Profi Roman Jansen Nationale Obst- und Gemüsetransporte

Roman Jansen, Profi im Profil FF 11/2016. Fruchtlogistik AZ. Foto: Jan Bergrath 14 Bilder

Roman Jansen arbeitet seit neun Jahren für die AZ aus Kempen. Dort muss er ausschließlich fahren. Er schafft dadurch nicht nur mehr Kilometer. Es hat auch Auswirkungen auf seine ruhige Fahrweise.

Der Volvo mit der Nummer 39 steht bereits am Tor, als Roman Jansen um 8 Uhr morgens auf dem Gelände der AZ in Kempen eintrifft. Er setzt sich noch kurz mit ein paar Kollegen zusammen, dann ist für ihn Zeit, mit der Arbeit zu beginnen. "Erst um 8.30 Uhr ist für mich planmäßig Abfahrt", sagt er und holt sich bei Fuhrparkleiter Norbert Hoersch die Frachtpapiere. "Dann endet meine Ruhezeit von elf Stunden, nachdem ich gestern aus Süddeutschland zurückgekommen bin."

Die AZ, was für Absatzzentrale steht, wurde bereits in den 60er-Jahren als Genossenschaft in Krefeld gegründet. 2009 zog sie auf das 13,5 Hektar große Gelände in Kempen. Das Umschlaglager mit 24.000 Quadratmetern hat jeweils 45 Tore.

 Auf der einen Seite wird die Ware, bis zu 200.000 Kisten frisches Obst und Gemüse am Tag, angeliefert, auf der anderen Seite in die Lkw verladen, die an 364 Tagen im Jahr die Zentrallager des Einzelhandels beliefern. Nur am 1. Weihnachtsfeiertag stehen die 100 eigenen Lkw, zur Hälfte Volvo und Mercedes, auf dem Platz. Seit neun Jahren fährt Roman für die AZ. "Diese Stelle ist der einzige Grund, warum ich überhaupt wieder als Fahrer arbeite."

Roman Jansen wechselt zu AZ

Seinen Lkw-Führerschein hat der gelernte Elektrotechniker zwar schon 1996 gemacht, aber nach zwei Stellen bei zwei kleineren regionalen Frachtführern hatte er den Job nach kurzer Zeit bereits wieder aufgegeben. "Die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeit war dort praktisch nicht möglich", fasst er kurz zusammen. Er arbeitete daher lieber als Busfahrer. "Dann hat mir ein Bekannter empfohlen, mich bei der AZ zu bewerben. Ich war erstaunt, dass ich überhaupt zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Denn eigentlich gibt es hier unter den langjährigen Fahrern, die mit dem besonderen Arbeitsrhythmus klarkommen, keine Fluktuation."

Die AZ betreibt klassischen Werkverkehr. Die Ware, die reinkommt, geht sofort wieder raus und wird noch am selben Tag ausgeliefert. "Allerdings ohne Termindruck, dafür sind die Touren genau geplant. Ich muss bei der AZ wirklich nur fahren. Das Beladen, das Tanken und selbst das Rangieren an die Rampe übernehmen bei uns andere Mitarbeiter." Das Einzige, was Roman bei der AZ im Lager noch macht, ist die Ladungssicherung, dann geht es schon los. Eine kurze Tagestour nach Unna. "Unsere Disposition plant so, dass wir mit unseren 45 Stunden Lenkzeit pro Woche in der Doppelwoche effektiv fahren können", erklärt er. "Am liebsten fahre ich persönlich nach Süddeutschland."

