Lieferwagen im Test Opel Combo, VW Caddy, Renault Kangoo

Opel Kombo, VW Caddy Maxi, Renault Kangoo Rapid Maxi Foto: Karl-Heinz Augustin 18 Bilder

XL-Laderaum, langer Radstand und Basisausstattung – wer baut den praxistauglichsten Lieferwagen? Der lange Opel Combo fordert den VW Caddy Maxi und den Renault Kangoo Rapid Maxi heraus.

Stunde null – vor genau 50 Jahren gab die Deutsche Post einen Lieferwagen bei VW in Auftrag. Zwei Jahre später stand Fridolin auf seinen vier Rädern, 34 PS stark und exakt 6.834 Mark teuer. Und mit dem Komfort einer rollenden Blechbüchse. Aber darauf kam es nicht an. Laderaum und Nutzwert waren gefragt.

Das ist heute zwar auch nicht anders, doch ihren rustikalen Charme haben die Lieferwagen längst abgelegt. Auch unser Testtrio bietet Komfort, gepaart mit effizienten Motoren und reichlich Sicherheitstechnik.

Schönheiten sind sie zwar nicht, aber darauf kommt es, gerade im professionellen Einsatz, auch nicht an. Was zählt sind innere Werte. Dazu gehören allen voran Antrieb, Laderaum und natürlich die Kosten.

Riesiger Laderaum im neuen Opel Combo

Opel bietet mit dem neuen, vom Fiat Doblò abgeleiteten Combo ein Fahrzeug an, das es in allen Punkten der Konkurrenz vormachen soll. Mit 4,2 Kubikmeter Ladevolumen muss sich der lange Opel Combo nicht verstecken.

Mehr hat auch der VW Caddy Maxi nicht zu bieten. Minimal weniger Stauraum stellt der Renault Kangoo Maxi zur Verfügung. Erweitern lässt sich das Transportabteil über die geöffnete Trennwand, die für alle drei Fahrzeuge optional erhältlich ist (bei Opel und Renault jeweils für 100 Euro, bei VW für 320 Euro).

Dann nutzt Radman zusätzlich den Platz neben dem Fahrer, der Stauraum wächst um 400 Liter. Gut durchdacht ist bei allen drei hierbei die Arretierung des geöffneten Trenngitters zwischen Beifahrersitz und Mittelkonsole.

Käfig schützt vor herumfliegenden Gegenständen

Dadurch befindet sich der Fahrer in einer Art Käfig, der vor herumfliegenden Ladungsteilen schützt. Bei Renault ist die optionale Verkleidung von Laderaumboden und Radkästen (100 Euro) dagegen weniger gut durchdacht.

Zwar schützt der Kunststoffeinsatz den lackierten Innenraum vor Kratzern und damit vor Korrosionsstellen. Doch er verringert auch den Abstand zwischen den Radkästen um gut 30 auf 1.185 Millimeter. Eine Europalette mit 800 auf 1.200 Millimeter passt quer nur mit sanftem Nachdruck in den Kangoo. Legt der Fahrer die Palette aber längs zwischen die Radkästen, bleibt kein Platz für einen zweiten Ladungsträger.

Renault mit effektiver Ladelänge von 1.800 Millimetern

Renault gibt die Länge der Ladefläche zwar mit 2.115 Millimetern an, was theoretisch für zwei Paletten reicht. Das Trenngitter ragt aber oben in den Laderaum, sodass effektiv 1.800 Millimeter Länge übrig bleiben. Ein Tick mehr Platz zwischen den Radkästen würde das Problem beheben oder aber der Käufer verzichtet auf die Verkleidung.

Für die VW-Entwickler fiele die Schelte noch heftiger aus, wäre der Laderaum nicht 2,25 Meter lang. Denn zwischen den Radkästen des VW fehlen sogar gut 40 Millimeter, um eine Palette quer zu platzieren. Dort ist allerdings nicht die Verkleidung schuld, sondern die Fahrzeugkonstruktion.

