Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat sich bei der Umsetzung der Nutzerfinanzierung in den nächsten Monaten und Jahren viel vorgenommen. Zum 1. Juli werden weitere 1.100 Kilometer Bundesstraßen mautpflichtig. Drei Monate später trifft es auch Lkw zwischen 7,5 und 12 Tonnen. 2016 folgt die Pkw-Maut und Mitte 2018 die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen. Der CSU-Politiker bekräftigt, dass es bei diesen Terminen bleibt. Er baut fest auf diese zusätzlichen Einnahmen aus der Nutzerfinanzierung. Denn bis 2018 will er ein Rekordniveau bei den Investitionen für den Verkehr erreichen, wie er im Gespräch mit trans aktuell-Korrespondent Hans-Peter Colditz erläutert.
Dobrindt: Es gibt keinen Stress, es gibt nur viel Arbeit. Und die ist es allemal wert, engagiert getan zu werden. Das sind ja große Aufgaben: Investitionen sichern, Digitalisierung vorantreiben, Transport- und Logistikwege modernisieren.
48 Prozent Zustimmung zu unserer Verkehrspolitik, da muss man sich vor keinem Vergleich fürchten. Dass unser Projekt Pkw-Maut Zeit und Anstrengung braucht, war klar. Der Kabinettsbeschluss liegt seit 17. Dezember vor, jetzt folgt die parlamentarische Beratung. Viele Kritiker mussten sich inzwischen korrigieren. Und ich bleibe dabei: Es ist einfach eine Frage der Gerechtigkeit, dass all diejenigen, die unsere Straßen nutzen, auch einen angemessenen Beitrag dafür leisten.
Wir sind im Zeitplan und werden die Infrastrukturabgabe 2016 einführen. Aber jetzt ist erst mal das Parlament am Zuge.
Wir bereiten dazu gerade die technischen Vorgaben vor. Ausgeschrieben werden kann erst, wenn der Deutsche Bundestag das Gesetz beschlossen hat.
Falsch. Die Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich. Das haben wir innerhalb der Bundesregierung eindeutig nachgewiesen.
Das Gesetz ist EU-rechtskonform.
Das sagen das für diese Frage zuständige Bundeswirtschaftsministerium und ein wissenschaftliches Gutachten von Prof. Hillgruber von der Uni Bonn. Es gibt keinen Zweifel daran.
Ja, auch der steht.
Wir haben uns mit der Vertragsverlängerung die Sicherheit verschafft, dass es zu keinen Mautausfällen kommt. Es geht immerhin um 4,4 Milliarden Euro jährlich. Da wäre das Risiko eines Mautausfalls, selbst eines kurzzeitigen Ausfalls, nicht zu verantworten gewesen. Jetzt ist die richtige Zeit, die Vorbereitungen zu treffen, was nach 2018 passieren soll. Dazu wird es Expertengespräche geben.
Nein, darüber wird es noch eine Diskussion zwischen Fachleuten geben.
Ein Vermischen dieser beiden Fragen wäre nicht sachgerecht. Wenn es zu einer Ausschreibung des Betriebssystems für die Lkw-Maut kommt, dann kann sich jedes Unternehmen, das fachlich qualifiziert ist, darum bewerben.
Ja, ich lege Wert darauf, dass bei Ausschreibung eines offenen Verfahrens jedes qualifizierte Unternehmen die Möglichkeit hat, sich um diesen Betrieb zu bewerben. Das stellt sicher, dass wir am Ende die wirtschaftlich günstigste Lösung für den Bund erreichen.
Ich will ab Mitte 2018 alle Bundesstraßen in das Lkw-Mautsystem einbeziehen. Damit können wir jährlich zwischen 1,5 und 2 Milliarden Euro zusätzlich für Verkehrsinvestitionen erwirtschaften. Dazu gehört, dass wir bis 2018 die technischen Voraussetzungen schaffen. Und dafür werden demnächst die Vorbereitungen beginnen.
Die technische Ausstattung der Bundesstraßen für die Lkw-Maut-Erhebung kann in einem solchen Verfahren vergeben werden, der Betrieb dieses Mautsystems muss dann zwingend europaweit ausgeschrieben werden.
