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Fahrermangel, Mobilitätspaket und mehr Das plant der neue BGL-Chef Kottmeyer

Foto: Matthias Rathmann

Neuausrichtung, Mobilitätspaket, Fahrermangel - der neue Aufsichtsratsvorsitzende des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), Horst Kottmeyer, im Interview mit der Fachzeitschrift trans aktuell.

trans aktuell: Herr Kottmeyer, Sie sind der neue starke Mann des BGL. Wie fühlt sich das an?

Kottmeyer: Es fühlt sich nicht so großartig anders an, Aufsichtsratsvorsitzender statt Präsidiumsmitglied zu sein. Doch natürlich ist der neu gebildete Aufsichtsrat ein sichtbarer Beleg dafür, dass die Neuausrichtung des BGL große Fortschritte gemacht hat. Das stimmt mich sehr froh. Der Aufsichtsrat – übrigens eine sehr harmonische Gruppe – agiert anders als das vorherige Präsidium.

Was sind die wesentlichen ­Unterschiede?

Im Präsidium hatten wir monatliche Sitzungen mit festen Tagesordnungen. Davon wollten wir uns verabschieden. Jede Sitzung in Frankfurt hat einen vollen Arbeitstag gekostet. Nun greifen wir zum Telefon und tauschen uns nach Bedarf aus. So sind wir deutlich schneller, als wenn wir auf die nächste Sitzung warten müssten. Zurzeit bauen wir ein webbasiertes Konferenzsystem auf, mit dem sich Aufsichtsrat und Vorstand noch professioneller austauschen können.

Wie gut ist aktuell schon der Draht zu Prof. Dirk Engelhardt, Ihrem Vorstandssprecher?

Prof. Engelhardt und ich stehen im intensiven Kontakt. Wir sind beide Freunde von schnellen Entscheidungen und telefonieren mehrmals in der Woche. Meist schnappen wir uns schon früh morgens das Handy und stimmen uns ab – wenn es sein muss, auch am Samstagnachmittag.

Foto: Matthias Rathmann
Horst Kottmeyer sieht sich als Diplomat. "Ich kann auch mal poltern, versuche es aber zu vermeiden", sagt er.
Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben? Sind Sie wie der frühere BGL-Präsident Adalbert Wandt ein Mann des Ausgleichs?

Ich sehe mich als Diplomat. Mit Diplomatie kommt man weiter. Ich kann auch mal poltern, versuche es aber zu vermeiden.

Ist die Neuausrichtung des BGL eigentlich nun abgeschlossen, nachdem die neue Satzung und die Führungsgremien stehen?

Das waren wichtige Schritte auf dem Weg der Neuausrichtung, keineswegs aber die letzten. Die Neuausrichtung ist ein stetiger Prozess mit dem Ziel, effektiver, schneller und schlagkräftiger auf Bundes- und Landesebene zu werden. Wir möchten noch viel intensiver und effektiver mit den Landesverbänden kooperieren. Das Gleiche gilt für SVGs und Kravag. Die Zusammenarbeit mit ihnen stellen wir nun mit dem Launch unseres gemeinsamen IT-Portals Wedolo auf ein neues Fundament.

Wird die bisherige Struktur mit der Vielzahl an Landesverbänden Bestand haben?

Wir müssen größere Einheiten bilden, das ist den meisten klar. In Berlin und Hessen haben wir gezeigt, wie wir unsere Schlagkraft durch ein räumliches Bündeln unserer Kapazitäten von Landes- und Bundesverband steigern können. Ich glaube, dass nicht mehr jeder Landesverband alles selbst machen sollte. Effektiver wäre es, Kompetenzzentren für bestimmte Themen zu bilden. Die Kollegen aus Bayern können schon jetzt alle Fragen rund um den Alpentransit beantworten, während NRW alle Informationen zum Brexit geben kann. Diese Kompetenzen sollten wir stärken und den Austausch untereinander intensivieren. Das Mitgliedsunternehmen darf weiterhin seinen Landesverband anrufen, wird dann aber gegebenenfalls zu einem anderen Landesverband durchgestellt. Auch zwischen den Landesverbänden und dem BGL lassen sich hier noch Synergien bilden.

Auch in Brüssel sind Sie dabei, Ihre Kräfte zu bündeln. Was tut sich dort konkret?

Die BGL-Repräsentanz sowie die Vertretungen der skandinavischen Kollegen, des französischen und holländischen Verbands rücken räumlich zusammen. Das trägt dazu bei, dass wir uns noch schneller abstimmen und mit einer Stimme sprechen können. Das EU-Mobilitätspaket ist ein Beispiel dafür, wie wir von diesem Know-how profitiert haben und uns positionieren konnten – auch mithilfe von Gewerkschaften und Politik.

Sie werten es als Erfolg?

Ja, denn Sozialdumping, illegaler Kabotage und Wettbewerbsverzerrungen durch Polensprinter wird ein Riegel vorgeschoben. Es wird damit einiges zum Schutz der hiesigen Transportbranche getan. So manchem Geschäftsmodell, das auf wochenlangem Nomadentum basiert, wird durch die Rückkehrpflicht der Lkw der Boden entzogen. Voraussetzung ist, dass alles so durchkommt, wie es im EU-Parlament verabschiedet wurde.