Opel Combo: Normträger hat Platz

Aber so passt wenigstens eine Palette längs zwischen die Radkästen. Die zweite kann der Fahrer bequem durch die Seitentüre quer einladen. Einen guten Kompromiss schafft der Opel Combo. Seine Radkästen stehen so weit auseinander, dass ein quer platzierter Norm-Träger sogar noch 30 Millimeter Luft hat.

Die Option, die Radkästen zu verkleiden, gibt es für den Combo nicht. Ähnlich wie beim Kangoo darf man sich auch beim Opel nur bedingt auf die Herstellerangaben verlassen. Denn auch hier lässt sich der Laderaum wegen der überstehenden Trennwand nur auf etwa 1,80 Meter Länge nutzen.

Zentralverriegelung nur gegen Aufpreis

Trotzdem fasst auch der Combo zwei Paletten. Wobei der Fahrer eine davon – wie beim Caddy – durch die Schiebetür einlädt. Vorausgesetzt, er schafft es die Tür zu öffnen. Denn das Basismodell des Combo bietet keine Fernbedienung für die sowieso schon aufpreispflichtige Zentralverriegelung (124 Euro).

Das wäre dann kein Problem, könnte man die Schiebetür separat aufschließen. So aber gibt es nur eine Möglichkeit, in den Laderaum zu gelangen: Fahrertür öffnen und den zentralen Verriegelungsknopf betätigen. Keine wirklich praktische Lösung, wenn der Fahrer voll bepackt beim Kunden steht.

Übersichtliche Serienausstattung

Renault und VW machen es einfacher, liefern ihre Autos mit Zentralverriegelung samt Fernbedienung aus. Ansonsten ist die Serienausstattung bei allen drei Fahrzeugen übersichtlich. Erwähnenswert ist die Schiebetür mit Fenster im Renault. Opel lässt sich die Sichtluke der rechten Seitentür mit 420 Euro bezahlen.

Und VW bietet als Sonderausstattung für den Caddy Maxi ein Fensterpaket für den Laderaum (605 Euro) an, das dann in beiden Seitenwänden für den Durchblick sorgt. Beim Caddy 1.6 TDI Blue Motion Technology gehört dafür eine Start-Stopp-Automatik zum Lieferumfang (480 Euro).

Ecoflex kostet 300 Euro

Auch Opel treibt das Thema CO2-Ausstoß um und bietet die Spritspar-Option Ecoflex samt Start-Stopp für 300 Euro extra an. Für den 110-PS-Diesel des Kangoo ist keine Start-Stopp-Funktion erhältlich.

Trotzdem knausert er mit dem teuren Diesel und verbraucht mit 6,8 Litern über einen halben Liter weniger als der VW mit Start-Stopp. Kein Wunder, kann er doch als Einziger ein Sechsganggetriebe vorweisen. Auf den Opel Combo – im Test ebenfalls ohne Start-Stopp – hat er am Ende sogar einen ganzen Liter Vorsprung.

Ist der Kangoo deshalb eine Spaßbremse? Ein klares Nein. Alle fahrdynamischen Messwerte sprechen für den Franzosen. Im Sprint auf 100 km/h zeigt er den beiden Konkurrenten die Rücklichter. Auch bei den Elastizitätswerten liegt er vorne – zumindest im vierten Gang. Was gut fürs Spritsparen ist, wirkt sich fahrdynamisch eben negativ aus: Die beiden oberen Gänge des Kangoo sind so lange übersetzt, dass der Combo deutlich vorbeizieht.

Der Combo kann am meisten schultern

Weitere Ursache für den niedrigen Verbrauch des Kangoo könnte auch seine vergleichsweise niedrige Nutzlast sein. 683 Kilo darf sein Fahrer einladen, zehn Prozent weniger als in den Combo, der nach Abzug des Fahrergewichts mit 75 Kilo immer noch 850 Kilogramm schleppen darf.

