FERNFAHRER LIVE Sendung 079

Vision Zero – auch für Lkw! [RELIVE]

25.03.2022

In der 79. Sendung von FERNFAHRER LIVE stellte sich Professor Walter Eichendorf, der Präsident des Deutschen Verkehrssicherheitsrats, den Fragen, wie die nach wie vor hohe Zahl der Lkw-Unfälle am Stauende in Zukunft reduziert werden kann.

„Sobald es hell wird ist auf der Autobahn die Hölle los.“ Diese eindringliche Aussage der Lkw-Fahrerin Daniela Grabert brachte die Realität der derzeit gefährdeten Verkehrssicherheit auf den Punkt. „Um jeden Meter wird gerungen, es wird mit einem halben Kilometer pro Stunde überholt, um Zeit zu gewinnen“. In der 79. Sendung von FERNFAHRER live diskutierte Grabert mit den beiden Kollegen Holger Brost und Jürgen Franz, Andreas Neher, Ausbildungsleiter der Spedition Rothermel, Dieter Schäfer von „Hellwach mit 80 km/h“, Professor Dirk Engelhart, Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) sowie Professor Walter Eichendorf, seit 2009 Präsident des Deutschen Verkehrssicherheitsrates. In einem „Pakt der Verkehrssicherheit“ unter neuer Federführung des nun FDP geführten Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) soll die angestrebte „Vision Zero“ natürlich auch für Lkw gelten.

Gegen den positiven Trend

Doch gegen den allgemeinen positiven Trend der sinkenden Zahl der Verkehrstoten ist die Zahl der bei einem Unfall am Stauende getöteten Lkw-Fahrer 2021 um 18 Prozent gestiegen, aber nicht Teil der offiziellen Unfallstatistik. In dieser informativen Debatte, eingeleitet durch einen kurzen Diskurs über das aktuell brisante Thema der ausbleibenden Förderung des Transportgewerbes bei existenzbedrohenden Dieselpreisen und die strafrechtliche Konsequenz durch Auffahrunfälle nach gezielten Blockaden einer Autobahn, wurde der Bogen gespannt vom menschlichen Verhalten bis zur technischen Verhinderung von schweren Unfällen. Die Polizei könne das Problem auf Grund von Personalmangel nicht lösen, so Schäfer, Jürgen Franz wies darauf hin, dass in anderen europäischen Ländern höhere Bußgelder die Fahrer davon abhalten würden, zu dicht aufzufahren oder im Überholverbot zu überholen. Andes als in Deutschland.

Ablenkung weiter die Hauptursache

Ablenkung, so betonte auch Eichendorf, ist mittlerweile von der Polizei bis zur Politik als Hauptursache der Lkw-Unfälle anerkannt. Das größte Problem dabei ist nach wie vor der Mensch am Steuer eines modernen Lkw, der mittlerweile mit immer besseren Assistenten ausgestattet ist, deren Wirkung allerdings immer noch erschreckend vielen Fahrern nicht bekannt sei. Eindrucksvoll schilderte Andreas Neher die Bemühungen seiner Spedition, neue Fahrer entsprechend auf einen sicheren Fahrstil zu schulen, so dass es gar nicht erst zu einer gefährlichen Situation kommt. Und er rechnete den minimalen Zeitgewinn aus zwischen Fahrten bei 80 und 89 km/h aus. Kontrovers diskutiert wurden natürlich die Gründe, warum offensichtlich immer mehr nicht ausreichend qualifizierte Fahrer hinterm Steuer sitzen.

Die Rolle des Notbremsassistenten

Allen Beteiligten war klar: Der Notbremsassistent ist grundsätzlich eine gute Technik, die der Mensch aber nach wie vor „übersteuern“ kann. So hatte auch der DVR bereits früh erkannt, dass die sogenannte Warnphase von rund 1,8 Sekunden in der Praxis in vielen Fällen dazu führt, dass Fahrer, die durch den Warnton aus einer Ablenkung oder eine Schläfrigkeit „aufgeweckt“ werden, im Reflex nach rechts oder links ausweichen. Damit wird der Notbremsassistent „übersteuert“. Auch bei zu dichtem Auffahren hat die Technik keine Chance einzugreifen. Eichendorf stellte daher vor, was am Tag zuvor bereits offiziell von Bundesverkehrsminister Volker Wissing angekündigt wurde. Technische Neuerungen, die ab 2025 eingeführt werden sollen: Sie bedeuten unter anderem, dass sich die Systeme künftig bei Unfallgefahr frühzeitiger einschalten. Droht ein Lkw auf ein stehendes Fahrzeug zu fahren, wird die Geschwindigkeit massiv reduziert. Dies kann insbesondere an einem Stau-Ende Leben retten. „Außerdem können Notbremsassistenten in Zukunft nicht mehr dauerhaft manuell ausgeschaltet werden“, so Eichendorf. „Wird das System vom Fahrer deaktiviert, schaltet es sich nach 15 Minuten automatisch wieder ein.“

Doch bis alle Fahrzeuge mit der neuen Technik ausgestattet sind müssen die Fahrer noch viele Jahre mit den teilweise auch noch sehr unterschiedlich arbeitenden Systemen auskommen. Eichendorf wies hier am Ende eindringlich darauf hin, dass es eine Pflicht zur Unterweisung der Fahrer auf neue Lkw und Techniken gibt. „Der ideale Moment für die erste Unterweisung ist bei der Übergabe des Fahrzeugs,“ so Eichendorf. „Der Moment muss genutzt werden. Die Hersteller sind sogar dafür verantwortlich.“

Mehr Infos:

https://www.eurotransport.de/artikel/lkw-unfaelle-vision-zero-auch-fuer-lkw-11202677.html

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