Krone-Vertriebschef Albers im Interview Die Zukunft im Laderaum

Krone, Dr. Frank Albers Foto: Joachim Mottl

Digitalisierung lässt sich über die Vorteile bei der Transporteffizienz verkaufen, sagt Dr. Frank Albers, Geschäftsführer Vertrieb Inland/Ausland der Krone Nutzfahrzeug Gruppe. Auch kleine Unternehmen könnten die Aufwendungen dafür stemmen. Zudem spricht er über die Internationalisierungsstrategie und über die Herausforderungen der Lira-Krise in der Türkei sowie den Brexit.

Was bedeutet das IAA-Motto „Driving tomorrow“ für Krone?

Albers: „Driving tomorrow“ ist auch ein Anliegen unseres Claims „Wir transportieren Zukunft – We deliver the Future“. Für uns bedeutet das, dass wir uns immer wieder neu erfinden müssen. Einerseits müssen wir als Fahrzeughersteller immer dem Markt gerecht werden und andererseits auch innovativ sein – nicht nur mit neuen Produkten, sondern auch mit Dienstleistungen. Zur IAA lösen wir dieses Versprechen wieder ein.

Krone muss sich immer wieder neu erfinden – das betrifft in diesem Jahr vor allem die Angebote zum Megatrend Digitalisierung. Wie verkauft ein Fahrzeugbauer dieses noch sehr junge und recht komplizierte Thema den Kunden?

Albers: Das gelingt über das Thema Effizienz. Wir sind dafür da, Produkte und Dienstleistungen – in diesem Fall auch bei Digitalisierungsthemen – unter dem Schlagwort Effizienzsteigerung an den Kunden zu bringen. Entsprechend müssen wir das Geschäft für unseren Endkunden besser machen und ihm die Möglichkeit verschaffen, dass er mehr Geld verdienen kann. Das fängt an bei der Produktkonnektivität, sprich: es werden Produktdaten, Trailerdaten, Verbrauchsdaten und Reifenverschleißdaten übermittelt. Es geht aber auch hin zu Informationen über die auf dem Trailer befindliche Ladung: Ladungsdaten, Ladungszustand, Temperatur und wie viel Platz noch im Trailer vorhanden ist.

Wie reagieren die unterschiedlichen Kundengruppen auf diese Themen?

Albers: Grundsätzlich ist eine Differenzierung nach Kundengruppen feststellbar. Jedoch verzeichnen wir einen Generationswechsel in den Betrieben innerhalb der vergangenen zehn Jahre. Wir finden dort gut ausgebildete Unternehmensinhaber vor, die sich auch mit komplexen Thematiken vertraut machen. Die verstehen, dass Transport nicht bedeutet, Ladung irgendwie von A nach B zu bringen, sondern dass es eine Datengrundlage braucht, um den Prozess insgesamt effizienter zu gestalten. Digitalisierung ist also kein Thema nur für große Unternehmen oder große Flotten, sondern es beschäftigen sich auch kleinere Unternehmen damit.

Können kleine Unternehmen die nötigen Investitionen auch stemmen?

Albers: Sie können sie stemmen. Natürlich muss das Unternehmen betriebswirtschaftlich gut aufgestellt sein. Aber es generiert durch die neuen Angebote der Digitalisierung auch Mehrwerte, um dann wieder die Kosten zu verdienen. Die Vorteile muss es seinen Kunden, den Verladern, verständlich machen. Schließlich schafft auch der Verlader dadurch Mehrwerte.

Die Fahrzeugbauer stehen bei diesem Thema im direkten Wettkampf mit den Lkw-Herstellern und mit Zulieferkonzernen. Sie alle dringen mit ihren Telematikangeboten in das Revier der Trailerhersteller ein, nämlich den Laderaum. Wie wird dieser Wettkampf am Markt ausgetragen?

Albers: Krone fing vor 20 Jahren mit der Auswertung von Fahrzeugdaten an. Am Anfang ging es nur um den Trailer an sich. Wie wir aber mittlerweile feststellen, steht die Ladung besonders im Fokus des Interesses. Wie ist die Beschaffenheit der Ladung? Wie ist sie in den Trailer eingebracht worden? Wie ist sie aus dem Trailer ausgebracht worden? Wie ist die Qualität der Ladung? Der Verlader, also der Auftraggeber unseres Kunden, will zudem wissen, wo die Ladung ist und wann sie am Zielort ankommt. Da geht es um viele Prozesse, die transparent gemacht werden müssen. Da wir den Trailer herstellen, sind wir hier auch direkt im Gespräch mit den Kunden und damit auch diejenigen mit der größten Expertise. Zudem möchte der Kunden einen Ansprechpartner, also alles aus einer Hand.

