Parcellock-Chef Gunnar Anger über Paketstationen in Wohngebieten und die Zusammenarbeit mit Kommunen.
Anger: Das Problem ist in der Tat erkannt – allerdings werden noch immer nicht konsequent Maßnahmen zu einer Entlastung der letzten Paketmeile umgesetzt. Dazu gehört die Vermeidung von Anfahrten etwa durch mehr Standortangebote für anbieteroffene Paketstationen. Hier könnte man wesentliche Verbesserungen schaffen, beispielsweise durch eine Zusammenarbeit von Städten, Kommunen, IHK, Vereinigungen lokaler Einzelhändler und Immobilienunternehmen. Denn es findet inzwischen ein beträchtlicher Warenanteil per Paket den Weg zum Kunden. Ähnlich wie in Wohngebieten Briefkästen selbstverständlich sind, sollte dies heutzutage auch für anbieteroffene Paketstationen gelten. Entsprechende Standorte müssen bereits in der Bauplanungsphase vorgesehen werden. Im europäischen Ausland sind Mehrfamilienhaus- und Quartierslösungen längst gang und gäbe.
Die großen Paketmengen werden über unsere Paketstationen an Privatkunden geliefert. Hier findet die stärkste Volumenbündelung statt. Parallel bieten wir allerdings mit unserer Sharing-Lösung auch Händlern und Gewerbetreibenden die Möglichkeit, per selbstständiger Direkteinlieferung eine Warenübergabe an lokale Paketstationen durchzuführen. In Hamburg nutzt unter anderem der lokale Lieferdienst Chris’ Kochtüte die Hamburg Box. Das Unternehmen hat damit 25 Prozent Zeitersparnis pro Kunde und kann wesentlich effizienter arbeiten. Viele seiner Kunden sind berufstätig und schätzen die flexible Abholung.
Wie sieht die Zusammenarbeit etwa mit den KEP-Dienstleistern aus?Wir arbeiten mit Paketdienstleistern zusammen, die komplett integriert an unser IT-System angebunden sind, wie DPD, Hermes und GLS. Außerdem können mit unserer Parcellock Courier App angebundene Kurierdienste und Händler sowie Gewerbetreibende direkt in mit dem Parcellock-System ausgestattete Paketstationen einliefern. Das ist auch für Städte attraktiv. Jüngstes Beispiel ist die Stadt Winsen an der Luhe, die Paketstationen mit unserem System am Bahnhof und in der Nähe der Fußgängerzonen anbietet, wovon Kunden und Händler profitieren. Gleichzeitig sehen wir am Projekt „Hamburg Box“, an dem Hermes, DPD, die DB und die Hamburger Hochbahn beteiligt sind, dass unsere anbieteroffene Variante natürlich umso stärker auch in hochfrequenten Lagen der Citys greift.
Ihre Zwischenbilanz zum Hamburger Projekt?Zahlen kann ich an dieser Stelle nicht nennen, aber wir haben wertvolle Erkenntnisse aus den bisherigen Erfahrungen ziehen können und sind mit der Akzeptanz unserer anbieteroffenen Lösung sehr zufrieden. So sind Standorte an U-Bahnen im Umfeld mit Gastronomie, Handel, gegebenenfalls auch mit Wochenmarkt und Einzelhandel, besonders gefragt und sollen zukünftig verstärkt angegangen werden. Unsere Sharing-Lösung entspricht den Erfordernissen des gemeinschaftlichen Denkens und Handelns unserer Zeit und ist für diese und kommende Generationen wichtiger denn je, um Klimaschutzziele erfüllen zu können und Lebensqualität vor allem in Ballungsräumen zu erhalten.
Zur Person
- Gunnar Anger ist seit 2016 Geschäftsführer bei Parcellock in Frankfurt
- Davor war der studierte Diplom-Betriebswirt (FH Kiel) in mehreren Führungspositionen bei Beratungsunternehmen
Das Unternehmen
- Parcellock ist ein Joint Venture von Hermes und DPD und bietet schwerpunktmäßig eine anbieteroffene Software für öffentliche Paketstationen an
- Nach Unternehmensangaben können Zusteller mit der Zustellung über eine Paketstation Zeit und Wege sparen und einen Effizienzgewinn von 25 Prozent erreichen, gleichzeitig kann die Paketstation als Konsolidierungspunkt verwendet werden