Übungen rund um den Lkw Fit für die Arbeit

Gesundheit FF 0511, Fit auf Tour, šbungen f�r unterwegs Foto: Jan Bergrath 7 Bilder

Schon normale Menschen mit einem lokalen Arbeitsplatz tun oft viel zu wenig für ihre Gesundheit und körperliche Fitness - bei Lkw-Fahrern sieht es da erst recht duster aus. Dabei gibt es für sie diverse Möglichkeiten sich auch unterwegs fit zu halten.

Da sind sie wieder: die sprichwörtlichen guten Vorsätze. Jeder kennt sie, jeder verdrängt sie. Dennoch, immer wenn zum Frühling die ersten wärmenden Sonnenstrahlen die lange winterliche Trägheit des Körpers mit ersten Glückshormonen verdrängen, meldet sich das schlechte Gewissen. Es reicht ein kurzer Blick auf den eigenen Bauch: Fett angesetzt. Das muss weg. Möglichst schnell und das noch radikal. Plötzlich steht Fitness ganz oben auf der persönlichen Werteskala. Dann kommt das Rad wieder aus dem Keller, die Laufschuhe aus dem Schrank. Oder man meldet sich schnell in der Muckibude an. Egal, Hauptsache irgendetwas tun. Vor allem, wenn Zeitschriften und Magazine einen auch noch mit diversen Beiträgen und ranken Models auf dem Titel dazu auffordern.
„Die Deutschen sind ein träges Volk“, sagt der Sportwissenschaftler Klaus Bös vom Institut für Technologie aus Karlsruhe passend zum Frühlingserwachen im „Stern“, der diesmal sogar seinen Titel diesem Thema widmet (Ausgabe 11/2011). „80 Prozent der Deutschen bewegen sich zu wenig, nicht einmal die empfohlenen zwei Stunden pro Woche. Wir sitzen im Büro, im Auto, in der Bahn – mit einem Körper, der sich eigentlich bewegen will, bewegen muss.“
Tun wir Menschen nichts für unseren Körper, folgt irgendwann die Strafe: Schlappe Muskeln oder fette Bäuche sind dabei zwar unansehnlich, aber noch nicht gefährlich. Ernst wird es bei hohem Blutdruck oder verengten Gefäßen durch zu viel schlechtes Cholesterin, was mehr oder weniger zum früheren Tod führen kann. Manchen Menschen ist das egal. Regelmäßiger Sport dagegen belohnt den Körper, stärkt die Muskulatur und das Herz und sorgt bei vielen Menschen für ein richtig gutes Lebensgefühl.

Der Bandscheibenvorfall - ein Warnschuss


So wie bei Herbert Bartz aus Jülich. Sportlich war er schon immer. Vor sechs Jahren hatte er trotzdem einen Bandscheibenvorfall. So wie es jedem Lkw-Fahrer passieren kann. Er musste im Auflieger einen Stapel Leerpaletten umschichten, hob ihn überhastet an – und spürte ein Piksen im Rücken. „Es war die Zeit, als ich mein Fitnessstudio gewechselt habe“, erinnert er sich. Er kam zwar um eine Operation herum, weil er einen guten Physiotherapeuten fand. Seit dieser Zeit trainiert er jedoch konsequent im Power Point Fitnessstudio in Jülich. „Ich hatte schon immer einen natürlichen Drang zur Bewegung. Seit vielen Jahren ist Sport ein großer Teil meiner Lebensqualität.“
Sein Tourplan gestattet es ihm, nicht nur am Wochenende zu trainieren. Jeden zweiten Abend ist er wieder zu Hause. Ab dem Frühling läuft er, meist morgens, draußen im Wald mindestens eine Stunde. Sonntagmorgens geht er zusammen mit seiner Frau ins Power Point und fährt bei schönem Wetter mit ihr zusätzlich längere Touren mit dem Rad. Kollege Frank Rudolph ist seinem guten Beispiel gefolgt – wenn auch nicht mit derselben Konsequenz. Denn nach der ersten Euphorie droht schon nach ein paar Monaten der innere Schweinehund. Wer ihn nicht immer wieder überwindet, gibt bald wieder auf. Die guten Vorsätze – vergessen. Doch Training hat nur Erfolg, wenn es nachhaltig ist.
Wenn es schon schwierig ist, den normalen Menschen mit einem lokalen Arbeitsplatz zum Sport zu bewegen – bei Fernfahrern verstärken sich die Probleme, weil sie behaupten, sie hätten unterwegs keine Möglichkeit zum Training. „Reine Schutzbehauptung“, entgegnet Herbert. „Es gibt natürlich Kollegen, die am liebsten mit dem Lkw bis direkt ins Restaurant vorfahren wollen, um sich dann spätabends noch das dicke Eisbein reinzuschieben. Denen ist mit Argumenten nicht zu helfen. Aber manche Kollegen würden vielleicht ganz gerne in ihrer Pause Sport treiben und wissen gar nicht, wie viele Möglichkeiten es dafür gibt.“
Also packt Herbert in seinen MAN TGX einige nützliche Geräte und zeigt, wie es geht. Gut, die Hantel aus der heimischen Sammlung ist mehr fürs Foto. Am einfachsten sind kleine praktische Übungen nach Anleitung (siehe Kasten). Für die Nackenmuskulatur zum Beispiel. Mit einer Hand unten den Sitz greifen, den Kopf in die Gegenrichtung, Spannung aufbauen, vier- bis fünfmal. Oder Brust raus und mit den Händen das Lenkrad nach oben drücken. Das stärkt den Rumpf und hilft gegen Müdigkeit.