Neben dem Thema Konnektivität hat sich Krone der letzten Meile verschrieben. Dazu gehören Aufbauten für KEP-Fahrzeuge genauso wie Lastenräder, Stichwort Rytle. Welche Bedeutung haben diese neuen Segmente für Krone inzwischen erlangt und wohin soll mittelfristig der Weg führen in Relation zum klassischen Geschäft mit Trailern?

Albers: Grundsätzlich wollen wir die komplette Logistikkette bedienen. Wir werden dazu unser Produktportfolio und unser Dienstleistungsportfolio ergänzen. Wir wollen der Ansprechpartner sein für Hardware und für Software. Das bedeutet für uns „One Face to the Customer“. Der Kunde will sich nicht die Angebote aus einem großen Schrank mit zehn oder zwanzig unterschiedlichen Ansprechpartnern ziehen. Wir haben das Thema letzte Meile aufgenommen, wir haben es industrialisiert und wir haben es genormt, sodass unsere Ladungseinheiten vom Großen zum Kleinen reichen und vom Kleinen wieder zum Großen zurück.

Ich hätte gerne eine Zahl gehört. Welchen Anteil vom Absatz machen KEP-Fahrzeuge und Lastenräder jetzt schon aus?

Albers: Es fahren schon einige davon auf der Straße. Wie viele es genau sind, das muss ich schätzen. In Deutschland wurden in 2017 drei Milliarden Pakete befördert und man rechnet damit, dass sich das Aufkommen innerhalb der nächste fünf Jahre auf sechs Milliarden Pakete verdoppeln wird – das Thema Onlinehandel ist nicht aufzuhalten. Wenn man jetzt Rahmenbedingungen einbezieht wie Umweltbelastungen und Dieselfahrverbote, dann wird offensichtlich, dass wir neue Transportkonzepte benötigen. Das können hybride oder elektrische Fahrzeuge sein, aber in diesem Fall auch Lastenfahrräder, die wir mit Hilfe von entsprechend genormten Boxen industrialisiert haben. Diese Fahrzeuge werden schnell große Anteile am Lieferverkehr einnehmen. Im Moment sind wir mit vielen Kunden im Gespräch. Wir sind zum Beispiel in Hamburg, Köln, Paris, Prag und Singapur in der Testphase und gehen jetzt auch den Schritt nach Nordamerika. In Testphasen verzeichnen wir bis zu 40 Prozent Effizienzsteigerung im Vergleich zur herkömmlichen Paketauslieferung auf der letzten Meile. Das ist ein unschlagbares Argument. Unterm Strich hat jedes Verkehrskonzept seinen Platz, ob Lkw oder Lastenfahrrad.

Wer gehört zu den Kunden, die schon KEP-Fahrzeuge bei Krone gekauft haben?

Albers: Wir haben schon mehr als 3.500 KEP-Fahrzeuge aller Größen innerhalb der vergangenen fünf Jahre ausgeliefert. Die hatten alle die Farbe Gelb. Gleichwohl haben wir auch die Farben Braun und Weiß im Portfolio. Auf das Lastenfahrrad bezogen liefern wir derzeit die Farbe Braun aus. Mit Gelb und Weiß sind wir in Gesprächen, es besteht dort großes Interesse.

Ein Lastenfahrrad hat inzwischen beinahe jeder IAA-Aussteller auf dem Stand stehen. Wie wichtig ist es, dass das Produkt eingebettet ist in eine komplette Auslieferstrategie?