45 Stunden Freizeit verschieben sich kontinuierlich

Das ist etwa die Tour nach Landshut, knapp neun Stunden Lenkzeit, nach dem Abladen noch eine Stunde Lenkzeit bis zur Raststätte. "Am nächsten Tag geht es dann meist nach Mutterstadt zum Pfalzmarkt. Dort lade ich entweder wieder für Süddeutschland oder zurück nach Kempen. Nach der Ruhezeit daheim geht es wieder auf eine lange oder eine kurze Tour."Entscheidend ist: Die Einsatzzeit von Roman ist in der Regel fünf oder sechs Tage am Stück unter Einhaltung der Ruhezeiten, dann hat er mindestens 45 Stunden frei. "Das ist natürlich nicht immer ein Wochenende, sondern es verschiebt sich kontinuierlich." Der Lkw läuft aber weiter – mit einem der Springer. "Da ich auch beim Kunden nicht abladen muss, kann ich mich komplett aufs Fahren konzentrieren und schaffe allein etwa 140.000 bis 150.000 Kilometer im Jahr, weitere 40.000 Kilometer machen dann die Kollegen. Und das nicht nur vollkommen stressfrei, sondern für einen überdurchschnittlich guten Lohn.

"Roman fährt mit Ruhe und Voraussicht. "Seit der Geburt meiner Tochter habe ich mir eine defensive Fahrweise angewöhnt." Aber er wird ständig von anderen Lkw überholt, fast fünf Kilometer hängt ihm ein weißer Scania mit fünfzehn Meter Abstand im Heck, wie er im Rückspiegel beobachtet. "Viele Kollegen bringen den Zeitdruck mit auf die Straße. Aber am Ende gewinnen sie doch keine Zeit. So gesehen herrschen bei uns schon fast paradiesische Zustände, jedenfalls was das Thema Verkehrssicherheit betrifft." Und gerade deswegen macht sich Roman Sorgen. Um die vielen Lkw-Unfälle, die in letzter Zeit passieren. Vor allem am Stauende. Mittlerweile mindestens einer am Tag. Als er am 12. Juli mit seiner Familie im Pkw auf dem Weg in den Urlaub war, raste auf der A 7 bei Guxhagen ein Lkw nach Polizeiangaben ungebremst in ein Stauende und löschte eine komplette Familie in ihrem Pkw aus. Die Gründe sind bis heute nicht ermittelt. "Ich musste einfach etwas tun und habe eine Onlinepetition gestartet. (Siehe "Petition fordert Verkehrsminister zum Handeln auf".)

"Es müsste einfach mehr mobile Kontrollen geben"

Wir fordern mehr Kontrollen und bessere Überwachung der Autobahnen zum Beispiel durch Videoaufnahmen, heißt es darin unter anderem. Leider gibt es bislang gerade einmal 215 Unterstützer", erläutert er. "Aber vielleicht schreckt es andere Fahrer ja auch ab, wenn sie das Wort Kontrolle lesen."So bezweifelt er die Wirksamkeit der stationären Abstandskontrollen. "Wenn ich manchmal so sehe, wie dicht die Kollegen hintereinander fahren, dann wird mir ganz komisch. Aber wenn sie dann an den bekannten Brücken vorbeikommen, zieht sich der Konvoi plötzlich wieder auseinander. Es müsste einfach mehr mobile Kontrollen geben."

In seinem Volvo ist ein Notbremsassistent und ein Abstandsregler, der sehr präzise arbeitet. Ausgeruht und immer mit dem richtigen Abstand hat er seinen Lkw jederzeit im Griff. Er kann die Kollegen nicht verstehen, die ihre Lebensretter dauerhaft per Knopfdruck ausschalten. "Wir hatten selber im Juni dieses Jahres einen Auffahrunfall mit einem knapp drei Monate alten Actros auf der A 1 bei Osnabrück", sagt Fuhrparkleiter Hoersch. "Unser Fahrer wurde dabei schwer verletzt und kann sich nicht mehr an den Unfall erinnern. Wir vermuten, dass der Notbremsassistent wohl deaktiviert war. Seither haben wir alle Fahrer schriftlich ermahnt, sämtliche Sicherheitssysteme eingeschaltet zu lassen."

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
FF 11 Titel
FERNFAHRER 11 / 2016
4. Oktober 2016
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