Kim Kohlmeyer: Für mich ist natürlich jetzt wichtig, dass wir die öffentliche Infrastruktur hinbekommen. Jetzt ist ja die Ausschreibung für die unbewirtschafteten Raststätten durch die Autobahn GmbH erfolgt – ich hätte mir gewünscht, dass auch die bewirtschafteten mit dabei gewesen wären, denn das wäre der eigentliche Use Case für die Ladesäulenbetreiber. So hätte man profitable und nicht sehr profitable Standorte besser zusammenfassen können, im Rahmen eines ganzheitlichen und flächendeckenden Netzes. Mich ärgert ein bisschen, dass die Politik das nicht getan hat und von den Unternehmen verlangt, ein Risiko einzugehen, selber aber das Risiko scheut.
Das ist vor allem eine Frage der Regionalität sowie der vorhandenen Infrastruktur. Ein unbewirtschafteter Standort ist regional gesehen vielleicht an einer Nebenstrecke und unter Umständen nicht so frequentiert wie ein bewirtschafteter Standort, an dem ein Fahrer auch einen Kaffee trinken oder duschen kann – und dann eben auch lieber lädt. Diese profitableren Standorte finden sich dann meistens auch auf hochfrequenten Autobahnen.
Der Bund wartet aktuell eine Klage ab, die zum Pkw-Schnellladenetz läuft, um die bewirtschafteten Rasthöfe auszuschreiben. Dadurch wird eine Verzögerung durch die Klage hingenommen, die daraus entstehende Rechtsunsicherheit wird nicht aktiv angegangen. Zusammen mit der Einstellung der Förderung im Rahmen von KsNI war das ein schlechtes Vorgehen des Bundes. Wir haben im Punkt der Dekarbonisierung gerade ein Momentum, das wir unbedingt halten müssen – durch solche Aktionen wird es aber gebremst.

Kim Johanna Kohlmeyer von T&E: Warum es Fördermaßnahmen speziell für KMU braucht.
Die AFIR ist ein gutes Grundgerüst, das Zielvorgaben zum Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur sicherstellt – etwa, dass man auf den TEN-T-Kernrouten alle 60 Kilometer laden kann. Alles darüber hinaus wird der Markt regeln. Wir sind noch am Anfang der Transformation, da fahren auch nicht alle mit BEV die längsten Langstrecken, von daher ist die Zahl der Standorte erst einmal relativ. Was aber von vornherein angepasst werden sollte, ist dieser Ansatz "one-size-fits-all" im Hinblick auf die Ladeleistungen für die einzelnen Standorte.
Wir von T&E haben das im Rahmen einer Studie nachgerechnet und sind zu dem Schluss gekommen, dass die Energiemengen regional auf die tatsächlichen Bedarfe angepasst werden sollten. Manche Standorte und Regionen werden weniger brauchen, während in den Metropol- und Transitregionen Ladepunkte mit mehr Leistung ausgestattet werden müssen, abhängig vom realen Güterverkehrsaufkommen in der Region und den Flottengrößen. In Deutschland ist unserer Berechnung nach gemäß der AFIR zu wenig Energieleistung eingeplant, was die Planung des Lkw-Schnellladenetzes jedoch auch berücksichtigt.
Hier brauchen wir möglichst schnell einen sinnvollen Netzausbau für die Depots. Aktuell arbeiten wir daher auch an einer Studie, die die regulatorischen Hindernisse des Depotladens aufzeigen wird. Das ist wichtig, weil gerade mit dem Depotladen die Unternehmen die TCO stark senken können. Gerade kleinere Unternehmen brauchen eine Regulatorik, die bei dem Aufbau eines smarten Depotdesigns hilft. Zum Beispiel sollte es begünstigt werden, dass mehrere Unternehmen sich ein Depot teilen. Momentan wird das noch nicht richtig als Business Case gedacht, auch nicht von der Politik, so dass es noch viele, wenn auch ungewollte, Hindernisse gibt. Das macht mir auch ein bisschen Sorge, weil unser Netz in der Hinsicht noch erheblich ausgebaut werden muss.
Auch das müssen wir dringend angehen, keine Frage. Allerdings sind unserer Erfahrung nach auch viele Spediteure der Meinung, dass sie für das Depotladen mehr Energie brauchen, als es tatsächlich der Fall ist. Denn beim Depotladen steht nicht unbedingt das Megawattladen im Vordergrund: Hier kann man mit einer Leistung von 70 kW laden, und das können viele Netze noch ohne Probleme ab. Dennoch besteht Handlungsbedarf, denn es darf nicht sein, dass in einem Industriepark der erste eine Möglichkeit zum Depotladen bekommt, und den zehnten – oder auch den zweiten, der eins bauen will – beißen dann sprichwörtlich die Hunde.
