Hoffmann zu Kontrollen und seinen Schwerpunkten: Die Pläne des neuen BALM-Präsidenten

Hoffmann zu Kontrollen und seinen Schwerpunkten
Die Pläne des neuen BALM-Präsidenten

Exklusiv: Der neue BALM-Präsident Christian Hoffmann über die Rolle seiner Behörde, Schwerpunkt-Kontrollen und die Möglichkeiten der Digitalisierung. Wie er den Übergang vom BAG zum BALM gestaltet hat, berichtet er im Gespräch mit der Fachzeitschrift trans aktuell.

Die Pläne des neuen BALM-Präsidenten
Foto: BALM/Norbert Ittermann
trans aktuell: Herr Hoffmann, das Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) ist eine riesige Baustelle – also im direkten Sinne. Die Zentrale in Köln ist von einem großen Gerüst umgeben, Sie leben mit reichlich Baulärm. Wie lässt es sich da arbeiten und eine so große Behörde leiten?

Hoffmann: Ja, der Lärm ist nicht zu überhören, aber wir sehen ja immer das Positive: In Kürze ist das gesamte Gebäude auf den neuesten Stand gebracht und energetisch saniert: 2023 sind die Fenster und Außenfassaden dran, 2024 alle Aufzugsanlagen, Treppenhäuser und Flurflächen.

BALM/Norbert Ittermann
BALM-Präsident Hoffmann setzt auf die Möglichkeiten der Digitalisierung: „Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, wäre das die umfassende Fähigkeit, ressourcenschonend und zeitsparend für Unternehmen und Behörde gleichermaßen kontrollieren zu können“, sagt er - also am Besten im Vorbeifahren.

Und mit der Möglichkeit des mobilen Arbeitens im Wechsel mit Präsenzphasen ist die Belohnung zum Greifen nahe: Für die nächsten 20 Jahre haben wir hier in Köln eine nachhaltige Immobilie und streben zusätzlich das EMAS-Zertifikat an.

Nun ist die Zentrale nachhaltig – die Mobilität Ihrer Mitarbeiter ebenfalls? Zum Beispiel ist das BALM bei seiner Vielzahl an Aufgaben auch für den Radverkehr zuständig.

Wir wollen den Radverkehr nicht nur propagieren, sondern auch leben. Dass uns das Thema am Herzen liegt und die Mitarbeiter das Rad gerne nutzen, belegt die Auszeichnung als fahrradfreundlicher Arbeitgeber mit dem Goldsiegel des ADFC – die wir übrigens als bisher einzige Bundesbehörde haben.

Und der Präsident fährt auch mit dem Rad zur Arbeit?

Ich fahre Rad, bin zudem auch gerne zu Fuß unterwegs. Ich habe den Vorteil, dass ich kurze Wege habe und zu Fuß zur Arbeit kommen kann.

Waren Ihre ersten acht Monate als Behördenpräsident auch ein Spaziergang? Sie kennen das Haus ja seit vielen Jahren, zuvor dreieinhalb Jahre in der Funktion des Vizepräsidenten.

Um im Bild zu bleiben, würde ich sagen, dass wir in Bewegung sind, es also niemals Stillstand gibt. Von einem Spaziergang würde ich angesichts der vielen Aufgaben in Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des BAG zum BALM aber nicht sprechen. Wir haben ein sehr dynamisches Arbeitsumfeld, die Beschäftigten ziehen mit und nehmen die neuen Aufgaben als Herausforderung an. Ich glaube nicht, dass das in jeder Behörde so gegeben ist. Meine Aufgabe sehe ich darin, das Bundesamt zum Dienstleister für moderne Logistik und Mobilität zu entwickeln. Der Anspruch ist es, ein moderner, zukunftsfähiger Dienstleister und ein attraktiver Arbeitgeber zu sein.

Wie sehr sind alle schon mit dem neuen Namen BALM vertraut?

Der Wechsel ist geräuschlos und erfolgreich gelaufen. Der Name geht uns fließend über die Lippen. Vielleicht liegt es daran, dass wir die Umbenennung behutsam und vorausschauend angegangen sind.

Was den neuen Namen im Außendienst, also etwa im Rahmen der Kontrollaktivitäten angeht, gehen wir pragmatisch vor. Wir folieren keine Fahrzeuge um, nur neu ausgelieferte Fahrzeuge erhalten das neue Logo. An die bestehenden Fahrzeuge wurde durch eine Zusatzbeklebung ein Erkläransatz geliefert, dass aus dem BAG das BALM wird. So wird die Namensanpassung draußen verstanden. Ansonsten sparen wir auch im Innendienst: Verbrauchsmaterialen mit dem alten Logo werden weiterverwendet, sie verfallen ja nicht, nur weil der Name sich ändert. Und Briefköpfe werden eh nicht mehr vorgedruckt, sondern mit neuem Logo in der IT hinterlegt.

War die Umbenennung denn wirklich geboten?

Ja, davon bin ich zutiefst überzeugt. Zu vielen der neuen Aufgaben stellte unser bisheriger Name keinen Bezug her und war doch sehr erklärungsbedürftig. Wenn man zum zweiten Mal nach 2015 beauftragt wird, sich um die Verteilung von Geflüchteten zu kümmern, war der Name BAG für diese Aufgabe alles andere als selbsterklärend. Außerdem erstellen wir verkehrsträgerübergreifende Marktbeobachtungen und sind für Förderprogramme rund um die moderne, nachhaltige Mobilität, insbesondere für den Rad-, Fußverkehr sowie den ÖPNV zuständig. Auch diese Tätigkeiten waren mit dem alten Namen nicht abgebildet.

