EU stoppt Kaufpflicht für emissionsfreie Lkw

EU stoppt Kaufzwang für emissionsfreie Lkw
Brüssel verzichtet auf verpflichtende E-Lkw-Quoten

Nach massivem Widerstand der Transportbranche verzichtet die EU auf verpflichtende Kaufquoten für emissionsfreie Lkw. Verbände sehen einen Erfolg, fordern aber bessere Rahmenbedingungen.

Brüssel lockert die Vorgaben für Lkw-Flotten
Foto: ETM/KI-generiert via OpenAI

Nach massivem Widerstand aus der europäischen Transportwirtschaft hat die EU-Kommission ihre Pläne für verbindliche Kaufquoten bei emissionsfreien Lastkraftwagen zurückgezogen. In dem am 16. Dezember veröffentlichten Automobilpaket verzichtet Brüssel darauf, Speditionen zum verpflichtenden Erwerb von Zero-Emission-Trucks zu zwingen. Für die Logistikbranche ist das ein wichtiger Etappensieg. Und ein Signal, dass Regulierung ohne funktionierende Rahmenbedingungen an ihre Grenzen stößt.

Breite Mobilisierung zeigt Wirkung

Dem Kurswechsel ging eine der größten europaweiten Mobilisierungen der Transportbranche der vergangenen Jahre voraus. Verbände aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und den nordeuropäischen Ländern hatten gemeinsam mit der International Road Transport Union (IRU) eine Kampagne inklusive Petition gestartet. Ziel war es, den ursprünglichen Vorschlag verbindlicher Kaufverpflichtungen zu stoppen. Die Beteiligung fiel hoch aus, tausende Unternehmen aus ganz Europa unterstützten das Anliegen. Das Ergebnis: In dem Vorschlag zu sogenannten „Sauberen Unternehmensflotten“ finden sich keine verpflichtenden Kaufquoten für emissionsfreie Lkw mehr. Aus Sicht der Verbände, darunter auch der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), ist das ein entscheidender Schritt, um die Transformation des Straßengüterverkehrs marktbasiert und realistisch zu gestalten.

Herausforderungen bleiben bestehen

Ganz vom Tisch ist die Regulierung dennoch nicht. Kritisch sehen die Verbände weiterhin die geplanten nationalen Neuzulassungsvorgaben für leichte Nutzfahrzeuge in Großunternehmen. Diese sollen bis 2035 auf bis zu 95 Prozent steigen. Angesichts fehlender Ladeinfrastruktur, hoher Energiepreise und begrenzter Netzanschlüsse stellt dies für viele Logistikunternehmen eine erhebliche Herausforderung dar. Positiv bewertet wird hingegen, dass elektrische Lieferwagen künftig bei identischer Nutzlast den Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor gleichgestellt werden sollen. Damit beseitigt die EU-Kommission zumindest einen Wettbewerbsnachteil im urbanen Verteilerverkehr.

Rahmenbedingungen statt Zwang

Die Transportbranche bekennt sich klar zu den Klimazielen, lehnt jedoch regulatorischen Zwang als falsches Instrument ab. Viele Unternehmen investieren bereits heute in emissionsfreie Fahrzeuge und alternative Kraftstoffe. Diese Investitionen entstehen dort, wo Wirtschaftlichkeit, Infrastruktur und Planungssicherheit zusammenkommen. Der schleppende Hochlauf der Elektromobilität im schweren Straßengüterverkehr ist weniger eine Frage des Willens als der Umsetzbarkeit. Fehlende Megawatt-Ladepunkte entlang der Hauptkorridore, langwierige Netzanschlüsse für Depots, hohe Strompreise und unklare Total Cost of Ownership bremsen Investitionen spürbar aus.

Blick nach vorn: CO₂-Flottengrenzwerte ab 2027

Die EU-Kommission kündigt an, emissionsfreie und emissionsarme Lkw bei der Überarbeitung der CO₂-Flottengrenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge im Jahr 2027 erneut zu berücksichtigen. Dabei soll sich der Ansatz stärker an den Regelungen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge orientieren. Die Verbände fordern dabei vor allem eines: mehr Technologieneutralität. Entscheidend müsse der Energieträger sein, nicht die einzelne Antriebstechnologie. Nur so lasse sich ein flexibler, wirtschaftlich tragfähiger Transformationspfad gestalten.

Fazit: Etappensieg für die Branche, Arbeit für die Politik

Der Verzicht auf verpflichtende Kaufquoten für emissionsfreie Lkw verschafft der Logistikbranche dringend benötigte Luft. Gleichzeitig macht die Debatte deutlich: Ohne massive Investitionen in Ladeinfrastruktur, Netzausbau und verlässliche Fördermechanismen bleibt die Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs politisches Wunschdenken. Die nächste Bewährungsprobe folgt spätestens mit der Reform der CO₂-Grenzwerte ab 2027.

Die EU-Entscheidung zu emissionsfreien Lkw in Kürze

  • Thema: EU-Regulierung Straßengüterverkehr
  • Beschlussdatum: 16. Dezember 2025
  • Rechtsrahmen: EU-Automobilpaket / „Saubere Unternehmensflotten“

Kernaussagen

  • Keine verpflichtende Kaufquote für emissionsfreie Lkw im aktuellen EU-Vorschlag
  • Erfolg europäischer Transportverbände nach koordinierter Branchenmobilisierung
  • Fokus der EU verlagert sich von Zwang auf Rahmenbedingungen und spätere Regulierung

Betroffene Fahrzeugsegmente

  • Schwere Lkw: Keine Kaufverpflichtung vorgesehen
  • Leichte Nutzfahrzeuge: Nationale Neuzulassungsziele bis 95 % bis 2035 für Großunternehmen
  • E-Vans: Gleichstellung mit Verbrennern bei identischer Nutzlast

Zentrale Hemmnisse für die Elektrifizierung

  • Unzureichende Depot- und öffentliche Ladeinfrastruktur
  • Fehlende Megawatt-Ladepunkte entlang der Hauptverkehrskorridore
  • Hohe Strompreise und unsichere Total Cost of Ownership (TCO)
  • Begrenzte Netzanschlusskapazitäten und lange Genehmigungszeiten

Politischer Ausblick

  • Überarbeitung der CO₂-Flottengrenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge ab 2027
  • Emissionsfreie und emissionsarme Lkw sollen dort neu bewertet werden
  • Branche fordert mehr Technologieneutralität statt Festlegung auf einzelne Antriebe

Bedeutung für die Logistikbranche

  • Mehr Investitionsfreiheit für Speditionen und Flottenbetreiber
  • Transformation bleibt marktgetrieben, nicht regulatorisch erzwungen
  • Druck auf die Politik steigt, Infrastruktur und Fördermechanismen zügig auszubauen