Albers: Das ist sehr wichtig, weil sich nur so die Transporteffizienz deutlich steigern lässt. UPS beispielsweise hat jahrelang in Hamburg ein Versuchsfeld mit Lastenfahrrädern betrieben. Dort war ein zentrales Problem, wer der Hersteller des Rads ist. Das waren meistens kleinere Fahrradhersteller, die Stückzahlen von 1 bis 50 Fahrräder produziert haben. Dort war die Verfügbarkeit ein Problem, weil immer mal etwas kaputt geht und dann der Ersatzteilversand beziehungsweise der Servicegrad entscheidend ist. Auch der Handlingsaufwand ist hier wichtig. Das sieht man am Projekt in Berlin. Mit herkömmlichen Lastenfahrrädern ist der weitaus größer, als mit unserem Konzept. Bei Rytle ist es so, dass die Pakettour in einem großen Zentralhub kommissioniert und dann in kleinen Boxen in Palettengröße bereitgestellt wird. Der Radfahrer nimmt mit dem Rytle MovR die Box auf und fährt seine Tour. Er muss keine Kommissionierungstätigkeiten mehr übernehmen. Das macht den großen Effizienzgewinn aus. Die herkömmlichen Lastenfahrräder, wie die von UPS und der Versuch in Hamburg, waren so gelagert, dass dort ein großer Wechselkoffer mit Paketen und mit einer Treppe platziert wurde und die Auslieferfahrer mussten in diese Wechselbox gehen, um die Pakete einzeln zu holen, zu kommissionieren und zum Lastenfahrrad zu tragen.

Wir sprechen aktuell viel über Konnektivität und die letzte Meile. Die klassischen technologischen Innovationsthemen wie Leichtbau, erweiterte Funktionalitäten und neue Fahrzeugmodelle treten darüber in den Hintergrund. Welche Rolle nehmen diese Innovationen bei Krone überhaupt noch ein?

Albers: Das ist trotzdem unser tägliches Geschäft und wir vernachlässigen es nicht. Leichtbau spielt weiterhin eine Rolle. Neue Materialien fließen hier ein. Aber wir sprechen an dieser Stelle von einer Evolution, weil wir auch gesetzlich beschränkt sind in den Höhen, den Breiten und den Längen. Wir verfolgen auch aerodynamische Entwicklungen weiter, um auf diese Weise Verbesserungen hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen zu erreichen.

Wie ist die wirtschaftliche Entwicklung von Krone in Deutschland und Europa zuletzt verlaufen?

Albers: Unsere Zahlen fallen sehr positiv aus. Insgesamt haben wir im zum 31. Juli abgelaufenen Geschäftsjahr einen Umsatz von mehr als 1,5 Milliarden Euro in der Nutzfahrzeuggruppe erzielt. Das ist der größte Umsatz, den wir jemals in diesem Bereich verzeichnet haben. In Deutschland waren wir in den Kraftfahrzeugbundesamts-Zahlen 2017 Marktführer in den Zulassungen. Im internationalen Bereich sind wir in manchen Ländern die Nummer eins, in manchen Ländern die Nummer zwei,. Für uns ist es aber nicht im Fokus, Marktführer zu sein, sondern wir wollen unseren Kunden ein vernünftiges Angebot unterbreiten. Andererseits sind wir auch ein Wirtschaftsunternehmen und müssen, gerade wenn es um Rohstoffpreise und Tarifabschlüsse geht, wirtschaftlich vernünftig agieren und am Ende des Tages Geld verdienen. Nur ein gesundes Unternehmen ist letztendlich auch ein verlässlicher Partner für die Kunden und nur so können wir Innovationen und Entwicklungen vorantreiben.

Liegt euer Geschäftsbericht schon vor?

Albers: Dieser ist gerade in der externen Prüfung der Wirtschaftsprüfer. Wir gehen davon aus, dass der Geschäftsbericht zu Mitte Dezember verfügbar ist.

Was sind in Europa die Märkte, in denen Krone am stärksten ist?

Albers: Neben Deutschland als Kernmarkt, der im Moment um die 27 oder 28 Prozent Umsatzanteil hat, ist natürlich der polnische Markt ein ganz wichtiger. Dort verkaufen wir mehr als 3.500 Fahrzeuge. Aber auch andere Märkte wie Frankreich und Russland haben wir im Fokus. Die Sanktionen und Zollbeschränkungen in Russland sind eine große Herausforderung für uns. Aber wir sind guter Dinge, dass wir dort weiterhin wachsen.

Russland erholt sich also ein wenig. Wie geht Krone auf dem internationalen Parkett mit der Türkei und der Lira-Krise und dem Brexit um?

Albers: Das sind natürlich auch Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Wir sind in der Türkei nicht so aufgestellt, dass wir nur für den schwächelnden nationalen Markt produzieren. Das Land ist für uns ein Brückenkopf für Länder wie die Turk-Staaten sowie Länder aus Nordafrika und weitere Anrainer. Wir produzierten in der Türkei im vergangenen Geschäftsjahr 2.500 Fahrzeuge. Wir werden in diesem Jahr sicherlich 3.000 Fahrzeuge erreichen, sowohl Standard-Profi Liner, als auch Containerchassis und Plateauauflieger.

