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Im Ringen ums Mobilitätspaket Keine Einigung beim Kombinierten Verkehr

Foto: Thomas Küppers

Die europäischen Institutionen haben sich nicht auf neue Regeln für den Kombinierten Verkehr einigen können. Nun ist der Ball beim EU-Parlament.

Der Kombinierte Verkehr (KV) in Europa fährt ins Ungewisse. Zwar soll er umweltfreundlich die Straßen entlasten und ist seit Jahren auf der Wachstumsspur. Doch die EU-Institutionen konnten sich bei ihren Trilog-Gesprächen nicht auf eine Neuregelung der 27 Jahre alten Gesetzgebung einigen. Eine hauchdünne Chance räumen Experten jetzt dem EU-Parlament ein, das noch für alle akzeptable Änderungsvorschläge auf den Tisch legen könnte. Ansonsten dreht der KV-Zug erst einmal Runden in der Warteschleife, was angesichts der anstehenden EU-Wahlen locker bis zum Jahresende dauern kann.

Das Ungemach zeichnete sich bereits nach dem vorigen EU-Verkehrsministerrat im Dezember ab, als für die Branche völlig unakzeptable Regelungen präsentiert wurden. „Anstatt einheitliche und eindeutige Vorschriften für den internationalen Verkehr zu schaffen, bauen die Mitgliedstaaten auf nationale Auslegungen interpretationsfähigen Rechts“, hatten die Verbände DSLV, BÖB und VDV damals kritisiert. Man sei aber auf einen einheitlichen Rechtsrahmen angewiesen, denn nur ein leistungsstarker und möglichst bürokratiefreier KV könne zur Bewältigung des Güterverkehrswachstums, zur dringend nötigen Entlastung des europäischen Straßennetzes und zur CO2-Reduzierung beitragen.

Verlagerung ist wichtiges Ziel der EU-Kommission

Jetzt wird wohl erst mal auf der Stelle getreten, denn die Neuordnung des KV dient den EU-Staaten nicht zuletzt als Verhandlungsmasse bei den schwierigen Gesprächen zum Mobilitätspaket. Dabei trägt die Verknüpfung unterschiedlicher Verkehrsträger zu einem einheitlichen System entschieden zu einer besseren Umweltbilanz bei. Gütertransporte sind auf langen Strecken per Bahn oder Schiff CO2-ärmer unterwegs, und nicht zuletzt deshalb ist der Wechsel von der Straße auf die Schiene seit langem ein wichtiges Ziel der EU-Kommission. Sie hatte 2018 zum Jahr der Multimodalität erklärt, zu seinem offiziellen Abschluss Ende Februar steht Verkehrskommissarin Violeta Bulc allem Anschein nach mit leeren Händen da.

Noch im Oktober hatte die Eisenbahnagentur der EU (ERA) ihren „Bericht zur Vereinfachung des Kombinierten Verkehrs“ mit diversen Verbesserungsvorschlägen vorgelegt, in dem ihm eine „entscheidende Rolle“ für die Ko-Modalität bescheinigt wird. Dafür müssten aber die Rahmenbedingungen angepasst sowie technische und Verwaltungsbarrieren abgebaut und werden, hieß es. Auch die Internationale Energieagentur (IEA) hat sich für die Schiene „als effizientestes Transportmittel mit den geringsten Emissionen“ stark gemacht und setzt beim Gütertransport auf eine enge Verknüpfung der einzelnen Verkehrsträger.

Besonders deutlich wird die Rolle des KV im „2018 Report on Combined Transport“, den der Internationale Eisenbahnverband (UIC) mit BSL Transportation Consultants veröffentlicht hat. Danach ist der Anteil der Bahnen am EU-Gütertransport in Tonnenkilometern gerechnet im Vergleich zur Straße von 2005 bis 2016 mit einem Plus von 1,3 Prozent fast gleichgeblieben, aber die intermodalen Schienenverkehre nahmen im gleichen Zeitraum um satte 50,2 Prozent zu. Von 2015 bis 2017 wurde hier ein Anstieg von 7,2 Prozent auf 22,5 Millionen Ladeeinheiten verzeichnet.

Unbegleiteter KV erzielt überproportionale Zuwächse

Der unbegleitete KV – mit einem Anteil von 95 Prozent an den kombinierten Verkehren – ist das einzige Marktsegment, das im Schienengütertransport Zuwächse verzeichnete. Dieser Trend hält an und wurde auch durch ein Ereignis wie die Sperrung der Rheintalbahn nicht gestoppt. Treiber ist hier der grenzüberschreitende Verkehr, mit einem Plus von 81 Prozent seit 2005 und zwölf Prozent seit 2015. Inzwischen lösen hier aber kontinentale und nicht mehr Hinterlandverkehre der Seehäfen die Dynamik aus. Begleitete Verkehre waren 2017 gegenüber 2015 rückläufig, lagen aber immer noch über dem Volumen von 2013. So haben mehr als 1,6 Millionen Lkw 2017 den Eurotunnel durchquert. Das ist gegenüber 2015 ein Anstieg um 10,3 Prozent.

Auch die Güterbahnen in Europa setzen vereint auf multimodale Verkehre und haben sich vorgenommen, die auf der Schiene transportierte Fracht bis 2030 um 30 Prozent zu steigern, um das Klima von 290 Millionen Tonnen CO2 zu entlasten. Züge stießen im Vergleich zur Straße neun Mal weniger Treibhausgase aus, betonen sie. Wachse der Gütertransport wie prognostiziert bis 2030 um 30 Prozent an, bedeute das ansonsten eine Million zusätzlicher Lkw auf den Straßen. Unternehmen wie die Bahn, SNCF oder Mercitalia haben sich deshalb verpflichtet, den Sektor gemeinsam umzugestalten. Sie fordern die Politik auf, ein transparentes Regelwerk zu liefern und für einen fairen Wettbewerb zu sorgen.

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