Beim Depotladen unterscheiden wir zwischen privat, halb-privat, halb-öffentlich und öffentlich. Gerade beim halb-privaten und halb-öffentlichen Angebot sind Chancen auch für die kleinen Unternehmen vorhanden. Denn bei ersterem können sich Spediteure zusammentun und gegebenenfalls ihre Subunternehmen auch laden lassen. Bei einem so genannten semi-public Angebot kann hingegen ein Ladesäulenbetreiber in Zusammenarbeit mit mehrerer Unternehmen aus einem Industriegebiet einen kleinen Ladepark bauen. Die Spediteure haben damit dann keine große Anfangsinvestition. Ich hoffe zudem darauf, dass auch viele große Verlader bald Lademöglichkeiten anbieten. Wenn ein Lkw beim Warten an der Rampe 30 Minuten laden kann, braucht es je nach Tour fast keinen öffentlichen Ladepunkt mehr.
Wobei das KsNI auch kein gutes Programm war. Es war zu hoch angesetzt, wie auch die Abwärtsentwicklung der Fahrzeugpreise in den vergangenen Monaten gezeigt hat. Wofür ich jetzt sehr streite, ist ein Fokus auf die KMU. Große Konzerne bezahlen so einen E-Lkw aus der Marketingkasse und haben aber das KsNI in großem Maße abgeschöpft. Wer hingegen Investitionshilfe braucht, sind Unternehmen mit einer sehr niedrigen Marge. Die wollen auch das Thema E-Mobilität ausprobieren. Helfen könnte hier – weil der Lkw noch als Risiko-Investment gesehen wird – weitere gut konditionierte Kreditmöglichkeiten, etwa über die KfW. Es gibt schon entsprechende Förderungen, aber die müssen ausgebaut und sehr niedrigschwellig werden. Denn die KMU sollten ja auch von den TCO-Vorteilen des E-Lkw, die ja vorhanden sind, profitieren können. Eine Förderung für das Depotladen besteht schon, auch hier sollte der Bund noch mehr die KMU bei den Investitionen unterstützen.
Wir haben mit deutschen Trailerherstellern gesprochen, manche haben gesagt, dass sogar noch mehr als die 10 Prozent Einsparung für die Auflieger möglich seien, etwa durch Aerodynamik, Leichtbau und Reifen. Die EU-Kommission hat ihrer Entscheidung ebenfalls Befragungen vorausgeschickt. Ich kann verstehen, dass eine Regulierung den Unternehmen weh tut, aber die Trailer-Ziele sind machbar, auch ohne elektrische Achse. Die Fahrzeughersteller sehe ich da auf einem sehr guten Weg – die meisten haben das Thema gepusht, weil sie Planungssicherheit haben wollten.
Bis 2030 soll der Anteil elektrischer Antriebe am Güterverkehr ein Drittel betragen. Schaffen wir das?
Ja, dafür müssen wir uns jetzt daran machen, die Hürden abzubauen. Wir sollten aber nicht immer darüber reden, was alles dazwischenkommen kann, sondern uns jetzt voll rein hängen, denn dann können wir es auch schaffen.
Wasserstoff wird einen Anteil an der Antriebswende haben – die Frage ist nur, wie groß der sein wird. Denn Wasserstoff ist viel teurer als Strom, weil er aus Strom hergestellt und von anderen Bereichen nachgefragt wird. Ähnliches bei den E-Fuels, die als Kerosinersatz und für Schiffe gebraucht werden. Auch das wird so teuer werden, dass das bei so engen Margen wie in der Logistik niemand bezahlen kann. Und zu HVO 100 und Biofuels insgesamt: Selbst wenn ausnahmslos alle Essensreste und verfügbaren Abfallstoffe in Deutschland zusammengeführt und zu HVO 100 gemacht würden, könnte nur ein minimaler Bruchteil des deutschen Straßenverkehrs damit fahren. Das heißt auch, wir laufen Gefahr, dass nicht nur Reststoffe verwendet werden, sondern auch eine Flächenkonkurrenz zur Lebensmittelherstellung entstehen kann. Außerdem wird der Grundstoff für HVO momentan fossilen Kraftstoffen beigemischt. HVO 100 hilft Unternehmen mit ihren ESG-Zielen, aber nicht der Gesellschaft insgesamt bei der Emissionsminderung.
Wenn möglich, in Verhandlung mit einem OEM treten, ein Fahrzeug leasen und erste Erfahrungen sammeln – das ist jetzt viel wert. Wenn die E-Mobilität dann im Hochlauf ist, ist man vorne dabei. Natürlich ist der Hauptjob eines Spediteurs nicht, einen smarten Energievertrag zu finden. Aber mit anderen zu reden und Erfahrungen zu tauschen hilft auch, den Spaß an der Transformation zu entwickeln.