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Winfried Hermann "Beitrag zur Verstopfung der Straßen"

Foto: Matthias Rathmann

Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) prüft eine Klage gegen den geplanten Feldversuch mit Lang-Lkw.

Dahinter stehen auch die anderen von SPD und Grünen regierten Länder. Hermann sieht durch überlange Fahrzeuge die Sicherheit gefährdet und die Infrastruktur zusätzlich beansprucht.

trans aktuell: Herr Minister, Sie erwägen gegen den geplanten Feldversuch mit Lang-Lkw juristisch vorzugehen. Was hat es mit dieser Klage auf sich?

Hermann: Es gab bei der vergangenen Verkehrsministerkonferenz eine heftige Kontroverse zum Gigaliner. Ich habe den rot-grün und grün-rot regierten Ländern angeboten, dass wir in Baden-Württemberg prüfen, ob eine Klage gegen den Feldversuch sinnvoll ist, und wenn ja, auf welcher Grundlage. Wir bereiten diese Klage derzeit vor, und die anderen von SPD und Grünen regierten Bundesländer werden sich anschließen, sollten wir eine Chance auf Erfolg sehen.

Wie groß stufen Sie diese Chance ein?

Wir sind guter Dinge, denn wir glauben nicht, dass die Rechtsgrundlage, auf die der Feldversuch aufgebaut ist, trägt. Die Vorbereitungen für die Klage sind aber noch nicht abgeschlossen. Ich hatte gehofft, sie 2011 abschließen zu können. Doch liegen die Akten derzeit noch im Justizministerium, weil ich – wie gesagt – der Ansicht bin: Wir klagen nur dann, wenn wir Aussicht auf Erfolg haben. Inzwischen hat sich schon einiges getan: Die Bundestagsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und SPD gemeinsam haben Klage vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht.

Dass Fraktionen und Länder separat klagen, wirkt nach außen etwas unkoordiniert.

Das mag sein, doch erscheint dieses Vorgehen sinnvoll, weil wir unterschiedliche Ansatzpunkte haben. So können ja nur die Bundesländer dagegen klagen, dass die Ausnahmeverordnung ohne Zustimmung der Länder auf den Weg gebracht wurde. Wir sehen in erheblicher Weise auch die Interessen der Länder berührt, weil ihre Infrastruktur belastet wird und wir die Sicherheitsprobleme auszubaden haben, die mit den Gigalinern verbunden sind.

Dennoch wollen sie diesen Fahrzeugen freie Fahrt auf der A 7 gewähren. Wie passt das zusammen?

Von wollen kann keine Rede sein. Sollten wir die Fahrt auf der A 7 nicht verhindern können, sorgen wir dafür, dass die Gigaliner draufbleiben. Es handelt sich dann um gefangene Gigaliner, die wir nicht runterlassen auf das nachgeordnete Netz. Denn dort bin ich Hausherr.

Doch hat sich die grün-rote Landesregierung der nachhaltigen Mobilität verschrieben, und durch den Einsatz von Lang-Lkw lässt sich CO2 einsparen.

Das halte ich für ein rechnerisches Märchen der Speditionslobby, die diese Lang-Lkw unbedingt will. Dahinter stehen nicht ökologische, sondern betriebswirtschaftliche Motive und hinterher hat sich die Branche eine ökologische Begründung ausgedacht.

Wie meinen Sie das?

Es geht nur darum, die Transportkosten weiter zu drücken, was die Verlagerung auf Schiene und Wasserstraße noch schwieriger macht. Meine Ansage ist: Lastzüge gehören auf die Schiene – vor allem im mittleren und fernen Bereich. Da muss ich nicht noch eine neue Technologie schaffen, die dafür sorgt, dass Lastzüge auf die Straße kommen. Weiterer Straßengüterverkehr schadet nicht nur dem Klima, sondern auch der Straße. Wir sind auf vielen Achsen schon an der oberen Leistungsgrenze angekommen. Wenn durch Gigaliner noch mehr Güter auf die Straße kommen, ist er nichts anderes als ein Beitrag zur Verstopfung der Straßen.

Zur Person

Winfried ("Winne") Hermann ist seit acht Monaten Minister für Verkehr und Infrastruktur in Baden-Württemberg. Damit gehört er der ersten grün-roten Landesregierung in Deutschland an. Ihm unterstellt sind knapp 200 Mitarbeiter, die vier Abteilungen mit 21 Referaten zugeordnet sind. Die Verkehrspolitik ist für Hermann kein Neuland: Vor seinem Wechsel ins Ministerium stand der Bündnisgrüne in Berlin dem Verkehrsausschuss im Bundestag vor. Mitglied des Bundestags war er bereits seit 1998. Hermann studierte Deutsch, Politik und Sport in Tübingen, ehe er zunächst an einem Gymnasium in Stuttgart unterrichtete. Der begeisterte Radfahrer wurde 1952 in Rottenburg am Neckar geboren. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.

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