Schirmherr bei #LogistikHilft

Schirmherr bei #LogistikHilft
Bilger will bessere Bedingungen für Fahrer

Staatssekretär Steffen Bilger (CDU) setzt sich bei #LogistikHilft dafür ein, dass sich die Versorgung von Fahrern verbessert und sie eine höhere Wertschätzung erfahren. Was genau die Initiative unternimmt, erläutert er exklusiv gegenüber der Fachzeitschrift trans aktuell.

Bilger will bessere Bedingungen für Fahrer
Foto: Thomas Küppers
trans aktuell: Herr Staatssekretär, Politik ohne Begegnungen aus dem Homeoffice heraus – funktioniert das?

Bilger: Für Politiker ist es ungewohnt, nicht mit Menschen im direkten Kontakt zu sein. Die vielen Veranstaltungen oder auch Feste am Wochenende im Wahlkreis fallen weg. Ein Nebenaspekt ist, dass ich öfter zu Hause bei meiner Familie sein kann. Mittlerweile normalisiert sich vieles. Beispielsweise kommt der Bundestag wieder zu regulären Sitzungswochen zusammen – natürlich unter Beachtung der Abstandsregelungen.

Mit Schutzmaske ausgestattet haben Sie neulich einen mobilen Duschcontainer auf einer Raststätte an der A 8 aufgestellt. Was hatte es damit auf sich?

Die Aktion erfolgte im Rahmen der Initiative „Logistik hilft“, deren Schirmherrschaft Bundesminister Andreas Scheuer und ich übernommen haben. Dahinter stehen der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), die Logistics Alliance Germany, das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik und der Verein Doc-Stop.

Positiv ist, dass es einen sehr engen Austausch zwischen dem BMVI und diesen Akteuren beziehungsweise der Logistikbranche insgesamt gibt, was mir auch in meiner Rolle als Logistikkoordinator der Bundesregierung am Herzen liegt. Dieser enge Austausch ist in der Krise eine der großen Stärken. Dadurch können wir bei Problemen schnell reagieren. So geschehen nun angesichts der Meldungen über unzureichende oder fehlende sanitäre Einrichtungen für Lkw-Fahrer in der Coronakrise. „Logistik hilft“ ist unsere Antwort darauf.

Wie gingen diese Meldungen bei Ihnen ein? Haben Fahrer sich auch direkt gemeldet?

Teilweise ja. Sie haben berichtet, dass die Bedingungen an Rampen und Autohöfen nicht akzeptabel sind – auch, weil viele Anlagen geschlossen wurden. Teilweise erfolgte die Schließung aus verständlichen Gründen, wenn etwa bei einem Autohof das Geschäft eingebrochen war. In der Folge war es für Fahrer ein Problem, auf die Toilette zu gehen, eine Dusche zu benutzen oder sich mit Essen zu versorgen. Es zeigte sich, dass wir schnell aktiv werden mussten. Ein tolles Signal war, dass Unternehmen aus der Fahrzeug- und Logistikbranche die Initiative mit Geld unterstützt haben. Ich bin sehr dankbar, dass wir die ersten mobilen Toiletten und Duschcontainer aufstellen konnten und sie angenommen werden.

An wie vielen Raststätten wollen Sie tätig werden?

Wir haben in Abstimmung mit den Landesverkehrsministern eine Evaluierung der Autobahnraststätten in Angriff genommen und zunächst 20 Standorte identifiziert, an denen wir tätig werden müssen.

Schwieriger dürfte es sein, die Situation für Fahrer auf privaten Grundstücken, zum Beispiel bei Handelsrampen, zu verbessern. Wie gehen Sie dort vor?

Wir haben hier eine prima Zusammenarbeit mit dem BGL und anderen Verbänden, die uns Negativbeispiele melden. Ich unterstelle nicht, dass die betreffenden Unternehmen Lkw-Fahrer schikanieren möchten. Sie haben sich Krisenkonzepte überlegt, die Externen den Zutritt aufs Gelände verwehren. Da haben einige Firmen nicht bedacht, welche Folgen das für die Lkw-Fahrer hat.

Wie haben Sie darauf reagiert?

