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Zwei Milliarden Euro Zusatzeinnahmen Dobrindt bereitet Maut auf Bundesstraßen vor

Foto: DKV

Die Pkw-Maut wird in dieser Legislaturperiode nicht mehr kommen – egal, was der Europäische Gerichtshof entscheidet. Darüber besteht zwischen den Parteien in Berlin Einvernehmen. Bei der Lkw-Maut geht es dagegen voran: Die Bundesregierung nimmt die Ausdehnung auf alle Bundesstraßen und parallel dazu die Neuausschreibung für den Betrieb des gesamten Mautsystems ab September 2018 in Angriff.

Zurzeit schafft das Bundesverkehrsministerium (BMVI) die gesetzlichen Voraussetzungen dafür, die Lkw-Maut ab Mitte 2018 auf allen Bundesstraßen einzuführen. Das dafür nötige "Vierte Gesetz zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes" wurde den Fachverbänden zur Stellungnahme zugeleitet. Das Bundeskabinett wird dem Gesetz vermutlich Anfang des Monats zustimmen, anschließend auch der Bundestag. Denn der Gesetzentwurf folgt nicht nur dem Koalitionsvertrag von Union und SPD, sondern auch einem Entschließungsantrag des Bundestags. Danach muss die Regierung bis 1. Juli handeln.

Bisher erhebt der Bund die Lkw-Maut auf 12.800 Kilometer Autobahnen und 2.300 Kilometer autobahnähnlichen Bundesstraßen. Nun sollen weitere rund 37.000 Kilometer Bundestraßen in die Mautpflicht einbezogen werden. 

Nach Angaben der Bunderegierung kann die Ausweitung der Maut – je nach Höhe der Mautsätze – zusätzliche Einnahmen von bis zu zwei Milliarden Euro jährlich generieren. Diese Schätzung stützt sich auf die bisherige Wegekostenrechnung 2013 bis 2017. Neuere Zahlen gibt es erst, wenn das neue Wegekostengutachten 2018 bis 2022 vorliegt, welches das BMVI gerade ausgeschrieben hat. Es  soll bis Herbst 2017 vorliegen.

Bundesregierung will Lasten der Finanzierung gerechter verteilen

Mit einer Maut auf allen Bundestraßen würden "mehr Nutzer an den Kosten beteiligt, weil die Lasten der Finanzierung der Infrastruktur breiter und damit gerechter verteilt werden", so die Begründung zum neuen Gesetz. Offen ist noch die Frage einheitlicher Mautsätze für Autobahnen und Bundestraßen. Denn die angestrebten zwei  Milliarden Mehreinnahmen würden den maximal möglichen Rahmen ausschöpfen und zu mehr als doppelt so hohen Mautsätzen auf Bundesstraßen führen. Wegen der damit verbundenen Standortnachteile für den ländlichen Raum wird deshalb überlegt, gewichtete Durchschnittssätze für Autobahnen und Bundesstraßen heranzuziehen. Ob das EU- rechtlich zulässig ist, lässt das Verkehrsministerium zurzeit mit der EU-Kommission prüfen.

Spätestens bis Ende 2017 wird die Bundesregierung – offenbar auf Wunsch von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) – zudem prüfen, ob die Mautpflicht auf Lkw von 3,5 bis 7,5 Tonnen sowie auf Fernbusse ausgeweitet wird. Das Gleiche gilt für die Einbeziehung der Lärmkosten. Mit der SPD, das hat der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sören Bartol festgelegt, wird es eine "Handwerkermaut ab 3,5 Tonnen" nicht geben.

Vergabe an Toll Collect ohne Ausschreibung

Mit der technischen Vorbereitung und Durchführung der Mautausweitung wird der Bund in einem freihändigen Verfahren Toll Collect beauftragen. Das ist zulässig, nachdem die zweite Vergabekammer des Bundes einen Nachprüfungsantrag der Firma Kapsch aus Wien zurückgewiesen hat. Nach Auffassung der Kammer stehen Toll Collect "Ausschließlichkeitsrechte", vor allem Urheberrechte an der Software des Systems und das Eigentum an Anlagen und Einrichtungen zu, aufgrund derer sie jederzeit den Zugriff Dritter auf das Mautsystem unterbinden kann. Danach sei rechtlich allein Toll Collect in der Lage, die geplante Ausdehnung der Lkw-Mautpflicht bis Mitte 2018 technisch durchzuführen.

Laut Bundeskartellamt entsteht Toll Collect durch diese Entscheidung kein Wettbewerbsvorteil für die parallel notendige Neuausschreibung des Betriebs des gesamten Mautsystems ab September 2018. Da der Bund bereits öffentlich seine Absicht bekundet habe, die Gesellschaftsanteile von Toll Collect bei Auslaufen des Vertrages  an sich ziehen zu wollen, sei er dann selbst Inhaber aller Rechte und könne den Betrieb des Mautsystems im Wettbewerb neu vergeben. Die dafür nötige EU-weite Ausschreibung bereitet das Ministerium schon vor. Die Berater stehen bereits fest: Im technischen Bereich unterstützt die Schweizer Planungs- und Beratungsgruppe Rapp das BMVI, im rechtlichen Bereich die Gesellschaft PWC Legal.   

So kann die Ausschreibung Ende dieses beziehungsweise Anfang nächsten Jahres veröffentlicht  werden. Damit kann gerade noch rechtzeitig eine Entscheidung hinsichtlich des Betreibervertrags erfolgen – sodass die Maut ab September 2018 nahtlos weiter läuft.

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