Liegt Krone damit in der Türkei im Plan oder ist das Geschäft hinter den Erwartungen zurück geblieben, weil die wirtschaftliche Entwicklung der Türkei in der Krise steckt?

Albers: Nein, wir liegen im Plan, sogar darüber, weil wir das Portfolio und die Wertschöpfungskosten in der Türkei erweitert haben. Mittlerweile haben wir in der Türkei eine eigene Schweißerei gebaut. Wir schweißen die Chassis also selbst und fertigen dort das Endprodukt.

Aber wie stellt sich Krone auf den Brexit ein?

Albers: Es ist ein sehr ungewisses Szenario, in der Tat. Grundsätzlich wirkt sich der Brexit negativ aus. Wir von Krone verstehen uns als Europäer. Es ist schade, dass es eine solche Entwicklung in Großbritannien gibt. Krone und unsere Kunden haben ein großes wirtschaftliches Geflecht in Richtung Großbritannien. Man muss gucken, wie sich das entwickelt und wie die Rahmenbedingungen tatsächlich ausfallen. Im Moment gibt es noch zu viele Fragezeichen. Als Unternehmen in Deutschland wird uns das aber sicher nicht beeinträchtigen.

Hat Krone schon einen Plan A und einen Plan B?

Albers: In Großbritannien verkaufen wir rund 1.000 Fahrzeuge. Großbritannien ist insofern ein Sondermarkt, weil dort andere Abmessungen für Fahrzeuge gelten als in Kontinentaleuropa. Wir fertigen also spezielle Fahrzeuge für diesen Markt. Sicherlich werden wir künftig das ein oder andere Geschäft nicht umsetzen. Wir müssen aber auch auf unsere Kunden achten, die Kontinentalverkehr aus Großbritannien nach Europa bedienen und was deren Wünsche sind.

Spürt Krone die Auswirkungen des Fahrermangels, also dass Kunden sich beim Kauf zurückhalten, weil die Fahrer für diese Fahrzeuge fehlen?

Albers: Ja, das spüren wir. Das ist mittlerweile nicht nur ein deutsches, sondern ein internationales Thema. Auch osteuropäische, weißrussische und ukrainische Fahrer wie sie manche baltische Großspedition einsetzt, sind nicht unendlich verfügbar. Insofern bedarf es einer Initiative, um das Thema Berufskraftfahrer und Fahrerimage, nach vorne zu treiben, sodass junge Menschen wieder eher bereit sind, diesen Beruf auszuüben. Hier setzt unsere gemeinsam mit dem BGL ins Leben gerufene Initiative an, die sich für den Fahrerberuf und ein besseres Image einsetzt. Alle Unternehmen aus der Branche sind eingeladen, sich diesem neu gegründeten Verein anzuschließen.

Der Fahrermangel verhindert also tatsächlich, dass Krone Fahrzeuge absetzen kann?

Albers: Ersatzverkäufe nicht, aber wenn eine Spedition Neuanschaffungen und weiteres Wachstum plant, dann kann das passieren. Wenn die Spedition keinen Fahrer hat, kann sie auch keinen zusätzlichen Auftrag annehmen.

Dann bleibt nur noch die Flucht nach vorne. Welche Internationalisierungsstrategie verfolgt Krone aktuell?

Albers: Wir waren schon mal in Südamerika tätig, aber Südamerika ist für uns kein Thema mehr, weil dort die gesetzlichen Rahmen an das Equipment ein anderer ist als in Europa. Dies betrifft auch die Regionen Nordamerika, Indien und China. Wir konzentrieren uns vor allem auf Kontinentaleuropa, auf angrenzende Länder wie die Turk-Staaten und Nordafrika. Dort sind unser rollendes Equipment und unsere Dienstleistungen gefragt. Märkte in Richtung Indien und China sind derzeit für uns kein Thema. Wir stellen ein Produkt in Deutschland und auch in der Türkei her, das über große Abmessungen verfügt und das große Entfernungen in der Auslieferung mit hohen Kosten verbindet. Insofern wären neuen Märkte nur zu stemmen, indem man vor Ort produziert und auch eine neue Mannschaft aufbaut, einen Vertriebskanal entwickelt und auch ein passendes Produkt. Die europäischen Standards sind nicht vergleichbar mit denen in China, Indien oder in Amerika.

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