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Strenge CO2-Vorgaben für Lkw und Trailer Fahrzeugbauer unter Druck

Foto: Montage: Monika Haug, Fotos: Karl-Heinz Augustin, Krone

Das EU-Parlament hat für strenge CO2-Vorgaben sowohl für Lkw als auch für Trailer gestimmt. Verbände schlagen Alarm und fordern im Gegenzug den zügigen Aufbau einer Ladeinfrastruktur.

Der Straßenverkehr muss in den nächsten Jahren einen deutlich höheren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Das EU-Parlament stimmte am Dienstag für strenge CO2-Ziele für Lkw, Busse und Trailer. Die Fahrzeugindustrie hält die Vorgaben für unrealistisch, weil sie innerhalb der vorgesehenen Fristen technisch nicht darstellbar seien. In den nächsten Wochen beginnen die Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Parlament, -Rat und -Kommission für eine abschließende Entscheidung.

Aktuell im Raum stehen nach dem Votum des Parlaments CO2-Reduktionsziele von minus 45 Prozent ab 2030, von minus 65 Prozent ab 2035 und von minus 90 Prozent ab 2040. Die Vorgaben gelten für mittelschwere und schwere Lkw, darunter auch Spezialfahrzeuge wie Müll- und Kipper-Lkw, sowie für Busse. Auch Trailer werden in die CO2-Regulierung einbezogen. Sie müssen bis 2030 eine CO2-Reduktion von 15 Prozent realisieren. Die Ziele wurden mit großer Mehrheit angenommen: 445 Abgeordnete sprachen sich dafür aus, 152 dagegen, 30 enthielten sich. Wie bei der Abstimmung über Pkw und Transporter sprach sich das Parlament auch bei der Abstimmung über Nutzfahrzeuge dafür aus, künftig auch die Potenziale von E-Fuels beim Klimaschutz zu berücksichtigen. In der Vorlage der Kommission fanden diese strombasierten Kraftstoffe keine Erwähnung.

VDA: Reduktionsrate für Trailer nicht realisierbar

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) knüpft an die Einhaltung der Vorgaben Bedingungen. „Damit die ehrgeizigen Ziele auch tatsächlich erreicht werden können, ist vor allem ein ausreichend dichtes Netz an Elektrolade- und Wasserstofftank-Infrastruktur für schwere Nutzfahrzeuge in Europa eine entscheidende Voraussetzung“, erklärte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Das sei aktuell noch nicht einmal annähernd vorhanden. Explizit kritisiert sie die geplanten verschärften Anforderungen für Trailer. „Eine zweistellige CO2-Reduktionsrate in Höhe von 15 Prozent ist technisch schlichtweg nicht realisierbar“, betont die VDA-Präsidentin. Die zahlreichen kleinen und mittelständischen Unternehmen im Anhängerbau wären ihrer Prognose nach davon hart betroffen.

Krone: kräftiger Kostenschub für Trailer

„Das Votum des EU-Parlaments ist eine herbe Enttäuschung für die komplette Fahrzeugindustrie der EU. Die Trailerbranche steht vor der immensen Herausforderung, den CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeuge innerhalb von nur sechs Jahren um 15 Prozent zu drosseln“, erklärt Alfons B. Veer, CTO des Trailerherstellers Krone aus Werlte, gegenüber der Fachzeitschrift trans aktuell. Mit den aktuell am Markt verfügbaren Maßnahmen und Komponenten seien diese Zielvorgaben nicht zu erfüllen. In der Konsequenz drohen den Fahrzeugbauern erhebliche Strafzahlungen. Die Verantwortlichen bei Krone sehen dafür keinen finanziellen Spielraum und zu einer vollumfänglichen Weitergabe dieser Mehrkosten an die Kunden keine Alternative. Auflieger könnten damit ab 2030 erheblich teurer werden.

Wie der VDA kritisiert auch die International Road Transport Union (IRU), dass die CO2-Ziele nicht Hand in Hand mit einem Hochlauf von entsprechender Tank- und Ladeinfrastruktur für alternativ angetriebene Nutzfahrzeuge gehen. „Kurz- und mittelfristig gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Infrastruktur für den groß angelegten Einsatz von Null-Emissions-Lkw in Städten und auf den wichtigsten Korridoren der EU bereit sein wird“, erklärt sie. Es gebe zudem weder einen EU-weiten Plan noch regionale Pläne für den notwendigen Ausbau des Stromnetzes.

IRU: Ernüchterung auch bei Maßen und Gewichten

Auch die IRU geht davon aus, dass die Fahrzeugindustrie sowie die Transport- und Logistikwirtschaft erheblich unter den Folgen der CO2-Regulierung zu leiden haben werden. „Die EU-Institutionen scheinen darauf eingestellt zu sein, die Branche extrem unter Druck zu setzen, was keine großen Hoffnungen für die bevorstehenden weiteren Trilog-Verhandlungen lässt“, heißt es. Ernüchterung macht sich bei den IRU-Verantwortlichen auch mit Blick auf die ebenfalls in der Abstimmung befindliche Richtlinie zu Maßen und Gewichten breit: Der Verband stellt sich darauf ein, dass die Mitgliedstaaten die von der EU-Kommission vorgeschlagenen vier Tonnen zusätzliches Gesamtgewicht für Null-Emissions-Lkw kassieren werden. Der Bonus sei erforderlich, damit emissionsfreie Fahrzeuge wegen ihres höheren Eigengewichts vor allem durch die Batteriepakete heute genauso viel transportieren können wie konventionelle Lkw.

Auch der Verband ACEA, die Dachorganisation der nationalen Fahrzeugverbände, sieht die Hersteller unter Druck und fordert entsprechende Rahmenbedingungen ein. „Sonst wird dies nicht nur den ökologischen Wandel unseres Sektors verlangsamen, sondern auch unsere globale Wettbewerbsfähigkeit gefährden“, erklärte ACEA-Generaldirektorin Sigrid de Vries. Die Hersteller investierten Milliarden in emissionsfreie Technologien für batterieelektrische und wasserstoffbetriebene Fahrzeuge. Die Technologie sei verfügbar und die Serienproduktion laufe an. „Doch das Fehlen einer Tank- und Ladeinfrastruktur sowie das Fehlen wirksamer CO2-Bepreisungssysteme und Anreize zum Umstieg auf Null-Emissions-Lkw stellen große Hindernisse für den Übergang dar.“ Um das erste Reduktionsziel – minus 45 Prozent bis 2030 – zu erreichen, müssten nach ACEA-Berechnungen bis dahin mehr als 400.000 emissionsfreie Lkw auf der Straße sein. Mindestens 50.000 öffentliche Ladestellen, darunter 35.000 Megawatt-Ladestationen, und 700 Wasserstofftankstellen mit einer Tageskapazität von zwei Tonnen seien darüber hinaus erforderlich.

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