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Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts Ärger über Fahrverbote in Berlin

Berlin, Winter, Fahrverbote Foto: Herbert Schadewald

Dicke Luft in Berlin: Das Verwaltungsgericht schreibt Dieselfahrverbote auf acht Straßen vor. Die Stadtautobahn A100 fällt vorerst nicht darunter.

Ein Gespenst geht um in Deutschland – das Gespenst der Dieselfahrverbote. Bereits für elf Städte liegen entsprechende Gerichtsurteile vor. Betroffen ist auch die Bundeshauptstadt. Dort wächst die Angst vor einer Sperrung eines Teils der Stadtautobahn (A100), nachdem für Essen 2019 ein Teil der A40 für Diesel-4- und -5-Fahrzeuge dicht gemacht werden soll. Die Verwaltung gibt aber zunächst Entwarnung. „Die Stadtautobahn ist nicht Teil der Liste“, versichert Jan Thomsen, Sprecher der Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr.

Nach dem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichtes vom 9. Oktober sind ab Juli nächsten Jahres 117 Straßenabschnitte mit einer Gesamtlänge von 15 Kilometern betroffen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte nach dem Berliner Urteil gefordert, dass auch der stark befahrene Abschnitt um das Autobahndreieck Funkturm am Internationalen Congress Center (ICC) für ältere Diesel gesperrt wird. Anders lasse sich die angeordnete Luftverbesserung nicht ermöglichen, erklärte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch.

Verbot auf der A100 hätte Verkehrsverlagerung zur Folge

Doch im Gegensatz zur A40 in Essen, die sich unmittelbar in der dortigen Fahrverbotszone befindet, gebe es in Berlin keine zusammenhängenden Verbotsgebiete, sondern lediglich einzelne Straßenabschnitte, die von Maßnahmen betroffen seien, verdeutlicht Thomsen. Allein daher sei die Essener Situation nicht einfach auf Berlin übertragbar. Hinzu kommt, dass – so die Befürchtung – ein Fahrverbot auf der Berliner Stadtautobahn beträchtliche Verkehrsverlagerungseffekte erzeugen würde. Thomsen hält die Fahrverbote nicht für „wünschenswert“, sondern allenfalls für eine Notlösung wegen der Luftverschmutzung durch Stickoxide. Deshalb plädiert er für eine Hardware-Nachrüstung. „Die Kosten müssen von der Kfz-Industrie getragen werden, die das Problem verursacht hat“.

Die Fuhrgewerbe-Innung Berlin-Brandenburg hält die Fahrverbote für unverhältnismäßig und wettbewerbsverzerrend. Schließlich verfügten schwere Lkw ab Euro 5 über funktionierende Adblue-Systeme ohne Abschaltautomatik. In einem Brief an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD), der bisher ohne Reaktion blieb, beklagt die Innung, dass sie mit keinem dem Gericht vorgeschlagenen Modelle „vorher bekannt gemacht worden“ sei. Sie fordert das Land Berlin auf, gegen das Urteil Berufung einzulegen.

Fahrverbote sind "Inländerdiskriminierung"

Die Mitgliederversammlung hat eine Resolution verabschiedet, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, in die Ausnahmeregelungen von Fahrverboten auch Euro 4- und -5-Nutzfahrzeuge aufzunehmen. Wie schon bei der seit 2008 bestehenden Umweltzone in der Innenstadt handele es sich bei den kommenden Dieselfahrverbotsbereichen „um einen weiteren Fall von Inländerdiskriminierung“, argumentiert Innungsvorsitzender Ulrich Schulz. Die bundesweit geltende Kennzeichnungsverordnung gelte nicht für im Ausland zugelassene Fahrzeuge und sei damit auch nicht sanktionsfähig.

„Mit Augenmaß zu reagieren“, fordert auch Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin. „Aktionismus verlagert das Problem, löst es jedoch nicht“, sagt er. Natürlich plädiere er für eine Stadt mit guter Luftqualität. Bei den dafür nötigen Maßnahmen müsse aber auch die Ver- und Entsorgung der Stadt sichergestellt sein. Er fordert die Verantwortlichen im Senat auf, Ausnahmen im Luftreinhalteplan zu definieren. Auch der IHK-Chef pocht auf eine Hardware-Nachrüstung auf Kosten der Hersteller.

Was das Gericht fordert

Das Berliner Verwaltungsgericht verpflichtet das Land, den Luftreinhalteplan bis 31. März 2019 mit Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Stickoxid-Grenzwerte fortzuschreiben. Dazu gehören Dieselfahrverbote auf elf Abschnitten von acht innerstädtischen Straßen (Alt-Moabit, Brückenstraße, Friedrichstraße, Kapweg, Leipziger Straße, Leonorenstraße, Reinhardtstraße und Stromstraße), auf denen sie innerhalb von zwei bis drei Monaten umzusetzen sind. Eine vertiefende Prüfung ist für die restlichen 106 Straßenabschnitte vorgesehen.

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