Streetscooter mit Feinstaubfilter „Schnell und nachhaltig unterwegs“

Prof. Achim Kampker, CEO Stretscooter. Foto: Matthias Rathmann

Streetscooter-CEO Prof. Achim Kampker im Interview über die Zusammenarbeit mit Ford, Mann + Hummel und anderen Partner sowie über die Pläne, mit Brennstoffzellen Reichweiten über 200 Kilometer zu erzielen.

trans aktuell: Herr Prof. Kampker, Zahlen sprechen für sich – wie viele Streetscooter gibt es inzwischen?

Kampker: Nachdem wir erst 2016 mit der Serienproduktion begonnen haben, stehen derzeit über 5.000 Streetscooter im Dienst der Deutschen Post DHL Group.
Und wie viele Streetscooter sind bei anderen Unternehmen im Dienst?
Die Anzahl der Fahrzeuge von Drittfirmen wollen wir nicht nennen, das ist Sache der Kunden.

Ist die Nachfrage so groß, dass die für dieses Jahr geplante Kapazität von 15.000 Fahrzeugen gar nicht ausreicht?

Prinzipiell gehe ich davon aus. Das Potenzial ist ein Vielfaches von dem, was wir jetzt herstellen und verkaufen können. Mit dem Standort Düren, der unsere Produktionslinie in Aachen ergänzen wird, können wir bei den Modellen Work und Work L eine Verdoppelung der Produktionskapazitäten erreichen. Der Standort wird im zweiten Quartal dieses Jahres in Betrieb genommen.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit Ford beim Work X aus?

Wenn man so will, produziert Ford den ersten Teil des Fahrzeugs und wir den zweiten Teil. Natürlich diskutieren wir mit Ford, wie wir die Zusammenarbeit weiterentwickeln.

Kann man auf wenige Punkte reduzieren, warum Streetscooter viel schneller arbeitet als ein herkömmlicher OEM?

Die eigentliche Innovation von Streetscooter ist unsere besondere Entwicklungsmethodik. Diese greift zum Beispiel Analogien aus der Softwareentwicklung auf, wie die Sprint-Methodik. Dabei geht es etwa darum, in kleinen Teams schneller Dinge zu entwickeln und auszutesten und sie dann im Gesamten zusammenzufügen. Auch die Einbindung der Lieferanten ist bei Streetscooter eine andere.

Entspringt die Zusammenarbeit mit Mann + Hummel in Bezug auf den Feinstaubfilter für den Streetscooter derselben Methodik?

Das ist genau ein Beispiel dafür, wie wir arbeiten. Wir sind auf das Thema Feinstaubfilter aufmerksam geworden und haben mit Mann + Hummel ein Unternehmen gefunden, das in diesem Bereich des Klimaschutzes etwas unternimmt. Wir haben nicht die Vorgabe gemacht, ein Produkt von Grund auf neu zu entwickeln, sondern versucht, das, was es bereits gibt, sehr gut in unser Fahrzeug zu integrieren. Das macht unsere Schnelligkeit und die Effizienz, mit der wir arbeiten, aus. Das ist in der Herangehensweise ein völlig anderer Weg als bisher: Klassischerweise würde man die perfekte Lösung suchen und bräuchte für die Entwicklung Jahre. So sind wir nicht nur schneller, sondern auch schneller nachhaltig unterwegs.

Als Schwachpunkt bei Elektrofahrzeugen gilt die Batterie, nicht nur hinsichtlich der Reichweite: Kritisiert wird eine ungewisse Lebensdauer, Treibhausgasemissionen bei der Herstellung – was antworten Sie Kritikern?