Der Bundesverkehrsminister hat diesen Unternehmen Briefe geschrieben. Das ist ein ungewöhnliches Vorgehen, aber sehr effektiv, weil wir schnell handeln mussten. Das sind wir unseren Fahrern schuldig. Wir stellen fest, dass die Briefe etwas bewirken. Teilweise haben die Adressaten uns Fotos als Beleg zugeschickt, dass sie die Situation für Fahrer verbessert haben. Im nächsten Schritt wollen wir Positivbeispiele sammeln und entsprechend würdigen – zum Beispiel Unternehmen, die Fahrern Essen zur Verfügung stellen oder anderweitig ihre Wertschätzung ausdrücken.

Viele Fahrer halten die Anerkennung für unglaubwürdig und befürchten, danach wieder als Deppen abgestempelt zu werden. Lässt sich das verhindern?

Wenn etwas die Krise überdauern sollte, dann der Dank und die Anerkennung gegenüber denjenigen, die den Laden am Laufen halten. Ich glaube, viele haben nun verstanden, dass Lkw-Fahrer einen wesentlichen Anteil daran haben, wenn es darum geht, Supermärkte zu versorgen und Produktionsketten aufrechtzuerhalten. Sie haben keinen einfachen Job und bekommen viel Unmut ab – daher ist diese Anerkennung wichtiger denn je. „Logistik hilft“ zielt ja eher auf kurzfristige Maßnahmen ab. Doch wir sollten überlegen, wie wir die Initiative nach der Krise weiter nutzen können bei Themen, die uns dauerhaft beschäftigen. Dazu gehört die Attraktivität des Fahrerberufs. Vielleicht sollte man über eine Dankeskampagne nachdenken, wenn die Krise überwunden ist, um die Bedeutung der Fahrer dauerhaft im Bewusstsein der Bevölkerung zu verankern.

Von den Fahrern zu den Speditionen: Wie ist das Stimmungsbild Ihrer Wahrnehmung nach bei ihnen?

Das hängt sehr stark vom Profil und von der Ausrichtung der Unternehmen ab. Dazu schaue ich mir sehr genau die wöchentlichen Berichte des Bundesamts für Güterverkehr an. Die Lkw-Fahrleistungen gehen deutlich zurück, was sich auch darin ausdrückt, dass die Mauteinnahmen um 10 bis 15 Prozent unter dem Niveau vor der Krise liegen. Vor allem in der Automobilindustrie und im Maschinenbau dauert die Rückkehr zur Normalität länger als erwartet. Der Preisdruck erweist sich als zusätzliches Problem. Mehr als die Hälfte der Unternehmen im Bereich Straßengüterverkehr nutzt Kurzarbeit. Das verdeutlicht die Dimension des Ganzen.

Wäre eine Regulierung der Kabotage ein wirksames Mittel, um die deutsche Transport- und Logistikwirtschaft zu stabilisieren?

Wir hatten die Kabotage ja zunächst gelockert, diesen Schritt im Rahmen unseres Gütertransportpakts mit den Verbänden aber wieder zurückgenommen. Komplett können wir die Kabotage nicht einschränken. Manch einer fragt uns, was uns zur Lockerung veranlasst habe. Wir waren im Ungewissen, wie sich die Infektionszahlen, die Quarantäne für Fahrer und die Grenzsituation entwickeln würden und ob die Versorgung sichergestellt werden kann. Daher haben wir alles versucht, um das zu garantieren. Im Gütertransportpakt haben wir ja auch Punkte wie eine Flexibilisierung der Lenk- und Ruhezeiten und Ausnahmen vom Sonntagsfahrverbot für Lkw vereinbart.

Trotzdem: Warum ist kein Kabo­tageverbot für gebietsfremde Unternehmen möglich?

Weil solche Maßnahmen mit den anderen europäischen Ländern abgestimmt werden müssen. Hier sehen wir aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen der west- und osteuropäischen Lager keine Möglichkeit. I

ch will keine Hoffnungen wecken, die man dann nicht erfüllen kann. Die Forderung, die Kabotageregeln strikter zu fassen, wird permanent an uns herangetragen – nicht zuletzt aufgrund des Preisdrucks. Wir setzen stattdessen auf strikte Kon­trollen, auch Schwerpunktkontrollen, die mögliche illegale Kabotage entlarven und bestrafen.

