Seit 1992 war der gebürtige Oberbayer Mathias Lenz schon im Daimler-Konzern aktiv, seit 2010 leitete er das Design der Busmarken Mercedes-Benz, Setra und Orion. Sein Handwerk hat er an der Pforzheimer Designschmiede im "Transportation Design" gelernt, Modelle wie Atego, Unimog, Sprinter oder auch die "New Coach Range", bestehend aus der Setra Modellreihe 500 und dem Mercedes Tourismo stammen federführend von Lenz.
Sein Meisterwerk jedoch kann man sicher den "Future Bus" aus dem Jahr 2016 nennen, der auf Basis eines konventionellen Citaro im Hinblick auf viele Trends wie autonomes Fahren einfach alles anders macht und auf der IAA und anderswo für viel Aufsehen gesorgt hat (siehe auch lastauto omnibus Heft 9/2016 sowie das Interview hier).
Nach über 25 Jahren Daimler war es an der Zeit, neue Wege zu gehen. In diesen Jahren habe ich nahezu alle Nutzfahrzeuge bei Mercedes und Setra (mit)gestalten dürfen. Vom Designer bis hin zum Leiter Design bei der EvoBus. Jetzt ist die Zeit, sich nochmal zu verändern, andere Kulturen kennenzulernen.
Grundsätzlich ist der Bus ein Investitionsgut. Entsprechend wird überall auf Wirtschaftlichkeit geschaut. Danach steht die Ergonomie für den Fahrer und die Fahrgäste. Hier setzt auch das Design an. Der Eigner möchte ein optisch attraktives Fahrzeug haben, das die Leistungsfähigkeit der Firma repräsentiert, aber auch die Fahrgäste durch seinen Auftritt und seine Ausstattung fasziniert. Dies gilt sowohl für den Reisebus als auch für den Stadtbus. Hier steht natürlich das Thema Verkehrsfluss und Informationsbereitstellung im Vordergrund. Europa und Deutschland sind hier traditionell geprägt, das Design verkörpert die Marke und deren Werte. Das Design visualisiert gute Qualität und gute technische Lösungen. Im asiatischen Markt gilt das ebenso, nur ist ein potentielle Großkunde analog Pkw durch CarClinics deutlich enger bei der Gestaltung mit eingebunden.
Die Frage lässt sich auch andersherum stellen. Warum haben es europäische Hersteller schwer, in den chinesischen Markt einzudringen. Ich vergleiche das immer mit den Aktivitäten der japanischen Autoindustrie in den 70er Jahren. Erst mit dem Aufbau von Werken in Europa hat eine Akzeptanz stattgefunden. Der Aufbau von DesignCentern in Europa und die Einbeziehung der westlichen Formsprache hat ihren Anteil dazu beigetragen. Meine Aufgabe ist, den Erfahrungshorizont und die Designkompetenz meiner Mitarbeiter auf internationalem Niveau zu halten und weiter auszubauen. Dies geschieht bereits auch an den Hochschulen, die von asiatischen Unternehmen gesponsert werden und die hohe Zahl der Studenten aus dem asiatischen Raum.
Yutong gehört natürlich ganz vorne mit dazu. Die Fahrzeuge überzeugen durch gute Materialanmutung und formal durchdachte Lösungen. Auch andere chinesische Hersteller sind dabei, sich mit dem europäischen Markt auseinander zu setzen und wie man sieht, gelingt das durchaus.
Das ist ein weltweites Thema. Durch diese Megatrend ergibt sich für den Designer die Möglichkeit in verschiedenster Kombinatorik die Fahrzeuge und den Innenraum neu zu definieren. Dies bezieht sich sowohl auf die Konzeption als natürlich auch auf die formale Ausgestaltung. Zusätzlich kommen noch neuartige Fertigungsverfahren wie 3D-Druck dazu.
Yutong hat eine sehr gute Basis, was die Designsprache anbelangt. Die Gewichtung aus Tradition und Innovation beziehungsweise auch Offenheit gegenüber neuen Designströmungen werden der Marke verstärkt einen unverkennbaren und klaren Auftritt geben. Grundsätzlich gibt es Grundregeln in der Designsprache aller Hersteller. Diese variiert entsprechend der Markenwerte und dem Markt.
Ich bin Europäer. Allein die kulturelle Prägung als auch die sozialen Kontakte und Familie sorgen für eine enge Verbindung nach Europa. Privat bedeutet das, dass auch meine Familie mit nach China gehen wird. Wir lösen unseren Hausstand auf, unser Sohn wird in Shanghai eine internationale Schule besuchen und dort auch seinen Abschluss machen. Meine Frau wird weiterhin von China aus ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen und unsere erwachsene Tochter hat sich schon mal für ein Semester an einer Hochschule eingeschrieben.