Und wenn diese Wettbewerber aus Osteuropa als Konsequenz Niederlassungen in Deutschland aufbauen – wie von einem der Großflottenbetreiber bereits vollzogen?

Dann sage ich: Herzlich willkommen in Deutschland! Keiner hat etwas dagegen, wenn sich osteuropäische Unternehmen in Deutschland ansiedeln, deutsche Kfz-Steuer und deutschen Mindestlohn bezahlen, sich an die hiesigen Rahmenbedingungen halten und besser zu kontrollieren sind. Dann haben wir faire Wettbewerbsbedingungen. Seit Jahren schon spricht sich der BGL für eine höhere Kontrolldichte und eine effektivere Kontrolle auch mithilfe des GPS-basierten digitalen Kontrollgeräts aus.

Bezogen auf Deutschland dürfte Ihr Hauptaugenmerk der Akquise von Fahrern und der Imagearbeit gelten. Dazu haben Sie mit Krone zusammen eine Initiative auf den Weg gebracht. Was ist daraus geworden?

Aus der Initiative wird ein Verein werden. Mehr als 20 Organisationen – Unternehmen, Verbände, Fachverlage wie ETM – waren zur Auftaktsitzung zu Monatsbeginn in Frankfurt und haben eine Satzung auf den Weg gebracht. Der Verein Profi – das steht für Pro-Fahrer-Image – möchte das ­Fahrerbild und das Branchen­image mit konkreten Maßnahmen ­aufwerten.

Foto: Matthias Rathmann
Spezialität Jumbotransporte: Rund 165 eigene Lkw umfasst die Flotte der Spedition Kottmeyer aus Bad Oeynhausen.
Sie möchten gezielt auch Frauen für den Fahrerberuf gewinnen und haben dafür TV-Truckerin Christina Scheib als Botschafterin gewonnen. Haben Sie im eigenen Unternehmen Erfahrungen mit Frauen in der Fahrerschaft?

Wir haben seit mehr als 20 Jahren die eine oder andere Frau als Fahrerin im Unternehmen. Aktuell sind es zwei: Die eine fährt nationale und europaweite Fernverkehre und ist die Woche über unterwegs, die andere fährt eine Nachtlinie mit planbaren Arbeitszeiten. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, für Frauen neue Arbeitszeitmodelle einzurichten. Wir haben das auf Wunsch auch für den einen oder anderen Mann umgesetzt. Einer hat eine Zweidrittelstelle, wieder zwei andere Fahrer teilen sich einen Lkw – ­alles auf eigenen Wunsch.

Und was sagen Sie der Jugend – ob männlich oder weiblich –, die Angst hat, durch das autonome Fahren überflüssig zu werden?

Dass diese Ängste unbegründet sind. In jedem Flugzeug sitzen ein Pilot und ein Co-Pilot, obwohl die meisten Maschinen automatisch starten und landen können. In jedem Zug gibt es einen Lokführer, und das wird auch im Lkw bis auf Weiteres so bleiben. Vielleicht hat der Fahrer in Zukunft nicht mehr ständig die Hand auf dem Lenkrad und den Fuß auf Gas- und Bremspedal, sondern muss stärker Dinge beaufsichtigen. Das nimmt dem Fahrer aber eher den Druck und macht den Beruf doch attraktiver.

Zur Person

  • Horst Kottmeyer führt mit seiner Frau Bettina die Geschäfte der gleichnamigen Jumbospedition aus Bad Oeynhausen in Nordrhein-Westfalen. Der 56-Jährige repräsentiert die dritte Generation der Unternehmerfamilie. Gesellschafter sind zu gleichen Teilen sein Vater Horst Walter Kottmeyer und er. Die vierte Generation ist mit Jörn Kottmeyer ebenfalls schon im Unternehmen tätig.
  • Horst Kottmeyer absolvierte ab 1980 bei einer anderen Volumenspedition eine Ausbildung zum Speditionskaufmann, leistete seinen Wehrdienst (und machte dort den Lkw-Führerschein) und ist seitdem in der von seinem Großvater Walter Kottmeyer gegründeten Spedition tätig. In seiner Freizeit reist er gern und ist in der Natur unterwegs.
  • Im Ehrenamt steht Horst Kottmeyer an der Spitze des neu gegründeten Aufsichtsrats des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), des Führungsgre­miums des Verbands. Zuvor war er sechs Jahre im BGL-Präsidium tätig. Auf Landesverbandsebene ist Kottmeyer Vorsitzender des Verbands Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen (VVWL NRW). Seit er Mitte 20 ist, ist er in der Verbandsarbeit aktiv.

Das Unternehmen

  • Die Spedition Kottmeyer aus Bad Oeynhausen mit Niederlassungen in Recklinghausen und Hamburg beschäftigt rund 300 Mitarbeiter und ist spezialisiert auf Volumentransporte – national sowie in die Niederlande, nach Belgien, England und Italien.
  • Die Flotte umfasst 165 eigene Lkw, überwiegend Jumbohängerzüge, aber auch Lkw mit Megatrailer. 80 Prozent des Geschäfts erledigt das Unternehmen im Selbsteintritt, den Rest mit Subunternehmern. Die ziehenden Einheiten stammen von Daimler und Scania. Ergänzt wird die Transportsparte durch Kontraktlogistik auf etwa 30.000 Quadratmetern.
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