Aber aus der Branche heißt es immer wieder, das BAG sei überfordert, weil unterbesetzt …

Wir haben eine höhere Personalausstattung beim BAG beschlossen, das war im Koalitionsvertrag vereinbart. Konkret geht es um 76 Stellen, die dort zusätzlich bis Ende des Jahres besetzt werden. Ich habe kürzlich selbst an einer Kontrolle teilgenommen. Mein Eindruck ist, dass die Kon­trolleure eine sehr motivierte und kompetente Truppe sind.

Stark unter der Krise zu leiden hat auch der Schienengüterverkehr. Was halten Sie von einer bereits diskutierten Aussetzung der Maut für Vor- und Nachlauf im Kombinierten Verkehr?

Eine Mautbefreiung für Vor- und Nachläufe im Kombinierten Verkehr sehe ich nicht. Wir haben im Bundestag eben erst die Mautbefreiung für Gas-Lkw verlängert. Spielraum für weitere Änderungen wird es angesichts der Kassenlage nicht geben. Wir wissen, dass der Schienengüterverkehr in einer sehr schwierigen Lage ist und private Eisenbahnunternehmen mit Sorge sehen, was der Staat für die Deutsche Bahn lockermacht. Von den Investitionen in diese Infrastruktur profitieren aber auch die Wettbewerber. Weitere Förderprogramme sind geplant. Derzeit machen wir uns viele Gedanken zur Überarbeitung der Förderung des Kombinierten Verkehrs. Dabei geht es auch um Digitalisierung. Aktuell haben wir ein Förderprogramm über 30 Millionen Euro auf den Weg gebracht, von dem auch die Wettbewerber der DB profitieren.

Was genau fördern Sie damit?

Das Bundesprogramm „Zukunft Schienengüterverkehr“ fördert Ansätze zur Digitalisierung und moderne Techniken wie innovative Güterzüge oder das automatisierte Be- und Entladen und steht allen Unternehmen im Schienengüterverkehr offen. Wir müssen den Schienengüterverkehr in dieser Situation stärken. Spätestens nach der Coronakrise wird wieder deutlicher ins Bewusstsein rücken, welche Vereinbarungen zum Klimaschutz getroffen wurden. An diesen Zielen hat sich durch Corona für uns nichts geändert, und bei ihrer Erreichung spielt die Schiene eine entscheidende Rolle.

Zur Person

  • Seit 2009 ist Steffen Bilger direkt gewählter Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Ludwigsburg und seit März 2018 parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI).
  • Bilger trat 1996 in die CDU und die Junge Union ein. Später wurde er Landesvorsitzender der Schüler-Union und der Jungen Union Baden-Württemberg.
  • Er studierte Jura in Tübingen und war von 2007 bis 2018 als Rechtsanwalt zugelassen. Der 41-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Logistik Hilft

  • Der BGL und seine Partner setzen die Initiative #LogistikHilft fort. „Mit der Zündung der zweiten Stufe durch den Start des #LogistikHilft-Onlineshops können dort Logistikunternehmen zu Sonderkonditionen Gesichtsmasken, Desinfektionsmittel, Schutzhandschuhe und -kittel erwerben“, teilt der BGL mit.
BGL
Bessere Versorgung am GVZ Bremen: Die Initiatoren von #LogistikHilft stellten dort einen mobilen Dusch- und Toilettencontainer auf.
  • Auf www.aktion-logistikhilft.de können Unternehmer unter anderem Gesichtsmasken zu einem Vorzugspreis ab 59 Cent (netto, pro Stück) erwerben; 4 Cent davon gehen auf das Spendenkonto von #LogistikHilft und werden für den Erwerb von Sanitärcontainern für Lkw-Fahrer eingesetzt. Die ersten mobilen Container mit Duschen und Toiletten wurden bereits in Großbeeren, an der A 8 bei Stuttgart, im GVZ Bremen und an der A 40 in NRW aufgestellt.