Radfahren und Nodric-Walking sind ideal

Schon US-Schauspieler Sylvester Stallone hat für seinen Film „Over the top“ mit Bändern an einem Truck trainiert. Die Schlaufen von Physioloop sind auch für Herbert nach wie vor die beste Möglichkeit, den ganzen Körper zu trainieren. Das macht er am liebsten nachmittags oder abends während seiner neunstündigen täglichen Ruhezeit – entweder auf einem Autohof oder einer Autobahnraststätte. „Mit 119 Euro ist der Preis zwar hoch, eine Light-Version, die genauso gut ist, gibt es aber schon für rund 75 Euro. Eine gute halbe Stunde sollte man allerdings schon trainieren, um eine Wirkung zu erzielen.“
Rüdiger, der Werkstattmeister bei Bünten, hat ihm und Frank Ösen besorgt, die in Kürze seitlich an die Auflieger geschweißt werden, um den Karabinerhaken sicher anzubringen. „Aber es geht auch innen am Türhaltegriff.“ Aus der Vielzahl der möglichen Übungen konzentriert sich Herbert auf die zur Stärkung der Arm-, Brust- und Rumpfmuskulatur. Es sind die Übungen, die sich auch ohne Anleitung leicht durchführen lassen. Sich dabei auch öffentlich zur Schau zu stellen, stört Herbert nicht. Kaum ein Fahrer nimmt seine Übungen überhaupt wahr. Als Herbert die Kollegen anspricht und anbietet, es selber einmal zu testen, ergreifen sie die Flucht. Begründung: „Keine Zeit.“
Die eigentlich „bequemste“ Möglichkeit, Bewegung und Entspannung unterwegs geschickt zu kombinieren, scheidet in den meisten Fällen leider aus: das eigene Fahrrad. Normale Räder lassen sich kaum am Lkw befestigen und sie passen in keine Kiste. Auf der Ladefläche könnten sie zwar verzurrt werden, aber eben nicht bei einer Komplettladung. „Man könnte sie eventuell noch unters Dach hängen“, so Herbert, „aber das ist dann schon wieder zu aufwendig. Einzig Klappräder passen zwar in eine Kiste oder die Kabine, aber sie eignen sich mehr dazu, mal eben schnell zum Einkaufen zu radeln. Für ein effektives Training finde ich sie nicht praktikabel.“
Laufen lässt sich da leichter umsetzen. Gute Laufschuhe mit moderner Dämpfung kosten bis zu 120 Euro. „Aber man sollte sie auf alle Fälle im Fachgeschäft nach Beratung kaufen“, rät Herbert. Laufmöglichkeiten gibt es gerade auf den Autohöfen der ländlichen Regionen. Für Anfänger besser geeignet ist das Nordic Walking. Einfache Stöcke sind ab 20 Euro zu bekommen. „Ich finde das absolut in Ordnung, weil es wie die Schlaufen den ganzen Körper trainiert. Hier muss man auf die korrekte Länge der Stöcke achten  und sich vor allem den richtigen Bewegungsablauf zeigen lassen.“ Oft belächelt, hat Nordic Walking laut Sportmedizinern aber ideale Trainingseffekte für das Herz-Kreislauf-System.
Bewegung unterwegs bringt auch immer die Frage der Duschmöglichkeiten nach dem Training mit. Als Alternative zu Autohöfen und Raststätten gibt es eine Lösung aus dem Campingbereich: eine Dusche mit 20 Liter Volumen für knapp 10 Euro. „Das Prinzip ist genial einfach“, erklärt Herbert. „Sie wird gefüllt auf das Armaturenbrett gelegt und heizt sich, je nach Sonneneinstrahlung, in einer guten Stunde auf. Und das Wasser reicht aus, um sich komplett zu duschen.“
Herbert zieht seine Übungen konsequent durch – daheim und unterwegs. „Zwei- bis dreimal die Woche 20 Minuten reicht ja schon.“ Doch gerade von den älteren Kollegen bei Bünten in Jülich werden seine vielen Sportaktivitäten belächelt. Herbert ist das völlig egal. „Die meisten Kollegen ignorieren einfach, dass es ihre Gesundheit ist, die sie vernachlässigen.“

Die Gesundheitsratgeber von der AOK nutzen

Meist liegen sie leider unbeachtet neben den Ernährungstipps der Berufsgenossenschaft Verkehr irgendwo am Fahrertresen der Disposition: die Gesundheitsratgeber der AOK (siehe Fotoshow). Das ist schade, denn die insgesamt 20 praktischen Hefte aus der Infothek der AOK bieten nützliche Informationen zu verschiedenen Themen der Vorbeugung. Doch werden sie in der schwierigen Zielgruppe der Fahrer kaum wahrgenommen. Zum einen liegt es oft am Desinteresse der Fahrer, selber etwas präventiv für den eigenen Körper zu tun, zum anderen sind manche Ratgeber, wie das Heft 4 „Starker Rücken“, mehr für die breite Bevölkerung konzipiert. Konkrete Bewegungstipps für vor und im Lkw geben mittlerweile einige Lehrbücher zum BKrFQG-Weiterbildungsmodul Gesundheit. Viele Fahrer halten das schlicht für peinlich. Doch hier wiegelt Herbert ab. „Man kann mit recht wenig Aufwand einfache, aber effektive Übungen im Lkw machen, um gezielt die Bauch- und Rückenmuskeln zu stärken. Gerade die vielen kleinen Muskeln des Körpers sind für die Stabilisierung des Rückens wichtig.“ So lassen sich die AOK-Übungen, hier aus dem Büroalltag, für den Lkw adaptieren. Immer vorausgesetzt, die breite Liege im Lkw ist nicht mit Kisten und Taschen zugestellt, können sie gerade bei Wartezeiten an der Rampe schnell genutzt werden. Man muss es nur wollen.

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