CO2-Kompensation Grün gewaschen

CO2-Kompensation
Foto: © Schmitz Cargobull

Fahrzeuge CO2-frei zu produzieren ist nicht möglich. Auch bei ihrem Betrieb entstehen meist CO2-Emissionen. Die Kompensation per Zertifikat erlaubt dennoch klimaneutrale Transporte.

Alle Mittel zur CO2-Ersparnis sind ausgeschöpft: Moderne, verbrauchsarme Fahrzeuge stehen auf dem Hof, die Logistikimmobilien und Betriebsstätten werden mit regenerativen Energien versorgt, die Auslastung der Flotte ist so hoch wie nur möglich und dennoch entspricht der CO2-Fußabdruck einer Transportdienstleistung noch nicht dem angestrebten Ziel? Oder soll das Produkt gar klimaneutral sein? Dann bleibt als letztes Mittel die Klimakompensation – also der Kauf von CO2-Zertifikaten, mit denen sich die verbliebenen CO2-Emissionen vollständig ausgleichen lassen.

Transport und Produktion per se nicht CO2-neutral

Das ist kein Feigenblatt, sofern bestimmte Regeln dabei beachtet werden. Denn physikalisch ist es schlichtweg nicht möglich, eine Transportdienstleistung auf der Straße mit Lkw oder Bus klimaneutral abzuwickeln. Wo Energie verbraucht wird, entstehen in der Regel CO2- oder andere Treibhausgas-Emissionen, die in die Ökobilanz eines Produkts eingehen.

Gleiches gilt für die Fahrzeugproduktion. Ein Fahrzeug lässt sich nicht ohne den Ausstoß klimaaktiven Kohlenstoffdioxids fertigen. Wird dennoch ein Fahrzeug oder eine Transportdienstleistung als "CO2-frei" oder "klimaneutral" vermarktet, dann hat der Hersteller mit Sicherheit das Mittel der Klimakompensation eingesetzt.

Klimakompensation nur für die letzten Prozent

Das sollte aber nachrangiges Mittel sein. "Entscheidend ist die Vermeidung von Treibhausgasen bei Produktion, Nutzung und Entsorgung beziehungsweise Wiederverwertung eines Lkw oder Busses", sagt Dr. Michael Faltenbacher, Ingenieur und Unternehmensberater beim Dienstleister PE International. Der Ansatz solle nicht sein, am Ende alle CO2-Emissionen einfach auszugleichen. Das gehöre nicht zu einer guten, nachhaltigen Unternehmensstrategie. "Die CO2-Vermeidung liegt dem Transportunternehmer, ganz gleich ob Güter- oder Personenbeförderung, ohnehin nahe, weil das zugleich bedeutet, dass die Kosten, etwa durch den geringeren Kraftstoffverbrauch, reduziert werden", erklärt er.

Wer dann zum letzten Mittel greift, dem Zertifikathandel, sollte solche erwerben, die sich entweder am CDM-Gold- oder am VCS-Standard (Verified Carbon Standard) orientieren – Gütesiegel nach Maßgaben des Kyoto-Protokolls für klimafreundliche Projekte, bei denen Treibhausgase eingespart oder in sogenannten Kohlenstoffsenken, etwa in aufgeforsteten Wäldern, gespeichert werden.

Zertifikate für klimafreundliche Projekte

Nichtregierungsorganisationen (NGO) vergeben diese Zertifikate. Die NGO achten dabei auch darauf, dass solche Klimaprojekte gerade in Entwicklungsländern sorgsam durchgeführt werden, um die oft sehr anfälligen Volkswirtschaften und soziale Strukturen vor Ort nicht zu beeinträchtigen.

Wer ein solches Zertifikat kauft, unterstützt mit dem dafür verwendeten Geld klimafreundliche Projekte. Dazu zählen der Bau von Windkraftanlagen, Methanvermeidungsanlagen und die Trinkwasserreinigung durch Filteranlagen statt durch Abkochen, bei dem Holz verbrannt wird.

Lokale Projekte helfen global

Das ist sinnvoll, auch wenn die Projekte nicht am Ort der Entstehung von CO2-Emissionen, sondern an anderer Stelle greifen. Für die Erdatmosphäre ist allein die Menge der Treibhausgase entscheidend.

Doch letztendlich bedeuten zertifizierte Umweltprojekte keine Reduktion des CO2-Ausstoßes und gelten daher als nachrangiges Instrument des Klimaschutzes. Hier bleibt die CO2-Vermeidung bei Produktion und Fahrzeugbetrieb oberstes Gebot.

40 Euro pro Tonne

Wer sich über die freiwillige CO2-Kompensation informieren möchte, wendet sich an das Bundesumweltamt (UBA). Zertifikate gibt es beispielsweise bei Klimaktiv oder Arktik. Die Kosten für ein CDM-Gold-Zertifikat – in der Regel in Höhe einer Gutschrift über eine Tonne CO2 – liegen laut Faltenbacher meist bei 30 bis 40 Euro. Am Spotmarkt sind solche Zertifikate unter Umständen günstiger zu haben. Das Resultat dieser Bemühungen ist am Ende eine klimaneutrale Transportleistung – zumindest aus Sicht einer vollständigen Ökobilanz wie der Prozesskettenbetrachtung nach ISO 14040. Allerdings gibt es Bilanzierungsmethoden und -normen wie die DIN EN 16258 "Berechnung von Treibhausgasen in der Logistik", die nur die direkt beim Transport entstehenden CO2-Emissionen berücksichtigen, Kompensationen aber genauso wenig anerkennen wie nachhaltig versorgte Logistikimmobilien.

Abseits dieser Rechenmethoden und im Sinne einer vollständigen Ökobilanz ist die Kompensation nach einem anerkannten Standard aber genauso sinnvoll für Klima und Umwelt wie eine Betriebsstätte mit Solarzellen auf dem Dach oder Strom und Wärme aus anderen regenerativen Energien.

Weitere Informationen zur DIN-EN-Norm 16258, die sich mit CO2-Emissionen von Transportdienstleistungen befasst, finden Sie in diesem Artikel.

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