Der VW packt in der Basisversion 733 Kilo und liegt damit – wie auch beim Verbrauch – etwa in der Mitte der beiden Wettbewerber. Dafür bringt sein Fahrwerk den Caddy nach vorn. Der VW macht in allen Fahrsituationen einen souveränen Eindruck und lässt sich auch von schnellen Kurven nicht aus der Ruhe bringen, das serienmäßige ESP hat kaum Arbeit.

Sicher darf man sich auch im Opel fühlen, der sich ebenso unproblematisch fährt. Selbst auf harte Bremsmanöver reagieren die Dämpfer präzise. Beim Bremsen leisten sich der Combo und Renault leichte Patzer. Der Opel kommt aus 100 km/h erst nach 43 Metern zum Stehen, der Kangoo braucht sogar indiskutable drei Meter mehr. Hier setzt der Caddy mit einem Bremsweg von knapp 40 Metern die Bestmarke.

Renault mit gefühlloser Lenkung

In Sachen Fahrwerk ist der Renault dafür ähnlich attraktiv wie der VW. Fahrdynamische Herausforderungen meistert er zum größten Teil problemlos. Weniger gut gefallen die etwas gefühllose Lenkung sowie das etwas hakelige Getriebe.

Spätestens, wenn die Fahrt rasant ums Eck geht, wünscht man sich im Kangoo auch die Sitze des VW. Sie sind groß, straff, aber nicht hart gepolstert und bieten auch bei dynamischer Fahrt guten Seitenhalt. In Sachen Komfort und Fahrgefühl macht dem VW jedenfalls so schnell keiner etwas vor. Denn auch sein Cockpit und die verwendeten Materialien sind für diese Fahrzeugklasse vorbildlich.

Der VW ist am teuersten

Das hat allerdings seinen Preis. Keiner kostet so viel wie der Caddy, da ist er nicht wirklich konkurrenzfähig. Dafür ist er das wertstabilste Modell dieses Trios. Man muss eben zu Beginn mehr investieren.

Der im Innenraum rustikalere Combo ist deutlich billiger. Dafür hapert es im Detail, am Sitzkomfort beispielsweise. Sein Fahrer muss als Einziger auf eine praktische Ablage unterm Dach verzichten und das Cockpit wirkt etwas lieblos zusammengeschustert.

Bei der Innenraumgestaltung können auch die Franzosen von VW lernen. Die Renault- Mittelkonsole erinnert in Formgebung und Aufteilung an Kinderspielzeug, ist dafür aber solide verarbeitet. Das fein gemaserte Plastikarmaturenbrett wirkt hochwertiger als die Verschalung im Combo.

Kangoo mit bequemen Sitzen

Die Sitze des Kangoo sind zwar bequem, lassen aber eine ordentliche Seitenführung wie im VW vermissen. Dafür hat der Basis-Kangoo beim Preis die Nase vorn. Wenngleich wie bei den Konkurrenten gilt: Wer Basis kauft, bekommt auch nur ein Minimum an Ausstattung.

Wer von seinem Lieferwagen Komfort und Sicherheit erwartet, muss sie aufrüsten. Mit ESP (Kangoo und Combo), Beifahrerairbags oder Klimaanlage. Trotzdem haben sie dem Fridolin von 1964 einiges voraus. Bei dem hob VW sogar die Heizung als Komfortmerkmal hervor.

In Sachen Komfort und Fahrgefühl macht dem VW Caddy keiner etwas vor. Man muss ihn sich nur leisten wollen. Der Preis-Leistungs-Sieger heißt Renault Kangoo. Er überzeugt mit dem niedrigsten Verbrauch und guten Fahrleistungen, patzt aber im Laderaum. Der neue Opel Combo leistet sich keine Ausrutscher, weder nach oben noch nach unten: ein solides Auto zum günstigen Preis, mit viel Platz, aber auch ohne großen Charme.

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