetragen, nämlich durch seinen Kaufvertrag mit einem Betrüger und dadurch, dass er die Ware selbst ab Werk aus der Hand gegeben habe.

„Da die Ware den bestimmungsgemäßen Empfänger – auch wenn es sich hierbei um einen Betrüger gehandelt haben sollte – erreicht hat, fehlt es aller Wahrscheinlichkeit nach auch an weiteren Voraussetzungen für einen Regress“, sagt Rechtsanwalt Vyvers. „Falls es tatsächlich zu einem Schaden gekommen wäre, wäre als einziger Anspruchsberechtigter der Warenempfänger beziehungsweise Käufer in Betracht gekommen.“ Und der hat sich seinen Gewinn ja bereits erschwindelt.

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Markus Werner Fachanwalt für Arbeitsrecht
Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
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