Ich finde es interessant, dass solche Studien als Kronzeugen gegen E-Fahrzeuge herangezogen werden – denn selbst bei Annahme des schlechtesten Falls ist das Ergebnis für das E-Fahrzeug meist immer noch besser als bei einem normalen Antrieb. In einer Studie habe ich etwas von 80.000 Kilometer Laufzeit gelesen, bis die Batterieleistung nachlässt  – das wäre ja schon mal selbst für ein worst-case-Szenario ein gutes Ergebnis. Oft werden für solche Studien besonders große Batterien herangezogen, aber im Vergleich zu einem Tesla ist im Streetscooter eine viel kleinere Batterie verbaut. De facto ist damit auch die Umweltbilanz eine bessere. In den Studien wird sehr oft  auch eine negative Annahme etwa zur benötigten Energie getroffen. Dabei wird etwa nicht berücksichtigt, dass der Energiemix in Deutschland, wenn man mal die Laufzeit eines Autos auf acht Jahre ansetzt, sich in der Zeit hinsichtlich der C02-Bilanz auch verbessern wird.
Aber natürlich gehen wir auch darauf ein. Batterien werden aus Folien gemacht, die beschichtet und dann getrocknet  werden und dann muss ich die Zellen konditionieren– also entladen und laden. An diesen beiden Punkten kann ich natürlich enorm Energie sparen und daher eruieren wir zusammen mit dem Zellenhersteller, wie das man energieeffizienter machen kann. Daher plädieren wir auch für eine Zellfertigung in Europa und in Deutschland, denn dann kann man das Thema Energieeffizienz angehen.

Bisher hat das Thema Elektromobilität den meisten Schwung im kleineren Fahrzeugbereich. Wie sehen die Chancen aus, das Streetscooter-Konzept auf größere Modelle zu skalieren?

Wir gehen mit dem mit dem Streetscooter XL ja schon auf 3,5 beziehungsweise 4,2 Tonnen hoch. Da sehen wir allerdings eine Grenze der Wirtschaftlichkeit. Deshalb haben wir ein Projekt gestartet, das die Brennstoffzelle als Range Extender untersucht. Die Batterie wird durch eine Brennstoffzelle aufgeladen, die mir Wasserstoff befeuert wird. Damit kann man in nochmals deutlich größere Fahrzeuge reingehen und deutlich größere Reichweiten über 200 Kilometer erzielen. Geplant ist, eine Flotte von zunächst 500 Fahrzeugen mit Brennstoffzellen aufzubauen. Wir starten dieses Jahr, das Projekt wird dann zwei bis drei Jahre bis zum Aufbau der Flotte brauchen.

Und die Erprobungsphase?

Was wir dabei erproben, sind eher die Produktionsprozesse und der Aufbau der Infrastruktur, so dass wir das Projekt sofort ausrollen können.

Die Deutsche Post DHL hat bereits angekündigt, in naher Zukunft ihre komplette Flotte mit 50.000 Einheiten auf Strom umzustellen. Wie sieht es mit den Ladestellen aus?

Wir sehen da kein Problem auf uns zukommen. Da die Deutsche Post ein Unternehmen ist, das es ernst meint, anpackt und in kürzester Zeit die entsprechende Infrastruktur auf Beine stellen kann. Ich würde mir das eine oder andere Unternehmen wünschen, das auch einfach sagt: „Das machen wir jetzt.“ Ich glaube, die Deutsche Post hat bewiesen, dass E-Mobilität gelingen kann – es gibt keine Argumente oder Ausflüchte mehr.

Die Deutsche Post DHL ist auch mit vielen Subunternehmen unterwegs. Profitieren diese auch von den Innovationen von Streetscooter?
 
Festzuhalten ist, dass die Deutsche Post im Vergleich zu anderen Marktteilnehmern viel mehr in Eigenregie macht. Aber ja, es gibt ein Programm unseres Flottenmanagements, über das auch unsere Servicepartner die Möglichkeit haben, Fahrzeuge wie den Streetscooter zu besonderen Konditionen zu erhalten.
 
 
 
Zur Person:
 
-Achim Kampker ist Mitbegründer und Geschäftsführer von Streetscooter, das 2014 von der Deutschen Post DHL Group übernommen wurde. Bei der Deutschen Post leitet Kampker zusätzlich den Geschäftsbereich Elektromobilität.
 
-Bis Ende 2013 war Kampker Leiter des Lehrstuhls für Produktionsmanagement an der Fakultät für Maschinenwesen der RWTH Aachen, seit 2014 leitet er den Lehrstuhl Production Engineering of E-Mobility Components (PEM)
 
 
 
 
 

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