Dass Ihr Haus auch für Straßenverkehrskontrollen steht, dürfte dagegen fast jeder wissen – zumindest in der Branche. Vor fast zwei Jahren wurde bekannt, dass Sie die Daten aus der Lkw-Maut bei begründeten Verdachtsfällen auch zur Verfolgung von illegaler Kabotage nutzen dürfen. Inwieweit haben Sie davon Gebrauch gemacht?

Wir haben 2022 in 77 Fällen Zugriff auf Mautdaten genommen. Basis waren jedes Mal begründete Verdachtsfälle auf Zuwiderhandlung von Kabotage-Bestimmungen bei Straßenkontrollen. Die Botschaft heißt also: Das ist ein probates Mittel, um aufgrund einer Kabotage-Verdachtsfeststellung schwarze Schafe dingfest zu machen.

Zur Einordnung: Wie viele Bußgeldbescheide gab es 2022 insgesamt wegen unerlaubter Kabotage?

Es waren insgesamt rund 2.200 Bußgeldfestsetzungen mit Hintergrund Kabotage-Verstoß. Das Gesamtvolumen der damit verbundenen Bußgelder beläuft sich auf 3,8 Millionen Euro. Das belegt, dass unsere Kontrolltätigkeit auf diesem Gebiet sehr stark ist. Und in den allermeisten Fällen gelingt es schon vorher – also ohne die Mautdaten – aufgrund der Dokumentation vor Ort, insbesondere anhand der Daten der Frachtpapiere oder aus dem Fahrtenschreiber, Fälle von illegaler Kabotage aufzudecken und zu ahnden.

Aufgrund Ihrer vielen Schwerpunktkontrollen hat man den Eindruck, dass die illegale Kabotage auf dem Vormarsch ist. Trifft das zu?

Nein, das lässt sich nicht belegen. Man darf aus unseren seit einigen Jahren regelmäßig durchgeführten Schwerpunktkontrollen nicht den Schluss ziehen, dass die illegale Kabotage zunimmt oder einzelne Segmente besonders anfällig dafür sind.

Etwa die Vor- und Nachläufe zum Kombinierten Verkehr? An den Binnenterminals in Deutschland sind vielfach ja ganze Flotten aus Osteuropa stationiert.

Die Vor- und Nachläufe sind ein regelmäßiger Bestandteil der Kontrollen. KV-Terminals sind Prüfpunkte unserer Kontrollen. Wir stellen jedoch keine systematischen Zuwiderhandlungen fest. Wir führen diese Kontrollen auch aufgrund von Hinweisen durch, etwa der Branchenverbände. Hier gehen wir regelmäßig begründeten Hinweisen nach und dort zeigen die Schwerpunktkontrollen Wirkung: Bei Folgekontrollen ist kaum mehr ein Kabotage-Verstoß dabei. So war es zum Beispiel bei den intensiven Kontrollen von Holztransporteuren im Raum Hessen.

Werden Sie an diesem Instrument festhalten?

Wir halten insgesamt an unserer Kontrollstrategie der Schwerpunktkontrollen fest, zur Kabotage sowie zu weiteren Überwachungsbereichen, insbesondere zur zur regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit und zur technischen Unterwegskontrolle.

BALM/Peter-Paul Weiler
Aus dem BAG wurde das BALM: Die Kontrollfahrzeuge weisen darauf hin.

Wir stehen dafür ein, dass die wettbewerblichen Bedingungen insgesamt eingehalten werden, dass unsere Kontrollen zugunsten der Straßenverkehrssicherheit wirken und die Sozialstandards eingehalten werden. Und dafür braucht es auch Kontroll-Präsenz sowie -Wahrnehmung. Durch Schwerpunktkontrollen ist das definitiv gegeben.

Im Zeitalter der Digitalisierung: Wie könnten sich Kontrollen denn noch einfacher und zeitgemäßer gestalten lassen?

Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, wäre das die umfassende Fähigkeit, ressourcenschonend und zeitsparend für Unternehmen und Behörde gleichermaßen kontrollieren zu können. Hier ergeben sich durch die Electronic Freight Transport Information (EFTI) – also durch eine elektronische Frachtbeförderungs-Information – neue Möglichkeiten von Remote-Checks im Vorbeifahren. Dieses Vorhaben, das derzeit durch die europäische Kommission geprüft wird, . . hätte erhebliche Vorteile für alle am Beförderungsprozess Beteiligten. Mit den Informationen, die wir bereits aus der Vorbeifahrt erhalten, könnten wir dann noch zielführender entscheiden, ob wir ein Fahrzeug ausleiten oder nicht.

Aber den digitalen Frachtbrief gibt es doch schon.

Ja, wir können ihn im Rahmen der Kontrolle auch auslesen bzw. anzeigen lassen. Aber eben nicht im Vorbeifahren, das brächte eine viel höhere Effektivität.

Zur Person

  • Christian Hoffmann ist seit 16. August 2022 Präsident des Bundesamts für Logistik und Mobilität (BALM), das bis voriges Jahr noch Bundesamt für Güterverkehr (BAG) hieß.
  • Der 45-Jährige ist seit April 2005 in unterschiedlichen Funktionen und Führungspositionen für die Behörde tätig, zuletzt war er seit Januar 2019 Vizepräsident.
  • Hoffmann ist Schwabe und in Schwäbisch Gmünd aufgewachsen. Er studierte in Konstanz Rechtswissenschaften und beendete sein Rechtsreferendariat beim Landgericht Stuttgart 2004 mit dem 2. juristischen Staatsexamen.
  • Der BALM-Präsident ist verheiratet und Vater von zwei Kindern, er wohnt in Köln und kann zu Fuß zur Arbeit kommen.