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Brenner-Gipfel für Verlagerung auf Schiene Verkehrsminister wollen Rola reaktivieren

Foto: ÖBB

Der Weg durch Tirol führt für den Schwerverkehr künftig über die Schiene. Daran ließen die Verkehrsminister Deutschlands, Österreichs und Italiens sowie die Landeshauptmänner aus Tirol, Südtirol und Trient beim Brenner-Gipfel am Montag in München keinen Zweifel.

Die Verkehrsminister einigten sich beim Brenner-Gipfel darauf, die Anstrengungen für eine Verlagerung des Schwerverkehrs auf die Schiene deutlich zu erhöhen. Eine Arbeitsgruppe soll bis zum nächsten Gipfeltreffen im Mai in Innsbruck alle Potenziale für den alpenquerenden Verkehr auf der Schiene durch Österreich identifizieren.

Schmidt: kein Gipfel der Visionen, sondern der Realisierung

"Das Treffen war extrem positiv, wir haben in wesentlichen Punkten eine Übereinkunft erzielt", bilanzierte der EU-Koordinator Pat Cox, der den Gipfel moderierte, nach zweieinhalbstündigen Verhandlungen vor der Presse. Der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Christian Schmidt (CSU) lobte, dass konkrete Maßnahmen verabschiedet wurden. "Es war kein Gipfel der Visionen, sondern der Realisierung", sagte er. Sein österreichischer Amtskollege Norbert Hofer brachte es wie folgt auf den Punkt: "Die Erwartungen an den Gipfel waren gering, die Ergebnisse sind gut." Alle Sitzungsteilnehmer hätten sich positiv und konstruktiv eingebracht.

Herrmann: Wir haben genügend Kapazitäten auf der Schiene

Als Schlüssel zur Entlastung der Alpen, Anwohner und Autobahnen sehen die Minister und Regionalvertreter die Schiene an. Sie müsse gestärkt und attraktiver gemacht werden – was auch die deutsche Seite für ein realistisches Unterfangen hält. "Im Moment haben wir noch genügend freie Kapazitäten auf der Schienen", betonte der bayerische Staatsminister für Verkehr, Joachim Herrmann (CSU). "Wir haben aktuell 100 Güterzüge von Rosenheim nach Kufstein am Tag, können aber mindestens 200 abwickeln", sagte er.

Also müsse man nicht erst auf den Tag warten, an dem neue Gleise gebaut werden, sagte Herrmann mit Hinweis auf den im Bau befindlichen Brenner-Basistunnel. Ziel sei es vielmehr, die zusätzlichen Züge noch in diesem Jahr zu starten.

Rola Regensburg-Trient soll Betrieb wieder aufnehmen

Besonders im Blick haben die Verkehrspolitiker der Alpenländer und -regionen den Begleiteten Kombinierten Verkehr. Minister Schmidt regte an, die zum Juli 2016 eingestellte Rollende Landstraße (Rola) von Regensburg nach Trient rasch zu reaktivieren. "Es ist eigenartig, dass die Schiene bis heute nicht ihre Kapazitäten nutzt, sondern die Rola sogar eingestellt wurde", erklärte er. Schmidt hält es für möglich, täglich mehrere Rola-Züge abzufertigen.

Auch die Vertreter aus Österreich wollen ihre Huckepack-Kapazitäten weiter ausbauen. "Wir haben aktuell 206.000 Stellplätze jährlich auf der Rola", sagte der dortige Minister Hofer. Kurzfristig ließen sich 43.000 zusätzliche Stellplätze schaffen, 2019/2020 dann noch einmal 90.000.

Zulaufstrecken zum Brenner-Basistunnel zügig ausbauen

Um der Schiene einen Schub zu verleihen, einigten sich die Gipfel-Teilnehmer ferner darauf, dass die Deutsche, Österreichische und Italienische Bahn gemeinsam prüfen, wie sie ihre Angebote und Technik vereinfachen und vereinheitlichen können. Die Bundesregierung sei bereit, sich hierbei auch finanziell zu engagieren, bekräftigte Schmidt.
Wichtig für den Minister ist es auch, ein höheres Tempo bei den Zulaufstrecken zum Brenner-Basistunnel auf deutscher Seite an den Tag zu legen – im Dialog und Austausch mit der Bevölkerung, was zum Beispiel das Thema Lärmschutz angehe.

Herrmann: Spediteure haben keine Abneigung gegen Schiene

Doch sowohl Schmidt als auch sein Landes- und Parteikollege Herrmann machten deutlich, dass freie Kapazitäten allein noch nicht für einen Umstieg auf die Schiene reichten. "Es muss gelingen, die Angebote so günstig wie möglich zu machen, damit ein Anreiz da ist, sich für die Bahn zu entscheiden", betonte Herrmann. "Spediteure haben keine Abneigung gegen die Schiene – es kommt allein auf die Kosten an."

Tirol hält an umstrittener Lkw-Blockabfertigung fest

Während eine stärkere Bahn allen Gipfelteilnehmern ein Anliegen ist, scheiden sich an den Lkw-Blockabfertigungen in Tirol auch weiterhin die Geister. Landeshauptmann Günther Platter erklärte sich aber bereit, frühzeitig über diese Maßnahmen informieren. "Es ist gut, dass an der Blockabfertigung nicht gerüttelt wurde", sagte er. Sie sei eine Reaktion auf das wachsende Lkw-Aufkommen, das an manchen Tagen zum Stillstand führe. "Es ist eine unglaubliche Belastung für die Bevölkerung." Daher begrüßt es Platter, dass zum einen das Schienenangebot ausgebaut wird. "Zum anderen muss die Straße – konkret die Fahrt auf der Straße von München nach Verona – unattraktiver werden."

Platter wirbt für Obergrenze bei Transit-Lkw durch Österreich

Erneut sprach sich Platter für eine jährliche Obergrenze bei der Zahl der Transit-Lkw aus, nachdem es voriges Jahr mit 2,25 Millionen einen Höchststand gegeben habe. Aktuell laufe 71 Prozent des Güteraufkommens durch Österreich per Lkw ab, nur 29 Prozent auf der Schiene, sagte Österreichs Verkehrsminister Hofer. "In der Schweiz ist es genau umgekehrt." Das liege nicht zuletzt an der höheren Straßengebühr. Die Fahrt durch die Schweiz koste den Transporteur 225 Euro Maut, durch Österreich nur 100 Euro.
Gleichwohl gibt es für den österreichischen Vorstoß, eine erhöhte, mit den Nachbarregionen abgestimmte Korridormaut zu erheben, keine Unterstützung aus Deutschland. Genauso wie die Bundesrepublik weiterhin die Blockabfertigung ablehnt. "Das halten wir überhaupt nicht für vertretbar, hier gibt es deutliche Meinungsverschiedenheiten", sagte Staatsminister Herrmann und verlieh der von vielen gelobten Konsensfreude der Minister und Regionalvertreter beim Brenner-Gipfel damit einen Dämpfer.

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