Nach der Rechtslage können wir erst dann die Mittel in den Haushalt einstellen, wenn Bundestagsbeschlüsse die Haushaltswirksamkeit belegen. Die Fachleute wissen das, darum sind Lkw-Maut, Pkw-Maut und die Zusatz-Milliarden in der Finanzplanung noch nicht sichtbar. Trotzdem werden sie kommen. Zum Investitionshochlauf gehört aber auch eine neue Generation öffentlich-privater Partnerschaften, die gerade in der Vorbereitung ist. Wir identifizieren gerade die Liste möglicher Autobahnstrecken in Deutschland, die auf diese Weise beschafft werden. Dabei geht es um einen zweistelligen Milliarden-Betrag.
In jedem Fall zusätzliche Gelder aus dem Zehn-Milliarden-Programm, das Finanzminister Schäuble für die Haushalte 2016 bis 2018 auflegt.
Mein Ziel ist es, einen erheblichen Teil dieses Programms für Infrastruktur-Investitionen bereitzustellen. Auch dieses Geld ist in der mittelfristigen Finanzplanung noch nicht abgebildet.
Darum wird immer noch hart gerungen. Aber ich lege Wert auf die Feststellung, dass wir dieses zusätzliche Geld für Zukunftsinvestitionen in Straßen, Schienen, Wasserwege und die digitale Infrastruktur verwenden.
Ich würde das Brückensanierungsprogramm, für das ich bereits mehr als eine Milliarde Euro bereitgestellt habe, gerne weiter verstärken. Zusammen werden diese zusätzlichen Haushaltsgelder, die Mittel aus der Nutzerfinanzierung und die zu erwartenden privaten Mittel aus der neuen Generation von ÖPP-Projekten weit über dem liegen, was bisher in der mittelfristigen Finanzplanung steht. So werden 2018 die Investitionen gegenüber 2013 um 40 Prozent höher ausfallen. Und wir reden über Rekordzahlen auch noch in dieser Wahlperiode.
BUNDESVERKEHRSWEGEPLAN AUF GUTEM WEG
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt will den neuen, im Koalitionsvertrag angekündigten Verkehrsinfrastrukturbericht der Bundesregierung und den Bundesverkehrswegeplan 2015 bis 2030 bis Dezember dieses Jahres vorstellen. Das erklärt er gegenüber trans aktuell. Allerdings hänge der Zeitplan davon ab, wie viele Eingaben und Empfehlungen im Rahmen der zugesagten, intensiveren Bürgerbeteiligung beim Bundesverkehrswegeplan zu bearbeiten sein werden. Dabei könne es sich sehr gut um eine sechsstellige Zahl handeln.
Aktuell ist das Bundesverkehrsministerium dabei, die etwa 2.000 angemeldeten Projekte mittels der Nutzen-Kosten-Analyse zu bewerten. Wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, wird dabei eine 80-zu-20-Priorisierung vorgenommen: 80 Prozent der Mittel werden als Zielgröße für Projekte in ein "Nationales Prioritätenkonzept" aufgenommen (vordringlicher Bedarf). Wie Dobrindt erläutert, zeigt der vordringliche Bedarf notwendige Projekte innerhalb der nächsten 15 Jahre auf. Daraus würden dann weitere Projekte als "vordringlicher Bedarf plus" identifiziert.
ZUR PERSON
Alexander Dobrindt übt sein Amt als Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur seit dem 17. Dezember 2013 aus. Seitdem haben ihn die Deutschen intensiv kennengelernt – ganz überwiegend über die Medien. Denn kaum ein Zweiter aus der Ministerriege schafft es wie er nahezu täglich in die Schlagzeilen. Möglich macht das vor
allem die Pkw-Maut, die das Ministerium vor Herausforderungen stellt.
Geboren wurde Alexander Dobrindt am 7. Juni 1970 in Peißenberg im Alpenvorland. 1989 machte er in Weilheim sein Abitur, anschließend studierte er Soziologie in München; 1995 Abschluss als Diplom-Soziologe. Seit 1986 ist Dobrindt Mitglied der Jungen Union, 1990 trat er in die CSU ein. Es folgten mehrere kommunalpolitischen Ämter. 2009 wurde er zum Generalsekretär der CSU gewählt. Mitglied des Bundestages ist er seit Oktober 2002. 2013 gewann Dobrindt seinen Wahlkreis 226 (Weilheim) zum vierten Mal in Folge, dieses Mal mit einem Erststimmen-Ergebnis von 57,2 Prozent, immerhin fünf Prozent mehr als 2009. Der CSU-Politiker ist seit 2006 verheiratet und hat einen Sohn.